Abschied nehmen ist immer schmerzlich, selbst wenn es nur für kurze Zeit ist.
Bei uns allen gibt es, zwischen den Augenblicken der Zuversicht und des Misstrauens gegen sich selbst, diesen fürchterlichen Abgrund.
Bestimmte Quellen können wir nur erschließen, wenn wir allein sind.
Das ganz gewöhnliche Alltagsleben ist so heikel, so atemberaubend, so schwierig, verlangt einem so unglaubliche physische und mentale Kontrolle und Kräfte ab wie der Tanz auf einem Drahtseil.
Das Schlimmste am Abschied von Menschen ist zu wissen, dass man ohne sie auskommen kann und wird.
Denn auch eine Beziehung muss wie eine Insel sein. Man muss sie nehmen, wie sie ist, in ihrer Begrenzung - eine Insel, umgeben von der wechselvollen Unbeständigkeit des Meeres, immer während vom Steigen und Fallen der Gezeiten berührt.
Die Auster eignet sich vorzüglich zum Vergleich mit einer langjährigen Ehe. Sie versinnbildlicht den Lebenskampf. Die Auster hat sich auf dem Felsen ihren Platz errungen, dem sie sich genau angepasst hat und an dem sie zäh festhält. Genauso kämpfen manche Paare im Laufe ihres Ehelebens um einen Platz in der Welt.
Die Beziehung zwischen Mann und Frau ist die tiefste und am schwierigsten zu bewahrende, und wir glauben fälschlicherweise, die Unmöglichkeit, sie in ihrer ursprünglichen Form zu bewahren, sei eine Tragödie.
Die reine Beziehung, wie schön ist sie! Wie leicht kann sie zerstört oder durch Belangloses zu Boden gedrückt werden - nicht einmal so sehr durch Belangloses als durch das Leben selber, durch die Lawine aus Leben und Zeit.
Die Sicherheit einer Beziehung besteht weder in sehnsuchtsvollem Verlangen nach dem, was einmal war, noch im angstvollen Bangen vor dem, was kommen könnte, sondern allein im lebendigen Bekenntnis zum Augenblick.
Eine gute Beziehung ist wie ein Tanz und baut sich nach den gleichen Regeln auf.
Jede lebendige Beziehung ist einem Verwandlungsprozess, einem Erweiterungsprozess unterworfen und muss sich immer neue Formen schaffen.
Jeder Mensch, besonders jede Frau, sollte einmal im Jahr, einmal in der Woche, einmal am Tag allein sein. Wie revolutionär das klingt und wie undurchführbar!
Man erkennt schließlich, dass es keine dauernde reine Beziehung gibt, und dass es sie auch nicht geben soll, ja, dass man sie nicht einmal wünschen sollte. Die reine Beziehung ist räumlich und zeitlich unbegrenzt. Sie bedeutet im Wesentlichen Ausschließlichkeit. Sie schließt das übrige Leben aus, ebenso die übrigen Aspekte der Persönlichkeit, andere Verantwortungen, andere Zukunftsmöglichkeiten.
Tatsächlich sind es die wichtigsten Momente im Leben, wenn wir allein sind.
Trotz unserer heutigen Einstellung zur Religion gibt es in der Bibel Lehren, die nirgends besser aufgeführt werden. Wahrheiten, die nur in ihren Symbolen zu finden sind.
Viele physische Kämpfe haben aufgehört, weil wir entweder gesiegt oder versagt haben.
Vielleicht kann man sich immer nur auf den jeweiligen Augenblick verlassen oder auf die Ewigkeit - dazwischen ist nichts.
Wir müssen das Alleinsein erst wieder lernen. Das ist heute eine schwierige Lektion.
Während wir sprechen, verändern sich die Dinge und entgleiten uns.