Spruchverse.

Was Gutes Du gethan und nicht vergessen hast,
Allmälig wandelt sich's in Unrecht fast.
Begangene Schuld, denkst ihrer Du mit Schmerzen,
Verklärt zur Tugend sich in Deinem Herzen.


Die Großen säen,
Die Kleinen mähen,
Die Kleinsten heimsen ein
So war's — so wird es sein.


Ein Mensch — und stolz? O sieh, Dein Thun,
Dein Lassen, Deine Meinung,
Das Alles ist, Du selber bist
Des Scheins Reflexerscheinung.


Verständniß für jedwedes Leid,
Erbarmen mild mit jedem Fehle;
Daran in dieser Zeitlichkeit,
Erkennst Du die erwählte Seele.


Die Eintagsfliege, wie so manche Leute,
Vergönnt sich keine Freude an dem Heute,
Denn ruh- und rastlos immer muß sie sorgen,
Die arme Eintagsfliege — für das Morgen.


Freundeslob und Feindestadel
Sind von zweifelhaftem Adel.


Es ist noch Jeder leicht durch diese Welt geschritten,
Der gut zu dankn wußt', und wußte gut zu bitten.


's ist Alles schon gesagt, man kann nur wiederholen
Der ehrlichste Poet hat unbewußt, gestohlen.


Zwei Dinge lern’ geduldig tragen:
Dein eigen Leid, der Andern Klagen.


Unsterblich wandelt durch der Zeiten Frist
Das Werk des Denkers, der ein Künstler ist.


Ein Federheld von echtem Muth,
Der greift beherzt nach seinem Gut
Und Alles, was er brauchen kann,
Sieht als sein Eigenthum er an.


Wie lang' hat sich geübt im Täuschen und im Lügen,
Der endlich sagen darf: Mich kann man nicht betrügen?


Das Selbstvertraun, der feste Wille,
Auf die zuletzt kommt Alles an.
»Mein Freund, ins Schwarze zielt ein Jeder,
Doch trifft es nur der rechte Mann.«


Magst den Tadel noch so fein,
Noch so zart bereiten,
Weckt er Widerstreiten.


Lob darf ganz geschmacklos sein,
Hocherfreut und munter
Schlucken sie's hinunter.


Den alten Aposteln
Fast gleichen die jungen,
Nichts fehlt ihnen mehr
Als feurige Zungen.


Sich des Unrechtes wehren
Allezeit bringt Ehren.


Den Menschen, den nur Neider hassen,
Den muß der Neid selbst gelten lassen.


Was noch so fein Philosophie gesponnen,
Das bringt die Poesie ans Licht der Sonnen.


Nur der das Leiden kennt,
Kennt auch ein heiß Erbarmen;
Der selber darbt, der giebt;
Großmüthig sind die Armen.


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