Das Geschlecht.

Das Wort »Lieben« wird durch jeden Zusatz schwächer. »Ich liebe dich wie mein Leben!« – oder »Ich liebe dich sterblich!« – ist lange nicht so viel, wie das einfache: »Ich liebe dich!«


Lieben heißt, nur um eines einzigen Menschen willen auf Erden sein, für ihn nur atmen und wachen, ihm jede Freude, die uns beschieden, voll und ganz abtreten, jeden Schmerz, der ihn treffen könnte, auf uns voll und ganz übernehmen, seiner äußeren Erscheinung, selbst wenn sie die Welt wenig würdigt, Schönheiten abgewinnen, die Niemand zu sehen die rechten Augen hat, seinem inneren Wesen, ob ihm auch die Größe der bevorzugten Geister fehlt, gerade dasjenige ablauschen, was, wenn es den bevorzugten Geistern fehlen sollte, diese vor dem Geliebten herabsetzen würde, für jeden Fehl, der an einem, wie wir alle, nun einmal Menschlichgearteten nicht weggeleugnet werden kann, eine neue Tugend als Ersatz entdecken, ihn in seiner Stimmung nehmen wie das Wetter, das wir uns von Gott so müssen wie gegeben gefallen lassen und für alles das die lohnende Gegenliebe nicht darin finden, dass der Geliebte uns ganz ebenso wieder liebt, uns die gleiche Form der Liebe widmet, nein, nur dass er die Form duldet und nicht stört, die unsre eigene Erquickung, Erhebung, unser Leben ist.


Die wahre Liebe ist die treue Begleiterin der Alltäglichkeit.


Sei dir doch ja die Liebe kein »rätselhaftes« Gefühl. Du sollst suchen, dir klar zu machen, warum du liebst.


Anatomisch genommen lieben wir nicht mit dem Herzen, sondern eben so, wie wir denken, nur mit dem Kopf. Darum sollte man nur da von einem »gebrochenen Herzen« sprechen, wo bereits die Saiten der Vernunft gerissen sind und der Geist sich in dunkeln Wahn verhüllte.


Die Täuschungen der ersten Liebe sind darum so rührend, weil sie uns meistenteils auch zugleich den ersten schönen Glauben an die Bestimmung der Erde und den höheren Wert der Menschennatur rauben.


Eine Freundin raubt ihrer Freundin durch Hinterlist und Koketterie den Geliebten – man glaubt sich in die Wüste versetzt unter Tiger und Hyänen.


Ach, nur nicht Mitleid für Liebe!


Das erste Geständnis der Liebe ist ein förmlicher physischer Schauer. Er durchbebt und erschüttert noch mehr den Körper, als die Seele. Die Lippen zittern, die Worte fehlen. Eine Ahnung dieser gewaltigen Agonie lässt wohl die reinen Gemüter so lange zögern, bis sie sich gefangen geben.


Der Brautstand ist jener sonderbare Stand des Lebens, den man mit Recht als den glücklichsten zu bezeichnen pflegt und dem dennoch Niemand eine allzu lange Dauer wünscht, am wenigsten die zunächst Beteiligten.


Amor treibt dumme Streiche. Neckst du Jemanden damit, dass er bei gewissen Besuchen erröte, so wird's bald auch wirklich geschehen.


In einem verschwiegenen Zusammentreffen zweier Menschen an einem gegebenen Ort und zu bestimmter Stunde, einem Stelldichein, liegt ein so mächtiger Reiz, dass schon viele bei solchem Anlass ohne jeden wahren Drang der Neigung ein Ja! gewährten und zum Opfer der Situation wurden. Das Bezogensein zweier Menschen lediglich nur auf sich allein in der Welt hat etwas ausnehmend Bestrickendes.


Es gibt nur da Liebe und Freundschaft, wo sich Einer dem Andern beugt! Und nicht immer der Schwache vor dem Starken – auch der Starke vor dem Schwachen.


Das Dasein des Weibes ist eine stete Mahnung an den Mann, sein Streben innerhalb der Naturgrenzen zu halten.


Männer, die nicht mehr im Stande sind, an weibliche Tugend zu glauben, sind geisteskrank.


Warum schuf Gott Mann und Weib? Um den Begriff des vollendeten Menschen außerhalb unserer Personen zu verlegen.


Der Rath, den dir ein weibliches Herz erteilt, wird immer der klügste sein.


Erstaunlich ist, wie ein Mann allmählich nur noch Augen für die geistige Schönheit seiner Frau hat, während er, wenn ihr die Güte des Herzens fehlt, für dieselben Reize, die ihn sonst entzückten, vollkommen, gleichgültig wird.


Wüsstest du, stolze Schöne, was noch Alles ein Jüngling, vertrauensvoll an die hohe Bestimmung der weiblichen Natur glaubend, in dem Moment, wo ihn der Zauber deines Anblicks zum Geständnis der Liebe hinreißt, von seiner Ideenwelt in dich hineinlegt und erst hineindichtet, du würdest demütig werden.


Freundschaft und Liebe wollen bewiesen sein. Freundschaft und Liebe verstehen sich nicht von selbst. Was die Freundschaft tut und die Liebe voraussetzt, muss eine Ausnahme von der allgemeinen Regel des Lebens sein.


Auf dem kindlichen Gemüt eines jungen Mädchens, wenn sie zum ersten Mal in die Welt tritt, liegt ein Tau, strahlender als Diamanten. Wer möchte einer Blume den Schmuck nehmen, der zugleich ihre Erquickung und Nahrung ist!


Wenn ein Mädchen des Loses inne geworden ist, die Ehe, des Weibes nächsten Beruf, verfehlt zu haben, so ergreift sie in der Regel ein Trieb, sich dem Allgemeinen zu weihen. Wählt sie dafür den richtigen Kultus, so kann sie zur Priesterin der Menschheit werden.


Manche Mädchen treten ins Leben wie die Buchhändler neue Bücher in die Welt schicken. Sie sind so lose gebunden, dass, wer sie öffnet und nur eine Weile in ihnen blätterte, sie eigentlich – sogleich kaufen und behalten müsste. Andere sind weniger leicht delabriert. Diese werden sogar nur versiegelt abgelassen. Wunder denkt man, welches Geheimnis sich hinter so viel Sprödigkeit verbirgt. Die Käufer mögen sagen, ob der Inhalt die Neugier und den hohen Preis wert gewesen.


Jüngling, hast du ein Mädchenherz gefunden, das du liebst, so lass' es nicht unter die Räder deiner Entwicklung kommen!


Das Zarte, Sinnpflanzenartige im Wesen der Frauen gehört zu ihren liebenswürdigsten Reizen. Oft aber nimmt auch diesen Schein des ätherischen Noli me tangere ein absoluter Mangel an Interesse für die ernsten Dinge des Lebens an, jeder Mangel an Charakter, jede Unempfänglichkeit, jede Unbildung.


Das bloße Wissen um des Wissens willen ist eine gefährliche Aussaat im Frauenherzen. Frauen sollen den Zweck, warum sie lernen, in nächster Nähe sehen, sollte dieser auch nur der sein, dass sie lernen, um die Welt des Mannes zu achten.


Eine geistreiche junge Frau gestand uns: »Wenn doch die Frauen nur begreifen wollten, wie bequem und angenehm es ist, 31 Jahre alt zu sein, wir würden uns nicht so lange mit den Demütigungen plagen, die mit dem Schein von 29 Jahren verbunden sind.«


Es gibt Frauen, die im geheimsten Versteck ihrer Seele das Schönste, Edelste und Bedeutendste bergen. Es kann nicht heraus. Die Gewöhnung und Umgebung sind es, die an ihnen alles gering, oberflächlich, ja nicht selten spöttisch und böse machen.


Ich misstraue jedem weiblichen Wesen, das ernste Fragen mit süßem stereotypem Lächeln beantwortet. Es wird in seinen vier Pfählen auf die heitersten Fragen mürrisch antworten.


Penelope am Webstuhl hab' ich oft abgebildet gefunden. Penelope aber, die Nachts ihr Gewebe wieder auftrennt, wäre ein ergreifenderer Vorwurf. Oder geht diese Mischung von List, Liebe, Sorge, Schmerz, Hoffnung, die in den Zügen der treuen Gattin geschildert werden müsste, über die Kraft der Malerei hinaus und gehört nur dem Dichter?


Die erste Stelle im Paradiese werden diejenigen einnehmen, die sich in der Ehe getäuscht haben und doch ausharrten.


Kein Herz liebt wärmer und mit ganzer Seele hingegebener, als das eines Mannes, dem sich noch einmal in den Jahren, wo wir keine Liebe mehr zu gewinnen hoffen dürfen, ein weibliches Wesen aufrichtig hinzugeben vermag.


Der wahre Reiz, welcher Liebende verbindet, besteht darin, sich gegen die Welt schützen und verteidigen zu müssen.


Gegen so manche Verstimmung, die im ehelichen Leben vorkommt, pflegt man Liebe, Schonung, Duldung und ähnliche Systeme des Gemüts als Vorbau zu empfehlen. Wir wollen eines der sichersten Präservative gegen eheliche Verstimmung nennen. Es ist die Einführung einer gewissen höflichen Gegenseitigkeit. Es gibt noch vielfach andere Lebensverhältnisse, wo man gut tun würde, den Umgang statt auf eine vieldeutige Güte einfach auf Anstand zu begründen.


Jeder Mann, der sogleich in dem ersten Jahr seiner Ehe den Zauber seines Wertes, den er seiner Gattin haben sollte, verliert oder geschehen lässt, dass sie (wie in der Regel versucht wird) jenen Zauber mutwillig zerstört, wird ein unglückliches und verfehltes Leben führen.


Der Mann liebt wahrhaft nur da, wo ihm sein Gegenstand die reichste und vollste Gelegenheit verbürgt, sich in seiner vollen Liebesfähigkeit und seinem ganzen Manneswerth darzustellen.


Wir lieben im Alter ganz noch so feurig wie in der Jugend, nur dass sich in letzterer unsere Liebe von selbst verrät, im Alter sie gesucht, entdeckt, ermutigt sein will.


»Eine ausgezeichnete Hausfrau!« – und doch eine herzlose Gattin. In der Ehe ist es noch nicht genug, dass in der Sorge für die Harmonie des Hausganzen die Sorge für die einzelne Person mit aufgeht. Aus der Sorge für die einzelne Person, für den Gatten und wie nun dessen Natur und Bedürfnis einmal ist, soll erst die Harmonie und Schönheit des Hausganzen hervorgehen.


Manche Ehefrau steht lebenslang mit dem feurigen Schwert neben ihrem Gatten, um von ihm fern zu halten, was nur irgend noch ans verlorene Paradies erinnern könnte.


So oft sich Eheleute, wenn sie Kinder haben, in Gegenwart derselben vorwerfen: Wir hätten uns nicht heiraten sollen! begehen sie einen Mord.


Bis der Jüngling einen Begriff von Frauenschönheit – äußerer und innerer – gewonnen hat, hat er sich meist längst schon zu seinem zeitlichen Verderben verliebt und gebunden.


Eine Frau, die Geist und Talent hat, steht unter ihrem Geschlecht einsam. Vergebt ihr, wenn sie sich zu den Männern flüchtet.


Größe isoliert. Seid nachsichtig, wenn große Männer mehr, als ihr billigt, die Frauen suchten.


Gerade deshalb, weil die Form das Wesen des Schönen ist, können auch Liebe und Freundschaft ohne Form nicht bestehen.


»Siehst du nicht, wie nachgiebig ich bin!« Ja, ganz recht, du führst mit mir ein Buch, worin du für das Soll einer jeden Nachgiebigkeit von deiner Seite das Haben einer Nachgiebigkeit von meiner notierst. Schenke mir aber dreimal ein Soll, bis du einmal ein Haben verlangst, dann will ich dich nachgiebig nennen.


Es ist schwer, mit Personen umzugehen, bei denen man, wenn man so edel war, in einem Streit, um ihn nur zu beendigen, nachzugeben, immer auch wirklich verloren hat. Leider ist dies zumeist in der Ehe der Fall.


Satan hat wohl an wenig Menschen so viel Freude, wie an einer jungen Witwe, die, vom Sterbebett ihres Mannes hinweg blinzelnd, schon wieder lüstern die Augen in die sich ihr neu erschließende Welt schweifen lässt, sich frei und begehrenswert fühlt!


Das Unglück der Männer sind diejenigen Frauen, die trotz aller Eigenschaften einer mit uns durchaus und nun und nimmer zusammenklingenden Natur uns doch durch irgend einen einzelnen unwiderstehlichen Reiz zu fesseln vermögen. Den gemeinen Mann vielleicht durch gute Küche, den Genius durch ein reizendes schalkhaftes Lächeln mit stets sichtbar werdenden Perlenzähnen.


Durch die Ehe werden weit mehr die Männer als die Frauen enttäuscht. Nur verhindern unsere Institutionen, dass die ersteren davon so viel Aufhebens machen können, wie die letzteren.


Eine schmerzliche Enttäuschung ist es, wenn man sich ein weibliches Wesen ausgeschmückt dachte mit allen Reizen innerster Anmut, mit Empfindungen, ganz würdig, Liebe und Phantasie herauszufordern, mit einer Unschuld des Herzens, die dem vollen Zauber der äußeren Schönheit entspricht und man findet dann bei näherem Erkennen ein kleinliches, endliches, leidenschaftliches, eitles, durch und durch geringfügiges Wesen und Streben.


Das ist so ungroßmütig in einer nicht glücklichen Ehe, dass man darum, weil man sich einander näher als zu andern Menschen gerückt ist, dem nächsten Angehörigen die Ausbrüche von Ungeselligkeit und Leidenschaft zu empfinden gibt, von denen die Fernstehenden verschont bleiben.


Die Klagen der Männer über die christliche Welt, die unsere Frauen aus dem Sklavenzwinger entließ und sie zu Genossinnen, ja Gebieterinnen unseres eigenen Lebens machte, müssen verstummen, wenn man die Bewährungen einer edlen Weiblichkeit sieht, eine Tochter, die ihren Eltern die Sorgen der Existenz erleichtert, eine Gattin, die dem Unglück keine Entstellung des Bildes ihres Gatten gestattet, eine Witwe, die mit dürftigen Mitteln die Würde ihres Namens behauptet und ihren Kindern den verlorenen Vater ersetzt.


Man empfiehlt in hundert und aber hundert Erziehungsschriften das Nachdenkenund bei Männern, die ohnehin durch ihren Beruf und die Regung ihres Blutes gewappnet sind gegen die Zukunft, was sie auch bringe, ist dies wohl auch die richtige Aufforderung. Kraft und Weisheit sollen sie sich aus der Vergangenheit holen. Frauen aber sollte man zum Vordenken erziehen. Es gibt auf dem Schädel des Menschen, abschüssig nach dem Hinterkopf zu und vom Organ der Verehrung aus, eine Stelle, die Gall das Organ der Vor- und Voraussicht genannt hat. Bei den meisten Frauen geht es dort gar flach abwärts. Wer im Glück aufwächst, keine Elternsorge sah, wem frühzeitig immer Das zu Teil wurde, was ihm notwendig erschien, der lernt jene Voraussicht selten kennen, die sich denn auch bei weiblichen Charakteren da nur bildet, wo teils angeborene Anlage stattfindet, teils in aktiver Veranlassung weise, in passiver unruhige, widerspruchsvolle, unbestimmt handelnde Eltern frühzeitig die Kinder zwangen, die Sorgen des Hauses mit auf sich zu nehmen, ja nicht selten allein durchzuführen und bei Zeiten die Führer und Lenker in der Familie zu werden. Je geregelter aber die Eltern, desto mehr müssen sie bedacht sein, bei ihren Kindern dem Hang zur Sorglosigkeit zu steuern. Sorglosigkeit nennen wir hier jenen Mangel an Phantasie, der sich ein nächstes Bedürfnis nicht als gegenwärtig vorstellen kann. Wem diese Gabe der Voraussicht fehlt, muss ihn nicht jedes Eintreffende überraschen? Frauen dieser Art sind wirtschaftlich und haben doch keine Einteilung. Sie sind den Tag über rastlos und finden doch nie eine Befriedigung ihrer Mühe. Jedes Kleinste, das sie bei etwas Phantasie und voraussichtlicher Kombination erwarten mussten, befremdet sie: jedes Kleidungsstück, dessen Natur es ist, allmählich abgenutzt zu sein, erbittert sie. Sagte ihnen da die Voraussicht, wie die Umstände es mit sich bringen, dass eine Lücke eintritt, sähen sie innerhalb eines begrenzten Horizonts diese Lücken allmählich entstehen, sähen sie mit ergebener Toleranz in die sich von selbst verstehenden Tatsachen der Zukunft, sie würden nicht durch das Eintreffen derselben ewig aufgeregt werden. Diese Frauen sind unfähig, einen Gesellschaftsabend zu ordnen. Sie sehen nichts, was doch kommen muss, keinen Zwischenfall, keine an sich außerordentliche, aber für gewöhnlich immer eintretende Störung. Sie laden zu Tisch; es fehlt an Ordnung sowohl wie an Reichlichkeit. Der sinnige Fernblick, der sich schon jedes Kommende als gegenwärtig ausmalen kann, ist bei ihnen nicht angeleitet worden, Umstände, die vom Willen unabhängig sind, mit in Rechnung zu bringen.

Wenn man in der Erziehung der Frauen von Verinnerlichung des Gefühls spricht, so geben die Weisheitslehrer dazu Anleitungen, die auf ein gründliches Zurechtlegen des Vergangenen zielen. Dass sich aber das Erlebte einprägt, dafür sorgt schon das Naturell, das Interesse des Verstandes und Herzens. Vielmehr kommt es auf die Bildung der Fühlfäden an, welche die weibliche Seele in das Zukünftige auszustrecken hat. Eine solche Ehe zumal, wo der Mann der ewig Voraussehende und die Frau die ewig Überraschte ist, kann unmöglich eine behagliche sein.


Oberflächlich sind die Frauen, die einem Mann ihr Herz nicht schenken können, dessen Geist sie in Verlegenheit setzt.


Der Missbrauch eines Mutterherzens ist Kirchenraub.

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