Biokraftstoffe

Umweltschutz oder Augenwischerei? fragt Helma Spona

Die Diskussion um das neue Super E10, das staatlich verordnet einen höheren Anteil an "Bio"-Kraftstoff aus regenerierbaren Rohstoffen wie Rapsöl enthält, zeigt wieder einmal wie unsinnig staatlich reglementierter "Umweltschutz" ist.

Schon jetzt, wo ein Großteil der Autos den neuen Kraftstoff noch gar nicht fahren können, vor allem die älteren Autos, die meist noch echte Benzinfresser sind, sind die Raffinerien nicht in der Lage die Tankstellen mit dem neuen Kraftstoff zu beliefern, so dass die meisten Tankstellen heute an den E10-Zapfsäulen normales Super verkaufen.

Das zweite Problem wird aber sein, wo kommt in Zukunft der "Bio"-Kraftstoff her? Wo sollen die großen Mengen Rohstoffe wie Raps angebaut werden? Schon jetzt ist Deutschland in weiten Teilen, abgesehen von unwegsamen und steilen gebirgigen Lagen, schon sehr intensiv landwirtschaftlich genutzt. Es gibt kaum eine freie Fläche, auf der heute nicht mindestens dreimal im Jahr ein Produkt kultiviert wird. Nach Frühkartoffeln folgt meist im Mai der Mais und im September dann Sonnenblumen, die fast ausschließlich für Biogasanlagen angebaut werden.

Um das zu schaffen karren die Landwirte tonnenweise Gülle, Dünger und Spritzmittel auf die Felder. Das Stoppelfeld bei uns hinter dem Haus hat den Herbst und Winter über brach gelegen. Was aber nicht heißt, dass es nutzlos war. Es hat dazu gedient tonnenweise Gülle zu entsorgen. Nach der Ernte im Spätsommer wurde das Feld schon im letzten Jahr dreimal mit Gülle getränkt. Dann wuchs das Unkraut. Weil das natürlich so schrecklich viel Nährstoffe verbraucht, musste es mit Unkrautvernichter totgespritzt werden. Und dann kam diese Woche noch eine vierte Ladung Gülle drauf, bevor es untergepflügt und Frühkartoffeln gepflanzt wurden. Guten Appetit!

Und wozu das Ganze? Da heute auf einer gleich großen Fläche nicht nur Lebensmittel wie bisher angebaut werden müssen, sondern auch die Rohstoffe, für Biogasanlagen (vornehmlich Mais, Sonnenblumen und Senf), Heizenergie (Getreide) und Biosprit (Raps), muss jeder Quadratmeter Boden mehrmals im Jahr bestellt werden und dennoch einen angemessenen Ertrag bringen. Platz für Tiere, Blumen und Insekten, die auf Brachflächen bisher überleben konnten, bleibt da nicht mehr. In den letzten zwei Jahren, war zumindest hier am Niederrhein zu beobachten, dass immer mehr Wiesen untergepflügt werden, um Mais, Raps und Sonnenblumen anzubauen, die dann zu Biogas vergoren werden. Dazu und natürlich auch zur Produktion von Bio-Sprit werden zig Tonnen herkömmlichen Sprits verfahren, tonnenweise Dünger und Gülle auf die Felder gefahren, die das Grundwasser vergiften und den letzten verbliebenen Wildblumen den Garaus machen. Aber die haben eh keinen Platz mehr, weil zum Teil schon die Feldwege untergepflügt und eventuell verbleibende Wegränder totgespritzt werden.

Heute ist es für die Landwirtschaft deutlich lukrativer nachwachsende Rohstoffe für Biogasanalagen und Energiekonzerne anzubauen als Lebensmittel. Es gibt sogar schon Energiekonzerne die Ackerland aufkaufen um diese Fläche für nachwachsende Rohstoffe zur Verfügung zu haben. Wo werden dann wohl in Zukunft unsere Lebensmittel angebaut? Wenn Wiesen untergepflügt werden, können Kühe dort nicht mehr grasen. Das heißt sie müssen mit industriell hergestelltem Futter gefüttert werden, was Dioxin-Skandalen wie dem letzten Tür und Tor öffnet. Was ist also an "Bio"-Sprit und "Bio"-Gas wirklich "Bio"? Wo bleibt der Umweltschutzgedanke dabei?

Gerade bei Biogasanlagen ist dies deutlich erkennbar. Ursprünglich waren sie dafür konzipiert, um auf größeren Bauernhöfen die Abfälle, wie Gülle, Mist und Abfälle der Landwirtschaft, wie gammelige Kartoffeln, Reste vom Gemüseanbau etc. in Energie umzuwandeln, um den Hof selbst mit Energie zu versorgen. Das ist sicher eine gute und lobenswerte Sache zum Schutze unserer Umwelt. Wenn dann aber Bio-Gas-Anlagen in Größenordnungen genehmigt werden, die mit "Abfällen" alleine nicht zu betreiben sind, und für diese Anlagen extra Pflanzen angebaut werden müssen, dann kehrt sich der gute Gedanken hinter dieser Idee ins Gegenteil, wie die gegenwärtigen Entwicklungen zeigen.

Heute bauen die Bauern Mais und Senf für die Biogasanlagen extra an, ihren "Müll" kippen Sie dafür in die Landschaft. Wirklich Schade.

— 11. Februar 2011
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