Biografie

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Jens Reich

Der deutsche Mediziner und Molekularbiologe Jens Georg Reich ist am 26. März 1939 in Göttingen zur Welt gekommen.

Reich, der später vor allem als Bürgerrechtler in der untergehenden DDR während der Wendezeit bekannt geworden ist, studierte von 1956-62 Medizin und Mulekularbiologie an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin und arbeitete anschließend als Assistenzarzt am Salvator-Krankenhaus Halberstadt. In den Jahren 1961-68 erfolgte eine zusätzliche biochemische Fachausbildung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, wo er ab 1964 als Wissenschaftler tätig war. 1964 promovierte Jens Reich zum Dr. med. an der Humboldt-Universität und 1976 zum Dr. sc.

Seit 1968 war Reich Wissenschaftler am Zentralinstitut für Molekularbiologie der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch und spezialisierte sich auf dem Gebiet der Computeranwendungen in der Biologie und Medizin.

Als Wissenschafter genoss Jens Reich einen unzweifelhaften Ruf der ihm 1974/75 und 1979/80 Forschungsaufenthalte am Institut für Biophysik der sowjetischen Akademie der Wissenschaften in Puschtschino bei Moskau einbrachte, sowie 1980 eine Professor für Biomathematik. Zeitweise war Reich Abteilungsleiter im Zentralinstitut für Molekularbiologie der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch.

Allerdings geriet Reich wiederholt in Konflikt mit dem sozialisten System der DDR. 1969/70 war er Mitbegründer und Teilnehmer des privaten "Freitagskreises", der aus rund 30 Oppositionellen bestand, die sich heimlich trafen und eine "Analyse des verrotteten Systems" vornahmen. Der Kreis wurde ab den 80er Jahren systematisch vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) abgehört und protokolliert.

1984 erfolgte dann die Rückstufung zum wissenschaftlichen Mitarbeiter, wegen der Weigerung, seine Kontakte zu Bundesbürgern abzubrechen und in eine der Blockparteien einzutreten. Reich wurden außerdem weitere Reisen in westliche Länder verweigert.

Unter dem Pseudonym "Thomas Asperger" veröffentlichte Reich 1988 in der Zeitschrift "Lettre International" Artikel die sich der kritischen Analyse der DDR widmen. Ein jahr später, im September 1989, war er Co-Autor des Aufrufs "Aufbruch 89 - Neues Forum".

Von März bis Oktober 1990 war Jens Reich Abgeordneter der Volkskammer für das Neue Forum in der Fraktion Bündnis 90/GRÜNE und von Oktober bis Dezember Mitglied des Bundestages.

Seit der Wiedervereinigung arbeitete Reich wieder als Abteilungsleiter für Biomathematik am Zentralinstitut für Molekularbiologie in Berlin und veröffentlichte seit 1990 zahlreiche Arbeiten und Essays, wie beispielsweise "Rückkehr nach Europa. Zur neuen Lage der Deutschen Nation" (1991), "Abschied von den Lebenslügen. Die Intelligenz und die Macht" (1992) und "Deutschland - Chance und Risiko" (1994).

Von 1990 bis 1992 war Jens Reich Vorsitzender der DDR-Sektion der Internationalen Organisation "Ärzte zur Verhinderung eines Nuklearkrieges" (IPPNW).

Im Mai 1994 kandidierte Reich als unabhängiger Kandidat zur Wahl des Bundespräsidenten. Befürworter seiner Kandidatur waren die Jugendorganisationen der Bonner Parteien SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Reich betätigte sich auch als persönlicher Berater des SPD-Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping und hält seitdem Kontakt zur SPD und den Bündnisgrünen und hat außerdem keine Berührungsängste mit der PDS.

Im Jahr 1997 war Jens Reich Gründungsmitglied des " Willy-Brandt-Kreises" in Berlin, der von Günter Grass und Egon Bahr initiiert wurde.

Von 2008 bis 2012 gehörte Reich dem Deutschen Ethikrat an und war seit 2001 bereits Mitglied in dessen Vorläufer, dem Nationalen Ethikrat. Seit 1990 ist er Mitherausgeber der politisch-wissenschaftlichen Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik" und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Für sein Wirken erhielt Jens Reich viele Auszeichnungen. Darunter 1991 den Theodor-Heuss-Preis, stellvertretend für die vielen Bürgerrechtler in der ehemaligen DDR. Im Jahr 2009 erhielt Reich den Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Preis, der in jenem Jahr vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina erstmals vergeben wurde. Im selben Jahr wurde Reich auch mit dem Schillerpreis der Stadt Marbach am Neckar ausgezeichnet.

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