Sprichwort über Zeit
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Zeit und Staat bringt manchen Unflat.
Gedanken zum Zitat
Das Sprichwort »Zeit und Staat bringt manchen Unflat« ist ein kritischer, fast resignierter Kommentar zur wechselseitigen Wirkung von Geschichte und Politik auf das Leben der Menschen. Es bringt die Einsicht zum Ausdruck, dass mit dem Lauf der Zeit und unter dem Einfluss staatlicher Machtverhältnisse nicht nur Fortschritt und Ordnung entstehen, sondern auch Missstände, Ungerechtigkeiten und Willkür. Eben das, was hier als »Unflat« bezeichnet wird. Das heute ungebräuchliche Wort »Unflat«, meint Schmutz, moralischen oder politischen Verfall, Unheil.
Das Sprichwort erkennt an, dass Zeit und Staat große Kräfte sind, die Individuen nur bedingt beeinflussen können. Im Wandel der Zeit wechseln Herrscher, Gesetze, Werte und auch gesellschaftliche Ordnungen, wenn auch nicht immer zum Besseren. Die Geschichte kennt viele Beispiele: tyrannische Regime, Kriege, Unterdrückung im Namen des Gesetzes. Die Zeit bringt Fortschritt, aber sie kann auch Verfall und Chaos mit sich bringen. Der Staat schafft Ordnung, kann aber ebenso Missbrauch betreiben, Korruption fördern, Macht gegen die Freiheit der Bürger richten.
In diesem Spannungsfeld zwischen Veränderung und Macht wird deutlich, dass das Individuum nicht immer souverän ist. Der Mensch ist dem Zeitgeist und der Politik ausgesetzt, ob er will oder nicht. Neue Moden, ideologische Strömungen, wirtschaftliche Umbrüche, rechtliche Zwänge – all das beeinflusst Leben und Denken, oft ohne dass man es sofort merkt. Dabei geraten auch Werte ins Wanken, werden verdrängt oder pervertiert. So bringt »Zeit und Staat« im Bild des Sprichworts nicht nur Ordnung, sondern eben auch »Unflat«: moralischen Zerfall, Machtmissbrauch, soziale Kälte.
Doch das Sprichwort ist nicht rein pessimistisch. Es hat auch eine warnende, aufrüttelnde Funktion. Es erinnert daran, dass man sich nicht blind auf den Staat oder die Zeit verlassen sollte. Es fordert dazu auf, wachsam zu bleiben gegenüber politischen Entwicklungen, gegenüber ideologischer Vereinnahmung und gegenüber der Versuchung, alles mit dem Verweis auf »die Zeiten« zu entschuldigen. Auch wenn man den Lauf der Geschichte nicht aufhalten kann, kann man ihn kritisch begleiten. Denn der Mensch bleibt gefordert, inmitten von Wandel und Macht seine Haltung zu bewahren.