Sprichwort über Zeit
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Die Zeit frisst jeden Strick,
und wär' er noch so dick.
Gedanken zum Zitat
Das Sprichwort »Die Zeit frisst jeden Strick, und wär’ er noch so dick« ist eine kraftvolle Metapher für die unaufhaltsame Macht der Zeit. Es bringt auf bildhafte Weise zum Ausdruck, dass nichts, sei es noch so stark, dauerhaft oder scheinbar unzerstörbar, dem Zahn der Zeit widerstehen kann. Der »Strick«, der hier als Sinnbild für Standhaftigkeit, Kraft und Widerstand, steht, wird selbst dann zersetzt, wenn er besonders dick und widerstandsfähig ist. Die Zeit»frisst« ihn, das heißt, sie zerstört ihn Stück für Stück, langsam, aber unerbittlich.
Dieses Sprichwort lässt sich auf viele Lebensbereiche übertragen und erinnert uns daran, dass alles vergänglich ist: Macht, Reichtum, Schönheit, ja sogar Leid und Ungerechtigkeit. Nichts währt ewig, weder das Gute noch das Schlechte. Der dicke Strick kann zum Symbol für menschliche Stärke, für Institutionen oder für feste Überzeugungen stehen, doch auch diese werden früher oder später durch den Lauf der Zeit verändert, geschwächt oder gar aufgelöst.
Im positiven Sinne kann das Sprichwort Trost spenden. Es zeigt, dass selbst schwere Lebensphasen, Kummer oder Schmerz nicht ewig andauern. So dick der Strick der Trauer oder des Leids auch erscheinen mag, mit der Zeit verliert er seine Macht. Das Leben geht weiter, und mit ihm verändert sich unser Erleben und Fühlen. Die Zeit heilt zwar nicht alle Wunden, aber sie vermag sie zu mildern, sie »frisst« ihre unmittelbare Schärfe auf.
Gleichzeitig enthält das Sprichwort eine Warnung: Auch das, worauf wir bauen, Beziehungen, Pläne, unsere körperliche Kraft oder materielle Sicherheiten, ist nicht für die Ewigkeit gemacht. Wer glaubt, dass seine Macht, seine Position oder sein Besitz unvergänglich sind, verkennt die Kraft der Zeit. Selbst der stärkste Strick löst sich auf. Daraus spricht eine tiefe Lebensweisheit: Man soll das Leben nicht als etwas Festes betrachten, sondern als einen ständigen Wandel begreifen.
Nichts hat auf Dauer Bestand, weder Gutes noch Schlechtes. Diese Erkenntnis kann sowohl trösten als auch mahnen: Trösten in Zeiten des Schmerzes, mahnen in Zeiten der Selbstsicherheit. Und es lädt dazu ein, das Leben bewusst zu gestalten, im Wissen darum, dass alles im Fluss ist – auch das, was heute noch fest und unerschütterlich scheint.