Sprichwort über Bestechung

  • Schenken heißt angeln.

Gedanken zum Zitat

Das Sprichwort »Schenken heißt angeln« wirkt auf den ersten Blick provokant, vielleicht sogar zynisch. Es unterstellt, dass Schenken kein selbstloser Akt ist, sondern vielmehr ein kalkulierter Versuch, jemanden »an den Haken zu bekommen« – sei es emotional, sozial oder sogar materiell. Damit stellt das Sprichwort eine weit verbreitete Idealvorstellung infrage: dass Schenken Ausdruck von Großzügigkeit, Mitgefühl und uneigennütziger Liebe sei.

In der Realität steckt jedoch oft ein Stück Wahrheit in dieser Aussage. Geschenke, egal ob groß oder klein, schaffen Bindungen, setzen Erwartungen und können sogar Druck erzeugen. Wer schenkt, hofft manchmal insgeheim auf Dankbarkeit, Anerkennung oder eine Gegenleistung. Besonders deutlich wird das etwa im Geschäftsleben oder in der Politik, wo »Geschenke« selten ohne Hintergedanken gemacht werden. Auch im privaten Bereich können Geschenke verknüpft sein mit unausgesprochenen Bedingungenwie etwa der Wunsch nach Zuneigung, Loyalität oder Wiedergutmachung.

Doch ist das Schenken deshalb grundsätzlich manipulativ? Nicht unbedingt. Menschen sind soziale Wesen, und Geben und Nehmen gehören zu jeder Beziehung. Das Sprichwort betont lediglich die Realität, dass auch scheinbar großzügige Gesten oft mit einer inneren Erwartung verbunden sind. Der Schenkende »wirft eine Angel aus« in der Hoffnung, etwas zu gewinnen, sei es Sympathie, Einfluss oder Nähe. Man könnte auch sagen: Schenken ist eine Form der Kommunikation, und jede Kommunikation hat ein Ziel.

Gleichzeitig bedeutet das Sprichwort natürlich nicht, dass jedes Geschenk eigennützig oder berechnend ist. Viele Menschen schenken aus Freude am Geben, aus Liebe oder aus einem inneren Bedürfnis heraus, anderen eine Freude zu machen. Entscheidend ist also nicht das Schenken an sich, sondern die Intention dahinter. Wer bewusst schenkt, um zu manipulieren oder Abhängigkeit zu erzeugen, nutzt das Schenken tatsächlich als »Angel«. Wer hingegen schenkt, um zu verbinden, Nähe zu schaffen oder Freude zu verbreiten, nutzt es als Brücke.

»Schenken heißt angeln« ist also ein kritischer Spiegel der Wirklichkeit. Es fordert uns auf, über unsere Motive beim Schenken nachzudenken und über die Wirkung, die Geschenke auf andere haben können. Es erinnert daran, dass Geben niemals völlig losgelöst vom Wunsch nach Beziehung ist. Und es mahnt zur Ehrlichkeit: Auch wenn wahre Großzügigkeit möglich ist, bleibt das Geschenk immer ein Teil des sozialen Spiels.

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