Sprichwort über Fremd
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Fremde macht Leute.
Gedanken zum Zitat
Das Sprichwort »Fremde macht Leute« ist eine prägnante Formulierung für ein tiefgreifendes soziales und psychologisches Phänomen: Menschen verändern sich, wenn sie ihre gewohnte Umgebung verlassen und sich in einer neuen, oft fremden Situation oder Kultur wiederfinden. Die Aussage deutet an, dass der Aufenthalt in der Fremde, sei es durch Reisen, Auswanderung oder berufliche Veränderung, den Charakter und die Persönlichkeit eines Menschen formt – im positiven wie im negativen Sinne.
In der Fremde ist man gezwungen, sich mit neuen Bedingungen auseinanderzusetzen. Vertrautes fehlt, Automatismen greifen nicht mehr, und man muss sich anpassen, beobachten, lernen – oft auch improvisieren. Wer in der Heimat vielleicht unauffällig, schüchtern oder gar abhängig erschien, kann in der Fremde Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit entwickeln. Die Notwendigkeit, selbstständig zu handeln, bringt ungeahnte Fähigkeiten zum Vorschein. Fremde – im Sinne von kultureller, räumlicher oder sozialer Entfernung – wird so zur Schule der Persönlichkeit.
Das Sprichwort hat jedoch auch eine kritische Seite: Es wird manchmal spöttisch gebraucht, wenn jemand nach seiner Rückkehr aus dem Ausland plötzlich »große Reden« schwingt oder sich überheblich gibt. In diesem Fall meint »Fremde macht Leute«: Die Person hat sich verändert – vielleicht zum Positiven, vielleicht aber auch zur Anmaßung, Überheblichkeit oder Unnatürlichkeit. Die neue Umgebung bietet nicht nur Raum zur Entfaltung, sondern auch zur Selbstdarstellung und Maskierung. Es ist die alte Frage: Wird jemand in der Fremde er selbst, oder spielt er eine neue Rolle?