Max Schneckenburger über Vaterland

  • Lieb Vaterland, magst ruhig sein.

    Lieb' Vaterland, magst ruhig sein.
    Fest steht und treu die Wacht, die Wacht am Rhein!

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Max Schneckenburger

deutscher Dichter

Dichter des patriotischen Liedes »Die Wacht am Rhein«

* 17.02.1819 Talheim bei Tuttlingen
† 03.05.1849 Burgdorf bei Bern (Schweiz)

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

»Lieb Vaterland, magst ruhig sein«, sangen einst die Deutschen im Kaiserreich nach 1870, nachdem der geschlagene Napoleon die von ihm besetzten deutschen Gebiete nach der den Verträgen des Wiener Kongresses zurückgeben musste. Das Lied Die Wacht am Rhein, das Max Schneckenburger texte, wurde überaus populär und unter anderem auch von Robert Schumann vertont. Es bekam sogar die Funktion einer inoffiziellen Nationalhymne.

Doch was ist heute mit unserem Vaterland? Wie stehen wir, 150 Jahre nach dieser patriotischen Begeisterung zu dem, was Heimat meint und ist?

Die beiden Begriffe ›Vaterland‹ und ›Heimat‹ galten noch bis vor kurzer Zeit für viele politisch Gesinnte aus dem Mitte-Links-Lager als problematisch, weil mit damit zu viel Patriotismus oder gar auch nationalistische Gesinnung verbunden waren. Diese kritische Gefühlslage zum eigenen Vaterland entwickelte sich aus den bitteren Erfahrungen des Deutschen Reiches in der Hitlerzeit. So wurden Heimat und Vaterland zu Bezeichnungen, die meist die eher politisch rechts-gesinnten Bürger im Wort führten.

Das hat sich mittlerweile verändert. Die Problematik der Deutschen, Angst vor zu viel Patriotismus zu entwickeln und dies auch nach außen kundzutun, hat sich in den letzten Jahren drastisch verschoben und verschiebt sich noch immer, wenn man die politische Parteien-Landschaft betrachtet. Grund ist vor allem die massenhafte Emigration verfolgter oder verarmter Menschen, die bei uns eine neue Heimat in einem fremden Vaterland suchten.

Seit dem Millionen Menschen vor allem aus den Bürgerkriegsgebieten im Nahen Osten und aus den großen Räumen des hungernden und verelendenden afrikanischen Kontinents sich auf den langen Weg nach Europa machten und Deutschland 2015 seine Tore aus humanitären Gründen weit öffnete, erleben Begriffe wie ›Heimat‹ und ›Vaterland‹ eine neue Renaissance.

Angst und Sorge, dass etwas Altes, Liebgewonnenes, Gewohntes ge- oder gar zerstört werden könnte, sind dabei vorherrschend. Die große Bangigkeit vor einer allzu schnellen, starken und unumkehrbaren Vernichtung der eigenen Kultur durch die Einflüsse anderer Kulturen, gipfelte 2018 erstmals im Beschluss der Gründung eines Heimat-Ministeriums im Bund.

Neue Nationalismen und gefährliche Fremdenfeindlichkeit

Eine Reihe von Ländern in Europa, mit ihrem selbstverständlichen und auch teils stark mit Stolz nach außen getragenen Nationalverständnis sind längst Vorreiter in Sachen Vaterlands-Liebe. Sie haben allerdings auch nicht die Last einer gigantischen kollektiven-historischen Schuld zu tragen. Ihre Liebe zum eigenen Vaterland tun sie in offener Weise kund kämpfen dafür, dass alles, was zur eigenen Volksidentität gehört, auch geschützt bleibt.

Doch in diesen Ländern, die ihr Vaterland "über alles" heben, lebt eben auch oft jene unselige Fremdenfeindlichkeit, die ein humanes, einigendes politisches Europa schwieriger denn je gestaltet. Humanität, Mitmenschlichkeit und all die notwendigen Maßnahmen, die die Menschenrechts-Charta vorgibt, bleiben oft auf der Strecke oder werden nur unzureichend umgesetzt. Eine Politik der Abschottung, der Verweigerung, der neuen, dichten Grenzen ist die Folge.

Es ist ein Dilemma, in dem sich nicht nur die Flüchtlinge in ihrer Not zerrissen fühlen, sondern auch die Menschen, die den Spagat zwischen Bewahren des Bewährtem und Helfen aus Humanität versuchen.

Doch wie viel an fremden Kultureinflüssen in ganz kurzer Zeit ist so zu bewältigen, dass die Integration nachhaltig gelingt, dass das eigene Vaterland seine heimattypischen Eigenschaften behalten und dennoch auch den Einfluss fremder Kulturen als bereichernd empfinden kann? Gibt es darauf überhaupt eine allgemeine Antwort – oder liegt das nicht vielmehr an der inneren Haltung und Reife eines Individuums?

Vaterlandsliebe und Fremdenhass müssen zwar nicht automatisch Hand in Hand gehen, dennoch ist diese Kombination als schwierige Gemengelage oft die faktische Realität. Es gibt viele Gründe, aus denen die alltäglichen Schwierigkeiten erwachsen. Sie hier alle aufzuzählen reicht der Platz nicht aus.

Wie soll man eine gesunde Vaterlands-Verbundenheit bewahren, wenn sich alles unglaublich rasant ändert? Jeder fünfte Mitbewohner Deutschlands besitzt bereits heute ausländische Wurzeln. Diese Zahlenverhältnisse werden sich nach Lage der Dinge und auch nach allen statistischen Erhebungen demographischer Daten noch weiter stark verändern. Wie soll man ein Heimatgefühl pflegen, wenn das Traditionelle nicht mehr ausreichend trägt und zugleich andere Traditionen der einwandernden Neubürger zu einem völlig veränderten Gesellschaftsbild führen?

Die einen sehen in dieser kulturellen Vielfalt eine große Bereicherung, die alle Lebensbereiche durchdringen kann, die anderen haben einfach nur Verlustängste um das Gewohnte und Liebgewonnene. Gibt es überhaupt eine gesunde Grenzziehung, die allen und allem gerecht werden kann?

Wenn die Konjunktur nicht mehr dauerhaft brummt

Dort, wo die Integration der Menschen gelingt, sind die Ängste sehr gering, weil man sieht: Es klappt gut, auch wenn es „anders“ ist als bisher gewohnt. Flexibilität ist von beiden Seiten gefragt und auch notwendig. Es kann zu einem warmherzigen Miteinander über alle Religionen und Kulturunterschiede hinweg kommen und es gibt gute Beispiele, die es auch anschaulich zeigen. Es gelingt dann, wenn der gute Wille von beiden Seiten eine konkret-tätige Sache ist.

Freundschaften, Ehen, Mischfamilien entstehen, die wiederum neue Formen des Zusammenlebens finden und sich dabei selbst auch neu erfinden. Das ist die eine Seite, der man ruhig und gelassen entgegen schauen kann. Dies zu stützen dient sowohl der Humanität wie auch dem sozialen inneren Frieden. Denn die Deutschen alleine, auf sich gestellt, haben bei Lage der starken Geburtenrückgänge eh kaum eine Chance auf Überleben. Wir brauchen sie also, die "Fremden" - und sie brauchen uns!

Nun ist der oben beschriebene Idealfall in diesem unserem Vaterland aber keineswegs immer auch der Normalfall. Nicht die massenhafte Einwanderung in kurzer Zeit, die dank der aufgebrachten Humanität auch gut angesichts der großen organisatorischen Herausforderungen ohne jegliche Vorbereitung bisher gestemmt wurde, ist das Problem, sondern die Langzeitfolgen, über die die aktuelle Tagespolitik nicht so gerne spricht, können noch zum großen Problem werden.

Denn die Masse der eingewanderten Armen und Verfolgten verfügt nun einmal leider über keine bis nur unzureichende Bildungsabschlüsse, um überhaupt in überschaubaren 5-10 Jahren so voll integriert werden zu können, dass sie auch für ihre Lebensexistenz wird sorgen können. Und bei jährlich bis zu zirka 200.000 weiteren Neuankömmlingen wird dieses Problem sich weiter verschärfen. Denn diese schnelle Zuwanderung vieler Unausgebildeter, Sprachunkundiger kommt zu einem Zeitpunkt, wo sich Roboting und 3-D-Druck-Technik anschicken, weltweilt binnen des nächsten Jahrzehnts Abermillionen von Arbeitsplätzen zu vernichten. Und das betrifft vor allem jene Arbeitsplätze, wo gerade Geringqualifiziertere früher ihr Auskommen fanden. Und man glaube nicht blauäuig, als sie die hervorragende Konjunktur der letzten Jahre auch ein fester Garant auf die Zukunft. Ein jeder weiß, dass ausnahmslos alle Wirtschaftsprozesse immer wieder den Rhythmen eines neuen Auf und Ab unterlegen sind. Was also, wenn die Konjunktur in einigen Jahren nicht mehr so brummt, weil die neue Technik weltweit alles umkrempelt?

Weisheit und politische Vision für die nächsten Jahrzehnte

Dieses zeitliche Zusammentreffen zwischen globalem technischen Umbruch durch Abbau von Arbeitskräften und der schnellen Einwanderung großer Völkermassen wird jenen Sprengstoff bieten, der die Begriffe ›Vaterland‹ und ›Heimat‹ wieder neu und stark in den politischen Fokus rücken und sich auch entsprechend politisieren wird.

Hier geht es dann weniger um die eine oder andere liebgewordene Tradition der eigenen Heimat, sondern um die Gradwanderung des inneren Friedens und den Kampf um Arbeitsplätze und Wohnungen, um die eigene Existenz auch selbst sichern zu können. Davor jetzt die Augen zu verschließen und nicht jetzt schon entsprechende Weichen zu stellen, ist eine der gefährlichsten politischen Verdrängungsmomente, die uns allen drohen.

Je schneller und nachhaltiger Integration gelingt, desto mehr werden auch die Neubürger, auf die wir angewiesen sind, hier bei uns ihre neue Heimat finden und sie schätzen lernen. Mit ihnen an einem Strang zu ziehen, ist für uns alle gut. Doch es wäre naiv zu glauben, dass dies nur ein klein wenig guten Willen brauche und sich dann von allein erledigt. Viel zu viel wurde politisch zu lange versäumt, weil es uns nicht interessierte, weil der schnelle Gewinn und der Einfluss der eigenen Macht allein das ist, was zählte. Die Quittungen werden gerade weltweit darüber ausgestellt. Die Zeiten werden noch ungemütlicher werden, wenn wir nicht anders handeln lernen.

In der Politik sind nun wirklich Weisheit und Vision zugleich gefragt. Weg vom Klein-Klein des Herkömmlichen, das doch meist nur dem eigenen Machterhalt dient und hin zu einer klugen vorausschauenden Politik, die die großen wirtschaftlich-technischen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte ebenso fest mit im Blick hat, wie auch das psychologische Feingefühl einer Zumutbarkeit für alle aufbringt.

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