Sprichwort über Einfalt

  • Einfalt wird alt.

Gedanken zum Zitat

Das Sprichwort »Armut sucht List« bringt in knapper Form eine bittere Wahrheit ans Licht: Wer in Armut lebt, ist oft gezwungen, auf ungewöhnliche, kreative oder gar trickreiche Wege zurückzugreifen, um sich durchs Leben zu schlagen. Es ist ein Ausdruck dafür, dass Mangel nicht nur den Körper, sondern auch den Geist herausfordert – und ihn in Bewegung setzt. Die Not macht erfinderisch, sagt man auch. Genau das ist hier gemeint.

Armut zwingt Menschen dazu, sich mit Situationen zu arrangieren, in denen gewöhnliche Mittel nicht mehr ausreichen. Wer kein Geld hat, keine Beziehungen oder keine Macht, muss mit Klugheit, Schläue und Einfallsreichtum das erreichen, was anderen durch Ressourcen oder Einfluss offensteht. In der List liegt hier keine Bosheit, sondern oft ein Überlebensinstinkt. Die List ist ein Mittel, um sich Respekt zu verschaffen, Hindernisse zu umgehen oder Chancen zu schaffen, wo scheinbar keine sind.

Das Sprichwort verweist damit auch auf ein ungleiches Kräfteverhältnis in der Gesellschaft. Während Reiche auf ihr Vermögen vertrauen können, brauchen Arme Strategien, um sich überhaupt Gehör zu verschaffen oder Rechte einzufordern. Man denke etwa an Menschen, die bürokratische Hürden kreativ umgehen, sich gegenseitig unterstützen oder mit kleinen, cleveren Ideen ein Einkommen sichern – sei es auf dem Flohmarkt, in der Nachbarschaftshilfe oder durch geschickte Verhandlungen. In vielen Kulturen gilt gerade die List als bewundernswerte Eigenschaft, wenn sie nicht aus Eigennutz, sondern aus Not eingesetzt wird.

Allerdings enthält das Sprichwort auch eine Ambivalenz: List kann in eine Grauzone führen, mitunter in Unehrlichkeit, Betrug oder krumme Geschäfte. Doch statt dies vorschnell zu verurteilen, sollte man fragen: Was bringt einen Menschen dazu, so zu handeln? Oft ist es der Mangel an Alternativen. Die List wird zur Notlösung – nicht aus Freude am Trick, sondern aus dem Gefühl, sonst keine Wahl zu haben.

»Armut sucht List« ist somit nicht nur eine Beschreibung, sondern auch ein stiller Appell: Wer nicht will, dass Menschen zur List greifen müssen, sollte ihnen faire Chancen bieten. Bildung, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe sind die Mittel, um aus listiger Not kluge Möglichkeiten zu machen. Denn wahre Würde braucht keine List – sie braucht Raum zum Leben.

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