Subjektive Wahrheit

Gibt eine alternative Wirklichkeit?, hinterfragt Maria Richter

Kaum ein des Denkens befähigter Mensch wird abstreiten, dass wir unsere Wirklichkeit – selbst unter der Annahme leichter subjektiver Verschiedenheiten - lediglich so sehen, wie sie unsere Messinstrumente im Wesentlichen usw. wiedergeben.

Abweichungen haben eine äußerst geringe Toleranzgrenze, die in den Bereich von Religion oder Krankheit schnell verbannt ist, damit die uns bekannte Welt und bloß nicht verwirre!

Unsere physischen Mechanismen und Sinneswahrnehmungen sind so ausgerüstet, dass sie auf eine Art funktionieren, dass die Realität durch die Linse bestimmter Grundannahmen wahrgenommen wird. Benutzen wir allein die physischen Sinne, ist es im Grunde unmöglich, die Realität auf eine andere Weise wahrzunehmen, wie wir es gewohnt sind.

Alle Vorstellungen, die wir über unsere Welt haben, müssen wir also durch das physische neuronale Sinnen-Netz betrachten, welches zwangsläufig die quasi materialisierte Form dieser Annahme darstellt.

In diesem (scheinbar) geschlossenen Grundsystem ist diese Betrachtung ja weiter auch nicht falsch, sondern hat durchaus ihren Sinn, weil alles auf sie abgestellt ist. Wir haben uns damit auf eine gewisse Weise funktional gut organisiert. Dennoch gibt es aktuell sehr viele und gute Gründe, mal wieder einen Schritt weiterzugehen, den Menschen auch früher immer wieder getan haben. Das brauchte die Zeit-Qualität, die mit den Menschen und den durch sie erschaffenen Ereignissen immer zusammen hingt.

Wenn derzeit 100 Menschen einen blauen Stuhl als blauen Stuhl sehen, ist derjenige, der ihn knallrot sieht, vermutlich als gestört oder krank einzustufen. Sei es eine Augenkrankheit oder eine Krankheit des Gehirns. Sprich: Da wo Menschen individuell bereits die Realität sprengen, es zumeist aber auch nicht selbst einordnen können, ist die einzige Reaktion fast immer ausschließlich ein pathologischer Befund. Nun schließt das eine das andere nicht aus – aber es schließt umgekehrt leider die gesunde Sprengung der Wirklichkeit auch noch nicht ein. Aber darum geht es hier in dieser kleinen Denkaufgabe! Wir brauchen ein neues offenes Denken in alle Richtungen, dass sich nicht zu schnell festlegt auf den Mainstream des Gewohnten und der Gewohnheit, der wir allzu schnell Tribut zollen und andere Wirklichkeiten damit ausklammern.

Es gibt Realitäten, die mit unserer offiziellen nicht richtig kompatibel sind, aber die wir alle kennen. Zum Beispiel Träume, wo Unmögliches möglich wird. Es gibt auch viele Tageserlebnisse im vollbewussten Wachzustand, wo sich Dinge ereignen, die diejenigen vor allem schaudern lassen, die andere Realitäten nicht einmal dann in der Theorie zulassen können, wenn sie sie praktisch erfahren. Lieber negieren sie die eigene, authentischer Erfahrung als ihr Denkkonzept kritisch zu überprüfen. Man muss dafür keine fremden höheren Mächte kreieren, man muss nicht zwangsläufig zu religiösen Vorstellungen Zuflucht suchen, sondern man sollte einfach nur die Kraft des Geistes, der weder an Raum noch an Zeit gebunden ist, mehr Spielraum zubilligen und ihn nicht auf unsere eigene Beengtheit herunterbrechen. Ein solches erweitertes Denken dürfte zum Segen aller werden, weil dann das Unmögliche immer natürlicher wird, weil es niemals wirklich unmöglich war.

— 19. November 2012
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