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Charles Baron de Montesquieu

Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquieu, in der Literatur bekannt unter der Kurzform "Montesquieu", wurde in einer Familie des hohen Amtsadels geboren, der so genannten "noblesse parlementaire". Das genaue Datum seiner Geburt ist nicht bekannt, sondern nur das seiner Taufe, der 18. Januar 1689. Vermutlich kam er nur wenige Tage vorher zur Welt.

Als ältester Sohn verbrachte er seine Kindheit auf dem Landgut La Brède, das seine Mutter in die Ehe eingebracht hatte. Sein Vater war ein jüngerer Sohn aus der altadeligen Familie derer de Secondat, die protestantisch geworden, im Gefolge von Heinrich IV. aber zum Katholizismus zurückgekehrt und mit der Erhebung ihres Familiensitzes Montesquieu zur "baronnie" belohnt worden waren. Der Großvater hatte mit der Mitgift, die er erheiratet hatte, das Amt eines Gerichtspräsidenten am Parlement von Bordeaux gekauft, dem höchsten Gericht der Aquitaine.

Von 1700 bis 1705 besuchte er als Internatsschüler das Kolleg der Oratorianer-Mönche in Juilly unweit von Paris, das für den kritischen Geist bekannt war. Montesquieu erwarb fundierte Kenntnisse in Latein, Mathematik und Geschichte. Von 1705 bis 1708 studierte er Jura in Bordeaux. Nach dem Abschluss und der Zulassung als Anwalt bekam er vom Oberhaupt der Familie, dem kinderlosen ältesten Bruder seines Vaters, den Baron-Titel überschrieben und ging nach Paris, um sich juristisch und anderweitig fortzubilden, denn er sollte auch das Gerichtspräsidentenamt erben, das vom Großvater auf den Onkel übergegangen war.

Als 1713 sein Vater starb, kehrte er zurück nach La Brède und erhielt in 1714 das Amt eines Gerichtsrats am Parlement von Bordeaux. Neben seiner Tätigkeit als Richter interessierte sich Montesquieu auch weiterhin intensiv für die verschiedensten Wissensgebiete.

1716 wurde er in die Académie von Bordeaux aufgenommen, Gelehrte, Literaten und sonstige geistig Interessierte trafen. Hier betätigte Montesquieu sich mit Vorträgen und kleineren Schriften, wie beispielsweise einer Dissertation worin er nachzuweisen versucht, dass Religionen ein nützliches Instrument zur Moralisierung der Untertanen eines Staatswesens sind. Im gleichen erbte Montesquieu von seinem Onkel dessen Amt als Gerichtspräsident.

Im Jahr 1721 wurde Montesquieu durch einen Briefroman berühmt, den er 1717 begonnen hatte: die "Lettres persanes" (Persische Briefe). Den Inhalt des Werkes, das heute als ein Schlüsseltext des Zeitalters der Aufklärung gilt, bildet die fiktive Korrespondenz zweier fiktiver Perser, die von 1711 bis 1720 Europa bereisen und Briefe mit Daheimgebliebenen wechseln. Hierbei schildern sie ihren Korrespondenzpartnern die kulturellen, religiösen und politischen Verhältnisse vor allem in Frankreich und besonders in Paris mit einer Mischung aus Staunen, Kopfschütteln, Spott und Missbilligung. Montesquieu behandelt in dieser Schrift Themen, wie beispielsweise Religion, Priestertum, Sklaverei, Polygamie und Benachteiligung der Frauen im Sinne der Aufklärung. Darüber hinaus ist in die "Lettres" ein romanesker Handlungsstrang um die daheim gebliebenen Haremsdamen eingeflochten, der an dem Erfolg des Buches nicht ganz unbeteiligt war.

Obwohl die "Lettres"ein großer Erfolg waren und Montesquieu für seine Zeitgenossen auch ein erfolgreicher belletristischer Autor war, ist er vor allem als geschichtsphilosophischer und staatstheoretischer Denker in die Geistesgeschichte eingegangen und beeinflusst noch heute aktuelle Debatten.

Die Grundlage für seine Staatstheorie bildete seine 1734 erschienene Studie über Aufstieg und Fall des Römischen Reiches. Darin versuchte Montesquieu eine auf natürlichen Gesetzlichkeiten beruhende Erklärung für die geschichtlichen Abläufe finden und hatte daher nach den anthropologischen, ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Bedingungen der politischen Entwicklungen gefragt. Aus diesen Einsichten entwickelte er in seinem Hauptwerk "Vom Geist der Gesetze", das 1748 erschien, seiner Staats- und Gesellschaftstheorie. Er versuchte, die bestimmenden äußerlichen und vor allem mentalen Faktoren zu finden, gemäß derer einzelne Staaten ihr jeweiliges Regierungs- und Rechtssystem entwickelt haben. Aus diesen Faktoren ergibt sich der "allgemeine Geist" einer Nation und diesem wiederum entspricht der "Geist" ihrer Gesetze. Deren Gesamtheit ist nach Montesquieu also nicht eine quasi beliebige Summe von Gesetzen, sondern Ausdruck des natürlichen Umfeldes, der Geschichte und des "Charakters" eines Volkes.

Montesquieu verfolgt damit insbesondere nicht die Vorstellung eines einzigen, universellen Rechtssystems, das für alle Nationen gültig sein soll, sondern vertritt die Ansicht, dass sich die Rechtnormen eines Kulturkreises aus den Sitten und Gebräuchen ergeben und somit nicht für unterschiedliche Kulturen gleich ausgebildet sein müssen. Er verfolgte darin den Weg der Milieutheorie für verschiedene Länder und Völker und lehnte das formalistische Rechtsdenken ab. Diese Ansicht wird so heutzutage nicht mehr geteilt, da sich ein weltweit einheitliches Rechtsgefühl, zumindest für die wesentlichen Tatbestände und Lebensbereiche herausgebildet hat.

Sehr gerne zitiert man heutzutage Montesquieus Aussagen zum Handel, denn für Montesquieu steht die Steigerung des Wohlstandes eines Volkes, das freien Handel zulässt und betreibt außer Frage. Allerdings sieht er auch Gefahren, wenn der "Handelsgeist" zu sehr entwickelt ist. Montesquieu wandte sich gegen alle in seinen Augen sinnlosen und behindernden Handelsbeschränkungen und vertrat die Auffassung, es sei "die natürliche Wirkung des Handels […], Frieden zu bringen. Zwei Völker, die miteinander Handel treiben, machen sich voneinander abhängig: wenn eines Interesse hat, zu kaufen, so liegt dem anderen daran zu verkaufen; und alle Vereinbarungen beruhen auf den wechselseitigen Bedürfnissen." Der Handel steigert den Wohlstand und beseitigt störende Vorurteile. Am Anfang des zweiten Bandes seines Hauptwerkes schreibt er, es gelte "beinahe allgemein die Regel, dass es da, wo sanfte Sitten herrschen, auch Handel gibt und dass überall, wo es Handel gibt, auch sanfte Sitten herrschen".

Jedoch zerstöre zu viel des Handelsgeistes den Bürgersinn, der den Einzelnen veranlasst, "nicht immer starr auf seinen Ansprüchen zu bestehen, sondern sie auch einmal zugunsten der anderen zurückzustellen", denn man sieht, so fährt Montesquieu fort, "dass in den Ländern, wo man nur vom Handelsgeist beseelt ist, auch mit allen menschlichen Handlungen und allen sittlichen Tugenden Handel getrieben wird: selbst die kleinsten Dinge, welche die Menschlichkeit gebietet, werden dort nur durch Geld getan oder gewährt".

Damit warnt Montesquieu vor allzu grenzenlosem Liberalismus und betont das System der Gewaltenteilung ohne dieses so zu benennen. Er schreibt in seinem zentralen Werk "Vom Geist der Gesetze": Freiheit existiere nur dann, wenn Legislative, Exekutive und Judikative in einem gemäßigten Regierungssystem strikt voneinander getrennt sind, ansonsten drohe die Zwangsgewalt eines Despoten. Um das zu verhindern gilt, dass die Macht der Macht Grenzen setzen muss. Im Gegensatz zu Locke, der zuvor auch schon die Trennung von Legislative und Exekutive forderte , sieht Montesquieu mit der Judikative eine dritte Gewalt, die es zu separieren gilt. Dieser Ansatz der Dreiteilung der Staatsgewalt gilt heute als selbstverständliche Grundlage einer jeden modernen Verfassung.

Auch die Freiheit der Religion forderte Montesquieu. Er plädiert für religiöse Toleranz. Gibt es nur eine Religion in der jeweiligen Gesellschaft, soll keine weitere eingeführt werden. Wo hingegen mehrere nebeneinander existieren, soll der Regierende das Zusammenleben der Anhänger unterschiedlicher Religionen regeln.

Am 10. Februar 1755 starb Charles-Louis de Secondat Montesquieu der große Schriftsteller, Philosoph und Staatstheoretiker der Aufklärung. Er gilt bis heute als Vorläufer der Soziologie, als bedeutender politischer Philosoph und Mitbegründer der modernen Geschichtswissenschaft.

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