Angelus Silesius

89 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Ach, könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden, / Gott würde noch einmal ein Kind auf dieser Erden.

Bezähme deinen Zorn und lasse dem die Rache, / der besser als du selbst kann führen deine Sache!

Christ, so du kannst ein Kind von ganzem Herzen werden, / so ist das Himmelreich schon deine hier auf Erden.

Das größte Wunderding ist doch der Mensch allein: / Er kann, nachdem er's macht, Gott oder Teufel sein.

Das Tröpflein wird das Meer, wenn es ins Meer gekommen, / die Seele Gott, wenn sie in Gott ist aufgenommen.

Daß der gerechte Mensch wächst wie ein Palmenbaum, / verwunder ich mich nicht: Nur daß er findet Raum.

Der Glaub allein ist tot; er kann nicht eher leben, / bis daß ihm seine Seel, die Liebe, wird gegeben

Der Himmel senket sich, er kommt und wird zur Erden. / Wann steigt die Erd' empor und wird zum Himmel werden?

Der höchste Friede, den die Seele kann genießen, / ist, wenn man sich kann eins mit Gottes Willen wissen.

Der nächste Weg zu Gott ist durch der Liebe Tür. / Der Weg der Wissenschaft bringt dich gar langsam für.

Der Reiche, wenn er viel von seiner Armut spricht, / so glaub es ihm nur gern, er leugt wahrhaftig nicht.

Der Weise fehlet nie; er trifft allzeit das Ziel: / Er hat ein Augenmaß, das heißet: Wie Gott will.

Der Weise suchet Ruh und fliehet das Getümmel, / sein Elend ist die Welt, sein Vaterland der Himmel.

Der Weise, wann er stirbt, begehrt in Himmel nicht: / Er ist zuvor darin, eh ihm das Herze bricht.

Der Zorn ist höllisch Feuer. Wenn er in dir entbrennt, / so wird dem heilgen Geist sein Ruhbettlein geschänd't.

Die Braut verdient sich mehr mit einem Kuß um Gott / als alle Mietlinge mit Arbeit bis in'n Tod.

Die Buß ist wie ein Strom. Sie dämpft mit ihren Wellen / den größten Gotteszorn und löscht das Feuer der Höllen.

Die Einsamkeit ist not. Doch sei nur nicht gemein, / so kannst du überall in einer Wüste sein!

Die Lieb ist Flut und Glut: Kann sie dein Herz empfinden, / so löscht sie Gottes Zorn und brennt hinweg die Sünden.

Die Lieb' ist's schnellste Ding; sie kann für sich allein / in einem Augenblick im höchsten Himmel sein.

Die Liebe geht zu Gott unangesagt hinein, / Verstand und hoher Witz muß lang im Vorhof sein.

Die Liebe, wenn sie neu, braust wie ein junger Wein: / Je mehr sie alt und klar, je stiller wird sie sein.

Die Rachgier ist ein Rad, das nimmer stille steht. / Je mehr es aber läuft, je mehr es sich vergeht.

Die Ros ist ohn Warum. sie blühet, weil sie blühet. / Sie acht nicht ihrer selbst. fragt nicht, ob man sie siehet.

Die Schrift ist Schrift, sonst nichts. / Mein Trost ist Wesenheit, / Und dass Gott in mir spricht / das Wort der Ewigkeit.

Die Schöpfung ist ein Buch. Wer's weislich lesen kann, / dem wird darin gar fein der Schöpfer kund getan.

Die Seel ist eine Flamm, aus Gott, dem Blitz, gegangen, / ach, sollte sie denn nicht in ihn zurückgelangen?

Die Seele ist ein Kristall, die Gottheit ist ihr Schein, / der Leib, in dem du lebst, ist ihrer beider Schrein.

Die Tugend nackt und bloß kann nicht für Gott bestehn, / sie muß mit Liebe sein geschmückt, dann ist sie schön.

Die Tugenden sind so verknüpfet und verbunden: / Wer ein alleine hat, der hat sie alle funden.

Die Weisheit ist ein Quell. Je mehr man aus ihm trinkt, / je mehr und mächtiger er wieder treibt und springt.

Die Welt ist meine See, der Schiffmann Gottes Geist, / das Schiff mein Leib; die Seel' ist's, die nach Hause reist.

Dort in der Ewigkeit geschieht alles zugleich, / es ist kein Vor noch Nach wie hier im Zeitenreich.

Du strebst so emsiglich nach einem Flecklein Erden: / Durch Sanftmut könntest du der ganzen Erbherr werden.

Du suchst das Paradies und wünschest hinzukommen, / wo du von allem Leid und Unfried bist entnommen. / Befriedige dein Herz und mach es rein und weiß, / so bist du selbst noch hier dasselbe Paradies.

Du willst nicht Sklave sein, und doch ist's wahr, mein Christ, / daß deiner Selbstbegier du vielmal Sklave bist.

Ein Christ erfreuet sich in Leiden, Kreuz und Pein. / So kann ja Freud und Leid gar wohl beisammen sein.

Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun, / das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.

Ein Reis vom Narrenbaum trägt jeder, wer er sei. / Der eine deckt es zu, der andre trägt es frei.

Ein Ungrund ist zwar Gott, / doch wem er sich soll zeigen, / Der muss bis auf die Spitz' / der ew'gen Berge steigen.

Ein wesentlicher Mensch ist wie die Seligkeit, / die unverändert bleibt von aller Außerheit.

Entbilde dich, mein Kind, / so wirst du Gotte gleich / Und bist in stiller Ruh' / dir selbst dein Himmelreich.

Es ist doch keine Lust und keine Seligkeit, / die übertreffen kann der Liebe Süßigkeit.

Es kann in Ewigkeit kein Ton so lieblich sein, / als wenn des Menschen Herz mit Gott stimmt überein.

Freund, so du etwas bist, so bleib doch ja nicht stehn: / Man muß aus einem Licht fort in das andre gehn.

Für Böse ist's Gesetz; wär kein Gebot geschrieben: / Die Frommen würden doch Gott und den Nächsten lieben.

Geschäftig sein ist gut, viel besser aber beten, / noch besser stumm und still vor Gott den Herren treten.

Gott ist das ärmste Ding, er steht ganz bloß und frei: Drum sag ich recht und wohl, dass Armut göttlich sei.

Gott ist noch mehr in mir, als wenn das ganze Meer / in einem kleinen Schwamm ganz und beisammen wär.

Gott ist so über all's, / dass man nichts sprechen kann, / Drum betest du ihn auch / mit Schweigen besser an.

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