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Charles Baudelaire

Charles-Pierre Baudelaire zählt zu den wichtigsten französischen Dichtern der Moderne. Er ist der Dichter der Dekadenz des französischen Bürgertums, des Abgleitens aller Werte in Tiefen, deren grauenhafte Schrecken man schaudernd genoss. Die Menschen lebten und liebten den Genuss, und da der Genuss, wie sie ihn meinten, nur mit Geld zu erkaufen war, erhob man wieder einmal, wie so oft in der Geschichte, das goldene Kalb zum Gott. Bald war man übersättigt von den landläufigen Reizen und suchte nach neuartigen Mitteln, die abgestumpften Nerven aufzupeitschen und anzuregen.

Da erschien 1857 in Paris eine Gedichtsammlung unter dem Titel "Les fleurs du Mal", die mit genialer, dichterischer Phantasie die Abgründe und Geheimnisse der menschlichen Seele sezierte und bloßlegte. Selbst das sicher nicht prüde französische Leserpublikum stand zuerst bestürzt und geblendet vor dem grellen Schlaglicht auf die Verderbtheit der Epoche. Man konnte sich aber auf die Dauer nicht der Wirkung der Baudelaireschen Kunst entziehen, da ihre Ausdrucksfähigkeit bis in die letzte feinste Möglichkeit des Sagbaren gesteigert war und der Stil eine bisher kaum erblickte Klarheit des Schliffs aufwies.

Vor den "Fleurs du Mal" hatte der Dichter eine Reihe von Prosaschriften, besonders auf dem Gebiet der Kunstkritik, herausgegeben. Sein unbestechliches Urteil entdeckte eine Reihe von Malern, bevor sie allgemein anerkannt wurden. Richard Wagner hat er trotz seiner Pariser Misserfolge als das große musikalische Genie des Jahrhunderts bezeichnet.

Doch wer war dieser Mann, der die Dichtergeneration der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf das stärkste beeinflusste?

Charles-Pierre Baudelaire wurde am 9. April 1821 Paris geboren. Er was das einzige Kind aus der späten zweiten Ehe eines wohlhabenden, kunst- und literaturliebenden ehemaligen Verwaltungsbeamten sowie dessen 34 Jahre jüngerer Frau, die als Tochter einer englischen Mutter in London geboren war und ihrem Sohn früh das Englische nahebrachte.

Bereits im Alter von sechs Jahren verlor der Junge seinen Vater und musste mit ansehen, wie seine Mutter einen autoritären und ehrgeizigen Offizier heiratete, nach Lyon umzog und wieder nach Paris zurückkehrte.

Baudelaire entwickelte er sich zu einem schwierigen, sich ungeliebt und wurzellos fühlenden, oft depressiven Junge, der das Abitur nur mit Ach und Krach aus "Externer" schaffte, nachdem er zuvor von der Schule verwiesen worden war. Baudelaire schrieb er sich für ein Jurastudium ein, sah selbst jedoch als angehenden Schriftsteller. Er trieb sich viel in der Pariser Literaten- und Künstler-Bohème herum und schrieb Gedichte - und machte Schulden.

Im Juni 1841 Baudelaire eine Schiffsreise an, die ihn bis nach Indien führen und auf andere Gedanken bringen sollte. Er kam aber nur bis zu den Inseln Mauritius und La Réunion im Indischen Ozean mit, wo er zu Gedichten inspiriert wurde. Als er nach acht Monaten zurückkam, gelobte er zwar Besserung, schloss sich aber rasch wieder der Bohème an. Nach Erreichen der Volljährigkeit in 1842 verlangte er seinen Anteil am Erbe des Vaters und begann das Geld in einer luxuriösen Dandy-Existenz zu verschleudern. 1844 ließ ihn die besorgte Familie gerichtlich unter die finanzielle Vormundschaft eines Notars stellen.

Baudelaire versuchte, seine Schriftstellerei systematischer und berufsmäßig zu betreiben, aber sie blieb wenig einträglich. Er konnte nur gelegentlich Gedichte in Zeitschriften unterbringen sowie in 1846/47 zwei Novellen.

In 1845 hatte Baudelaire erstmals eine Erzählung von Edgar Allan Poe übersetzt, 1857 publizierte er einen ganzen Band mit Erzählungen von Poe und machte ihn den französischen Lesern bekannt.

1857, im Alter von 36 Jahren, veröffentlichte Baudelaire das Werk, mit dem er in die Literaturgeschichte eingehen sollte: "Les Fleurs du Mal" (Die Blumen des Bösen), eine Sammlung von 100 Gedichten. Die Grundstimmung dieser meist eher kurzen Gedichte ist Desillusion, Pessimismus, Melancholie; die evozierte Realität erscheint als überwiegend hässlich und morbide, der Mensch als hin- und hergerissen zwischen den Mächten des Hellen und Guten und denen des Dunklen und Bösen. Eine der bedeutendsten Neuerungen Baudelaires in den Fleurs ist die Integration der Welt der Großstadt in die Lyrik - einer als insgesamt eher abstoßend und düster vorgestellten Welt, was allerdings durchaus der Realität im übervölkerten, explosionsartig wachsenden und schmutzigen Paris der Zeit entsprach.

Baudelaire selbst hat seine Anerkennung nicht mehr erfahren können. Infolge seines Alkohol- und Drogenkonsums sowie der damals unheilbaren Syphilis war seine Gesundheit stark angeschlagen. Im April 1864 sucht er sein Glück in Brüssel; doch auch dort blieb de Erfolg aus. Nach zwei Jahren, die er zumeist krank, elend und kaum arbeitsfähig in Brüssel verbracht hatte, erlitt er einen Schlaganfall und war seitdem halbseitig gelähmt und sprechunfähig.

Im Juli 1866 wurde er in ein Pariser Pflegeheim verlegt, wo er am 31. August 1867, ausgehöhlt von den Lastern und Ausschweifungen, starb.

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