Sprichwort über Zeit
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Andre Zeit, andre Lehre.
Gedanken zum Zitat
Das Sprichwort »Andre Zeit, andre Lehre« drückt auf prägnante Weise aus, wie eng Wissen, Werte und Weltanschauungen an die jeweilige Zeit gebunden sind. Es erinnert uns daran, dass das, was in einer bestimmten Epoche als richtig, klug oder wahr galt, in einer anderen Zeit bereits überholt, umstritten oder gar lächerlich erscheinen kann. Damit beschreibt das Sprichwort einen grundlegenden Aspekt menschlicher Kultur und Bildung: den Wandel.
Zunächst verweist das Sprichwort darauf, dass sich jede Zeit durch eigene Bedingungen, Herausforderungen und geistige Strömungen auszeichnet. Die »Lehre«, also das, was gelehrt, geglaubt oder für richtig gehalten wird, ist nie absolut, sondern meist Ergebnis eines historischen Kontextes. Was im Mittelalter als wissenschaftlich galt, etwa die Vorstellung vom geozentrischen Weltbild, wurde in der Neuzeit durch die heliozentrische Sicht revolutioniert. In der Pädagogik, Medizin oder Ethik ändern sich laufend Erkenntnisse und Haltungen mit oft radikalen Unterschieden zwischen den Generationen.
Das Sprichwort kann auch als Aufforderung zur Toleranz und zum Verstehen geschichtlicher Zusammenhänge gelesen werden. Wer etwa die Vergangenheit beurteilt, ohne die damalige »Lehre« zu verstehen, wird leicht ungerecht. Ebenso sollte man sich davor hüten, gegenwärtige Denkweisen für ewig gültig zu halten. Die Erkenntnis, dass alles im Wandel ist, fördert Bescheidenheit im Urteil und ermutigt, eigene Überzeugungen immer wieder zu prüfen.
Zugleich birgt das Sprichwort eine Warnung: Man darf nicht blind alles übernehmen, nur weil es »zeitgemäß« ist. Nicht jede neue Lehre ist besser, nur weil sie modern ist. Manchmal werden auch gute, bewährte Werte und Einsichten verworfen, nur weil sie »alt« sind. Deshalb verlangt der Satz auch nach Kritikfähigkeit und Maß: Man muss erkennen, wann ein Wandel sinnvoll ist und wann nicht.
In unserer heutigen Welt, die sich durch Digitalisierung, Globalisierung und gesellschaftliche Umbrüche ständig verändert, ist das Sprichwort besonders aktuell. Bildung, Meinungsbildung und moralische Maßstäbe sind in Bewegung. Wer sich in dieser Dynamik zurechtfinden will, braucht historisches Bewusstsein, Offenheit und die Fähigkeit, sich wandelnden Bedingungen anzupassen, ohne dabei sich selbst zu verlieren.
Wer dies versteht, gewinnt die Fähigkeit, klüger, toleranter und reflektierter mit der Welt und ihrer Geschichte umzugehen und bleibt zugleich offen für das Neue, ohne das Alte vorschnell zu verdammen.