Karl Ferdinand Gutzkow über Liebe
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Lieben heißt, nur um eines einzigen Menschen willen auf Erden sein, für ihn nur atmen und wachen, ihm jede Freude, die uns beschieden, voll und ganz abtreten, jeden Schmerz, der ihn treffen könnte, auf uns voll und ganz übernehmen, seiner äußern Erscheinung, selbst wenn sie die Welt wenig würdigt, Schönheiten abgewinnen, die Niemand zu sehen die rechten Augen hat, seinem innern Wesen, ob ihm auch die Größe der bevorzugten Geister fehlt, gerade dasjenige ablauschen, was, wenn es den bevorzugten Geistern fehlen sollte, diese vor dem Geliebten herabsetzen würde, für jeden Fehl, der an einem, wie wir alle, nun einmal Menschlichgearteten nicht weggeläugnet werden kann, eine neue Tugend als Ersatz entdecken, ihn in seiner Stimmung nehmen wie das Wetter, das wir uns von Gott so müssen wie gegeben gefallen lassen und für alles das die lohnende Gegenliebe nicht darin finden, daß der Geliebte uns ganz ebenso wieder liebt, uns die gleiche Form der Liebe widmet, nein, nur daß er die Form duldet und nicht stört, die unsre eigene Erquickung, Erhebung, unser Leben ist.