Vereinigte Staaten von Europa

Warum eigentlich nicht? fragt Tom Borg

Anstatt die nationalen Gewichtungen täglich aufs neue auszupendeln, wäre es da vielleicht nicht besser, mit dem Mut und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft eine Europäische Union zu einer Europäischen Heimat zu machen, den Vereinigten Staaten von Europa? Was soll ein Europäischer Pass nützen, wenn es keine gemeinesame Europäische Nation gibt?

Die Europäische Union verspricht, gemeinsam stärker zu sein, will gemeinsam Ziele erreichen, die alleine nicht zu erreichen wären. Aber das gemeinsam Erreichte teilen oder abgeben oder gar andere darüber bestimmen lassen, das will in Europa niemand. Jeder Staat will sein eigenes Süppchen kochen und betrachtet Europa primär als Zahlmeister für die eigenen Interessen. Daraus resultiert ein Spannungsfeld wie in einer Familie: Man gehört zusammen, lebt zusammen – und will trotzdem alles selber entscheiden und sein Leben nach den eigenen Interessen ausrichten. Was in der Familie so nicht grenzenlos funktioniert, das kann in der Großfamilie Europa sicherlich auch nicht funktionieren. Da helfen auch Beschwörungsformel wie die des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler wenig:

"Die Euro-Zone ist eine Schicksalsgemeinschaft. In diesem Bewusstsein müssen die Staaten ihre Politik abstimmen. Das heißt nicht, dass alle das Gleiche machen müssen. Das heißt auch nicht, dass wir etwa unsere Sozialsysteme alle auf den gleichen Nenner bringen. Aber es heißt, dass Unterschiede in der Produktivität, in der Zinsentwicklung, in den Lohnkosten nicht so groß werden dürfen, dass die Spannungen am Ende zum Knall führen." (in einem FOCUS-Interview am 20.03.2010)

Dem in wirtschaftlichen Fragen bewanderten Horst Köhler müsste dabei jedoch klar sein, dass auch die kleinste Abweichung zwischen zwei Staaten zu wirtschaftlichen Vorteilen (aus)genutzt wird. In unserer Informationsgesellschaft verbreiten sich Statistiken wie Gerüchte, und Vermutungen ersetzen logisch begründetes Verhalten. Köhler verlangte dementsprechend mehr Mut zu Reformen in Deutschland. "Es geht um einen neuen Aufbruch zu Reformpolitik", sagte er in dem Interview. "Wir brauchen Langfristigkeit in der politischen Gestaltung und müssen Abstand nehmen von kurzlebigen Programmen."

Langfristig war jedoch nicht einmal Köhlers eigene Amtszeit als Bundespräsident; und kein Manager dem ein Bonus winkt wird auf einen kurzfristigen Erfolg verzichten, um vielleicht in der Zukunft einen solideren Erfolg einfahren zu können. Manager werden bei Bedarf ausgewechselt wie Fußballtrainer in der Bundesliga. Treffen die Spieler nicht ins Tor, muss ein neuer Trainer her. Und der braucht keinen Meistertitel, sondern muss die nächsten Spiele gewinnen, damit er nicht gleich wieder gefeuert wird.

Bei dieser "Grab and Run" Mentalität sollte man wenigsten den Teil der Spekulationen eliminieren, der durch nationale Interessen zustande kommt. Anstatt sich bei einem europäischen Airbus darüber zu streiten, an welchen Standorten die Flieger zusammengeschraubt werden sollen, wäre es sinnvoller zu überlegen, wie man die Flugzeuge für den Weltmarkt verbessern kann. Es ist nur ein Beispiel für nationale Interessen in der europäischen Union. Anstatt die nationalen Gewichtungen täglich aufs neue auszupendeln, wäre es da vielleicht nicht besser, mit dem Mut und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft eine Europäische Union zu einer Europäischen Heimat zu machen, den Vereinigten Staaten von Europa? Was soll ein Europäischer Pass nützen, wenn es keine gemeinesame Europäische Nation gibt? Warum nicht die jetzigen Staaten als eine Art Bundesländer im Vereinigten Europa installieren und mit wirklich einer Stimme sprechen, sich als eine Europäische Großfamilie fühlen? Der Eigennutz von Firmen, Konzernen und Nationen spricht wohl dagegen. Ein jeder will die Europäische Union, aber für sich selbst das größte Stück davon. Damit dieses auf Dauer etwas wert bleibt, bedarf es wohl noch vieler Reformen. Aber aus vielen Landesfürsten wurde einst das Deutsche Kaiserreich. Und aus vielen Nationen werden irgendwann die Vereinigte Staaten von Europa werden – wetten dass…?!

— 20. März 2012
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