Sprichwort über Zunge

  • Zwo Zungen stehen übel in einem Munde.

Gedanken zum Zitat

Das Sprichwort »Zwo Zungen stehen übel in einem Munde« bringt in bildhafter Sprache eine grundlegende Kritik an Unaufrichtigkeit zum Ausdruck. Gemeint ist damit eine doppelte Redeweise, also das Phänomen, mit zwei »Zungen« zu sprechen: heute so, morgen anders, vorne freundlich, hinten gehässig, je nach Situation opportunistisch. Wer mit zwei Zungen spricht, ist unehrlich, doppelzüngig, und damit in vieler Hinsicht gefährlich.

In der Gesellschaft ist eine klare, verlässliche Sprache ein zentrales Fundament für Vertrauen. Menschen, die ständig ihre Meinung wechseln, sich widersprechen oder anderen nach dem Mund reden, untergraben dieses Vertrauen. Sie sind schwer einschätzbar und werden bald als unzuverlässig oder manipulativ wahrgenommen. Das Sprichwort warnt somit nicht nur vor Täuschung, sondern auch vor einem charakterlichen Mangel, der soziale Beziehungen vergiftet.

Die Metapher der »zwei Zungen« erinnert auch an die biblische oder mythologische Vorstellung der »gespaltenen Zunge«, wie sie etwa der Schlange im Paradies zugeschrieben wird. Sie steht für List, Verführung und Unwahrheit. Wer mit zwei Zungen redet, täuscht andere bewusst, sagt das eine und meint das andere, sei es aus Angst, aus Berechnung oder aus purer Gewohnheit. Doch dieses Verhalten hat Konsequenzen: Es zerstört Integrität, macht misstrauisch und isoliert denjenigen langfristig von ehrlicher Gemeinschaft.

Gleichzeitig ruft das Sprichwort zur Selbstreflexion auf. Denn wer mit sich selbst nicht im Reinen ist, wer innen anders denkt als er außen spricht, lebt in innerem Widerspruch. Die Zunge wird hier zum Symbol für das Verhältnis von Innenwelt und Außenwirkung. Eine ehrliche, kohärente Sprache verlangt Mut zur Wahrheit- auch dann, wenn sie unbequem ist. In einer Welt voller Worte ist das vielleicht die wichtigste Währung.

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