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Robert Reinick

Robert Reinick kam am 22. Februar 1805 in Danzig zur Welt. Doch schon als kleiner Junge musste er mancherlei Unglück ertragen. Es kam die Zeit des großen Krieges, den die verbündeten Deutschen und Russen gegen Napoleon führten. Robert war acht Jahre alt - und Danzig eine der stärksten Festungen, die die Franzosen vor ihrem Rückzug besetzt hatten. Es folgte eine hartnäckige Belagerung bei der viele Menschen das Leben verloren. Die geängstigten Bewohner der Stadt flüchteten sich in die Keller: so musste auch Reinicks Familie mehrere Monate in einem Keller zubringen. Dabei wurden die Lebensmittel immer teurer und der Hunger nahm zu.

Kaum war es endlich Friede, starb Reinicks Mutter. Von da an mussten seine älteren Schwestern ihn pflegen und bemuttern, obgleich sie selbst noch sehr jung waren. Kurze Zeit darauf starb auch sein Vater. Der verweiste Junge und sein jüngster Bruder wurdem einem Prediger anvertraute, der väterlich für die beiden sorgte. In seiner Familie blieb Reinick so lange er das Gymnasium besuchte.

Da Reinicks Vorfahren ansehnliche Bürger und Kaufleute ihrer Stadt waren und sehr auf ihren Ruf der Ehrenhaftigkeit und des Biedersinns bedacht, machte dies auch auf den Knaben einen tiefen Eindruck und bestärkte ihn von Kindheit an, auch ein braver Mann zu werden. Besonders aber war es eine Tugend, die fest in seinem Wesen begründet war, die Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit: nie war er einer Lüge, nie einer Heuchelei, nie eines falschen Scheines fähig: wie er war, so gab er sich. Dieser Liebe zur Wahrheit ist er sein ganzes Leben treu geblieben, so als Mensch, wie später als Künstler und Schriftsteller: nie war in ihm etwas Erkünsteltes, etwas Erborgtes oder Gemachtes.

Anders als seine Vorfahren hatte Robert Reinicks jedoch keinen rechten Sinn für den Handel. Der Junge sollte zwar studieren und besuchte auch fleißig die Schule und das Gymnasialunterricht, das er mit der Reife für die Universität beendete. Aber schon damals hatte er mehr Lust und Liebe zum Zeichnen und Malen und bei sich beschlossen, ein Maler zu werden. Da es in Danzig wenig Gelegenheit gab, die Grundsätze der Kunst zu erlernen, ging Robert im Alter von zwanzig Jahren nach Berlin wo er zunächst die Kunstakademie in Berlin besuchte und ab 1827 bei Carl Joseph Begas lernte.

Robert Reinick war aber mit einer weiteren schönen Gabe gesegnet: der Dichtkunst. Wenn er hinaustrat in Garten und Feld und den blühenden Obstbaum und auf glitzernden Tautropfen den goldenen Sonnenschein sah, und über den Blumen die summenden Käfer und die bunten Schmetterlinge, da regte in ihm sich die reinste Freude an der Schönheit der Natur: sie sprach zu ihm, als ob er die Unterhaltung der Tiere und das Geplauder der Blumen verstände, und das Alles gestaltete sich zu Liedern, die wieder ähnliche Empfindungen in Anderen wachriefen, die sie lasen und sangen, und das geschah oft, wenn er sich Abends in der Feierstunde nach vollbrachtem Tagewerk mit seinen Freunden im Freien erging.

Damals lernte er auch den Dichter und Kunstschriftsteller Franz Kugler kenne, ebenso den Dichter Adelbert von Chamisso dessen Umgang entscheidend auf Reinicks Geistesrichtung einwirkte.

Es vergingen sechs Jahre, während deren Robert Reinick viel reiste: nach Nürnberg zur Grundsteinlegung des dem alten deutschen Meister Albrecht Dürer geweihten Denkmals, nach München, nach dem Harz, wo er seine ersten Studien nach der Natur und Heimat malte.

Inzwischen war eine neue Kunstschule in der Stadt Düsseldorf am Rhein durch den Meister Wilhelm Schadow gegründet zu der bereits mehrere seiner Freunde gewechselt waren. So wandte sich auch Reinick dorthin, dem es aber nicht so recht wohl wurde in der großen Stadt, wo man weit und breit nur reihenweise gepflanzte Bäume und keine Berge und blauen Fernen sah.

Es war dennoch ein schönes Leben damals in Düsseldorf; Reinick lebte im Kreise junger Maler. Unter der Oberleitung des Direktors stand die ganze Kunstlehranstalt oder Akademie: in großen Sälen zeichneten und malten die Jüngeren unter der Aufsicht besonderer Lehrer, die Älteren saßen zu zwei und drei zusammen in hellen Ateliers und arbeiteten an eigenen Bildern; und fast täglich kam der Meister Schadow zu Jedem und sah nach, was er gearbeitet, lobte, tadelte, besserte, wie es ihm eben nötig schien. Und Abends, da ging er mit seinen älteren Schülern, die bald auch seine Freunde wurden, hinaus ins Feld: da wurde Sommers in einem kleinen Garten gesessen, oder zur Erheiterung und Bewegung Kegel geschoben, oder man ging noch weiter hinaus auf einen waldigen Hügel, von dessen Spitze man die Stadt und Gegend mit dem breiten Rheinstrom und bis in blauer Ferne die Gipfel des Siebengebirges hinter Bonn und die Türme der ehrwürdigen Stadt Köln erblickte. Sonntags wurde oft auch zu einem drei Stunden entfernten lieblichen Tale gegangen, von dessen Felsen muntere Lieder in das Tal hinabtönten. Im Herbst aber, wo die Akademie ihre Ferien hatte, machte man weitere Ausflüge nach den schönen Gegenden am Rhein hinauf, bestiegen alte Ritterburgen und fuhren im Nachen über den schönen Strom.

Bisweilen wurden auch größere Feste gegeben, wo alle diese jungen Künstler mitwirkten, wenn es galt, einen besonders feierlichen Tag, oder den Besuch eines hohen Beschützers der Kunst auszuzeichnen. Da aber war Reinick erst recht unentbehrlich mit seiner Gabe der Dichtung, die den Ausdruck für jede frohe Stimmung zu finden und zu veredeln wusste. Diese frohen Scherze waren stets nur eine Erholung nach reger Tätigkeit, und gaben wieder zu neuer Arbeit Lust und Mut. Diese Zeit prägte Reinick genauso wie seine Herkunft und Kindheit. Er hatte bei jeder Gelegenheit einen frohen und doch auch einfühlsamen Spruch parat und erreichte die Gemüter der Freunde. Belehrung und hochgeistige Themen waren nicht sein Ding, Reinick sprach das aus, was er fühlte und erweckte damit ähnliche Gefühle bei seinen Zuhörern.

Im Jahre 1838 reiste Robert Reinick nach nach Italien, wo es auch viele seiner Freunde hinzog. Er sammelte viele Eindrücke im Land der Kunst und Denkmäler - und auch das gesellige Leben kam nicht zu kurz. Auch dort wurde seine gesellige Liebenswürdigkeit, sein milder Sinn, der alles, was sonst in vielen Richtungen auseinander fiel, zum gemeinsamen Frohsinn zu vereinen wusste, bald erkannt und in Anspruch genommen. Die Vereinigung der deutschen Künstler in Rom wählte ihn zu ihrem Präsidenten, als welcher er die geselligen Zusammenkünfte ordnen und ihnen vorstehen musste.

Aber auch die schönen Tage in Italien waren irgendwann vorbei und nahmen für Reinick ein trauriges Ende. Wiederkehrende Leiden, zu denen sich noch ein Augenübel gesellte, zwangen ihn, unmittelbar aus Italien nach Gräfenberg in die Wasserheilanstalt, wo er ohne wesentliche Besserung fast ein Jahr verweilte, und dann, noch halbkrank, nach seiner Heimat zurückkehrte. Erst die Seebäder von Zoppot bei Danzig schienen ihm wohl zu tun, und einige Zeit genoß er einer besseren Gesundheit.

Im Jahre 1844 heiratete Reinick und ließ sich in Dresden nieder, wo er bis zu seinem Tode als Dichter, Übersetzer und Kunstmaler wirkte. Zu seinem Bekannten- und Freundeskreis gehörten neben Franz Theodor Kugler und Theobald von Oer auch Musiker wie Robert Schumann, Richard Wagner und Ferdinand Hiller. Letzterer vertone 10 Lieder Reinicks für dessen "ABC-Buch für kleine und große Kinder". Für dieses Buch zeichnete jeder aus dem Kreise seiner guten Freunde einige Bilder zeichnete und Reinick verfasste zu jedem eine hübsche Geschichte oder ein Lied. Dann folgte ein niedliches Märchen, die Wurzelprinzessin und eine Sammlung Fabeln und Lieder.

Der letzte Abschnitt seines Lebens verlief für Robert Reinick ohne äußere Störungen in friedlicher Stille, aber desto reicher an tiefgefühlten Freuden einer glücklichen Häuslichkeit, reich an Früchten einer ununterbrochenen Tätigkeit. Auch der Sturm und Drang Mitte des 19. Jahrhunderts konnten einen Charakter, wie den seinen, milde, versöhnlich, fromm und kindlich, allen Ausschreitungen feind, nicht aus seinem Gleis drängen. Er sah die Begebenheiten der Welt in einem verklärten Licht der Liebe und Poesie. Seine meiste Zeit und größte Liebe widmete er in diesen Jahren der deutschen Kinderwelt.

Doch dann verschlimmerte sich Reinicks Gesundheitszustand immer mehr; und weder Ärzte noch Badekuren mochten ihm mehr helfen. Aber in der Geduld, mit er in stets gleicher Heiterkeit seine oft großen Schmerzen ertrug, gab er allen, die ihm nahe waren, ein schönes Beispiel. Am 7. Februar 1852 starb Robert Reinicks in seinem Haus in Dresden.

Es bleibt die Erinnerung an einen Menschen- und Kinderfreund, der mit seiner Dichtung weder andere belehren noch irgend etwas verändern wollte. Sein Anliegen war einzig die unterhaltende Poesie. Mit seinem "ABC-Buch für kleine und große Kinder" sowie das nach seinem Tod von seinen Freunden herausgegebene "Lieder eines Malers mit Randzeichnungen seiner Freunde" setzte sich Reinicks selbst ein Denkmal. Ein weiteres setzte ihm Loriot, der in seinem Film "Ödipussi" das von Johannes Brahms vertonte Reinick-Gedicht "Wie ist doch die Erde so schön, so schön!" (wieder) einem breiten Publikum bekannt machte.

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