Biografie

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Friedrich Hölderlin

Johann Christian Friedrich Hölderlin, geboren am 20. März 1770 in Lauffen am Neckar, entstammte einer württembergischen Rats- und Pfarrerfamilie. Sein Vater war Klosterpfleger, die Mutter eine Pfarrerstochter.

Als Hölderlin zwei Jahre alt war verstarb sein Vater und die Mutter heirate nach zwei Witwenjahren den Weinhändler und späteren Bürgermeister von Nürtingen Johann Christoph Gok. Doch auch der Stiefvater verstarb als Hölderlin neun Jahre alt war.

Hölderlin besuchte zunächst die Lateinschule in Nürtingen und dann, nach der Konfirmation, von 1784-1788 die evangelischen Klosterschulen in Denkendorf und Maulbronn. Es folgte auf den Wunsch der Mutter ein Studium der Theologie an der Universität Tübingen. Als Stipendiat im Tübinger Stift lernte er die zukünftigen Philosophen Georg Wilhelm Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling kennen und freundete sich mit diesen an.

Da Hölderlin sich weigerte, eine kirchliche Laufbahn einzuschlagen, musste er zunächst als Hauslehrer für Kinder wohlhabender Familien arbeiten. Von 1793-1794 hatte Hölderlin eine Anstellung als Hauslehrer bei Charlotte von Kalb in Waltershausen im Grabfeld. 1794 besuchte der die Universität Jena, um dort Vorlesungen von Johann Gottlieb Fichte zu hören. Während dieser Zeit lernte er Goethe und Schiller kennen sowie auch den Dichter Novalis (Friedrich von Hardenberg). Im Mai 1794 machte Hölderlin die Bekanntschaft von Isaac von Sinclairs mit dem er ab April 1795 ein Gartenhäuschen in Jena bewohnte. Aber schon im Mai 1795 verließ er Jena fluchtartig, weil er glaubte, sein Vorbild Schiller enttäuscht zu haben. Verwirrt und leicht verwahrlost tauchte er wieder in seiner Heimatstadt Nürtingen auf, wo er einige Zeit blieb, bis er 1796 in Frankfurt Hauslehrer des Sohns von Bankiers Jakob Gontards wurde. Dessen Frau Susette wurde Hölderlins große Liebe und wohl auch das Vorbild für die "Diotima" seines Briefromans "Hyperion". Als Gontard von der Beziehung erfuhr, musste Hölderlin das Haus des Bankiers verlassen, hatte aber bis 1800 weiterhin heimlichen und brieflichen Kontakt zu Susette.

Hölderlin flüchte zu seinem Studienfreund Isaac von Sinclair nach Homburg. Damals wurde bei ihm erstmals eine schwere "Hypochondrie" festgestellt, die sich nach seinem letzten Treffen mit Susette Gontard in 1800 verschlechtern sollte.

Im Januar 1801 erhielt er in der Schweiz die Gelegenheit, die jüngere Schwester des Kaufmanns Emanuel von Gonzenbach zu unterrichten. Hölderlin blieb drei Monate dort, bis ihm wiederum gekündigt wurde. Anfang 1802 fand er eine Tätigkeit als Hauslehrer der Kinder des Hamburger Konsuls und Weinhändlers Meyer in Bordeaux, doch auch diese dauerte nur wenige Monate und Hölderlin kehrte Juli 1802 erneut in verwirrtem und verwahrlosten Zustand zurück. Hier erreichte ihn die Nachricht vom Tode Susette Gontards die kurz zuvor in Frankfurt an den Röteln verstorben war.

Hölderlin kehrte zurück zur Mutter nach Nürtingen und stürzte sich in Arbeit. Unter anderem übersetzte er Sophokles und Pindar, nach dessen Vorbild er auch seine eigenen Gesänge konzipierte. Hölderlins lyrischer Ausdruck lehnte sich an die antiken Vorbilder an. In der lyrischen Entwicklung führte sein Weg von verschiedenen Form- und metrischen Experimenten über die Ode und Elegie zu den Hymnen, die er in freien Rhythmen schuf.

1804 verschaffte ihm sein Freund Sinclair eine Stelle als Hofbibliothekar, wobei Sinclair das Gehalt aus eigener Tasche zahlte. Für den Homburger Landgrafen Friedrich V. entstand unter anderem der Gesang "Patmos". Dieser war Teil eines großangelegten Zyklus' "vaterländischer Gesänge". 1805 wurde mit seinen "Nachtgesängen" auch das berühmte kurze Gedicht "Hälfte des Lebens" veröffentlicht.

Im Februar 1805 wurde Sinclair jedoch wegen angeblichen Hochverrats verhaftet. Hölderlin sollte zunächst auch angeklagt werden, doch wurde die Klage fallengelassen, nach dem im April 1805 erstmals in einem Gutachten attestiert wurde, dass er zerrüttet und sein Wahnsinn in Raserei übergegangen sei. 1806 wurde Hölderlin mit Gewalt nach Tübingen in eine Klinik gebracht und später in 1807 der Tischlerfamilie Zimmer in Pflege gegeben. Bei ihr lebte er vier Jahrzehnte in einem Turmzimmer ("Hölderlinturm") in Tübingen. Hier arbeitete Hölderlin bis zu seinem Tod am 7. Juni 1843.

Im 19. Jahrhundert galt Hölderlin galt als junger romantischer Melancholiker und bloßer Nachahmer Schillers, der kaum gelesen wurde, zumal es mangels Veröffentlichungen ohnehin nur wenig zu lesen gab. Viele seiner Werke wurden erst nach seinem Tod veröffentlicht. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er wiederentdeckt und gilt heute als einer der bedeutendsten deutschen Lyriker.

Wilhelm Waiblinger, einem jungen Dichter und Bewunderer, der Hölderlin in den 1820er Jahren wiederholt besuchte, ist nicht nur eine romantische Stilisierung des wahnsinnigen Hölderlin während dieser Zeit zu verdanken, sondern auch die Überlieferung des apokryphen, vielleicht den Gesängen zuzuordnenden Prosatextes "In lieblicher Bläue". Als Wahnsinniger tritt Hölderlin auch in Eduard Mörikes Roman "Maler Nolten" auf. Auch Mörike hatte den Dichter in Tübingen besucht. Des Weiteren erscheint Hölderlin als wahnsinniger "Freund Holder" in Justinus Kerners "Reiseschatten".

Über Hölderlins Leben im Turm wurde viel spekuliert, aber trotz der Besuche seiner Kollegen ist nur wenig darüber bekannt. In den ersten Jahren nach dem Klinikaufenthalt nahm Hölderlin das dichterische Schaffen wieder auf, jedoch zeigten sich häufig starke und länger andauernde Erregungszustände mit nachfolgender Apathie. Seit dem April 1812, wo er eine schwere körperliche Erkrankung durchmachte, wurden die Erregungszustände seltener und milder. Hölderlin dehnte seine soziale und künstlerische Aktivität wieder aus und spielte beispielsweise viel Klavier. Ebenso nahm er die Korrespondenz mit seiner Mutter wieder auf, wenn er auch in seinen Briefen eigentümlich formelhaft blieb. Im Jahr 1813 erlebte er die Geburt der Zimmer’schen Tochter Lotte, welche ihn den Rest seines Lebens begleiten sollte; zunächst als kindliches und jugendliches Familienmitglied, später als seine Pflegerin.

Die Besuche Wilhelm Waiblingers ab 1822 bis 1826, mit dem er lange und ausgedehnte Spaziergänge unternahmen, regten Hölderlin an, wieder künstlerisch aktiver zu werden.

Zu Hölderlins Lebzeiten wurde jedoch nur ein Bruchteil seines Werkes veröffentlicht, und erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden einige Texte aus der Zeit nach 1800 herausgegeben; zuvor waren vom Spätwerk nur die sogenannten "Nachtgesänge" bekannt. Wie viel von Hölderlins Werk tatsächlich bekannt ist, lässt sich freilich nur schwer abschätzen, denn es wurde berichtet, dass Ernst Zimmer, bei dem Hölderlin in Pflege war, in den 1840er Aufzeichnungen Hölderlins aus diesen Jahren in großen Mengen vernichtet habe. Welche Schätze da möglicherweise vernichtet wurden, kann man nur erahnen.

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