Sprichwort über Freigebigkeit
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Wer seinen Besitz schon vor dem Tod verteilt, der verdient, dass ihn der Blitz erschlägt.
Gedanken zum Zitat
Das aus Spanien überlieferte Sprichwort »Wer seinen Besitz schon vor dem Tod verteilt, der verdient, dass ihn der Blitz erschlägt« ist drastisch in seiner Ausdrucksweise und gerade dadurch besonders eindrucksvoll. Es spiegelt eine tiefe kulturelle und emotionale Skepsis gegenüber dem vorzeitigen Verschenken oder Vererben von Eigentum zu Lebzeiten wider. Dabei geht es nicht nur um materiellen Besitz, sondern auch um Macht, Selbstachtung und zwischenmenschliche Erfahrungen.
Der Kern der Aussage liegt in der Warnung: Wer zu früh loslässt, wird schnell vergessen oder schlimmer noch, ausgenutzt. In vielen Lebensgeschichten, sowohl real als auch literarisch, finden sich Beispiele von Eltern oder alten Menschen, die ihr Vermögen zu Lebzeiten an Kinder oder Verwandte weitergeben, in der Hoffnung auf Dankbarkeit, Fürsorge oder Loyalität. Doch statt Dank ernten sie oft Nachlässigkeit, Missachtung oder gar offene Ablehnung, sobald der materielle Nutzen erschöpft ist.
Das Sprichwort artikuliert damit eine bittere Lebenserfahrung, die vielen vertraut ist: Besitz schafft Einfluss, Kontrolle und Respekt. Wer diesen Einfluss freiwillig und zu früh aufgibt, verliert oft mehr als nur das Materielle. Er verliert häufig auch seine Stimme in der Familie, seine Würde, seine Stellung. Die drastische Formulierung mit dem »Blitz« verdeutlicht die emotionale Wucht dieser Enttäuschung. Sie ist Ausdruck des Zorns über Undankbarkeit und menschliche Kälte.
Gleichzeitig liegt im Sprichwort auch eine Mahnung zur klugen Vorsicht und Selbsterhaltung. Es fordert dazu auf, sich selbst nicht vorschnell »abzuschreiben« oder aufzugeben. Besitz bedeutet Verantwortung, nicht nur für das eigene Leben, sondern auch für das Verhalten derer, die ihn empfangen sollen. Wer klug ist, behält seine Mittel so lange, bis er sicher ist, dass sie im rechten Geist weitergegeben werden und nicht als Einladung zur Bequemlichkeit oder Respektlosigkeit dienen.
Das Sprichwort »Wer seinen Besitz schon vor dem Tod verteilt, der verdient, dass ihn der Blitz erschlägt« verdeutlicht, dass Besitz nicht nur ein wirtschaftlicher Wert, sondern auch ein Schutzschild der Würde ist, und dass wahre Großzügigkeit mit Weitsicht und Augenmaß geschehen sollte.