Gesellschaftliche Anteilnahme

Sind wir eine Gesellschaft mit ignoranten Schein-Interessenten? fragt Sarah Walter

Es ist manchmal sehr erstaunlich, wie schnell das scheinbare Interesse der Gesellschaft an den Zuständen der Welt ansteigt, anhält, aber dann auch genauso schnell wieder abnimmt. Kaum passiert etwas Schreckliches, scheinen sich alle plötzlich dafür zu interessieren.

Sind die Medien der Grund dafür? Jede einzelne Neuigkeit trichtern sie jedenfalls in die Köpfe der Menschen ein, meist noch mit dem Hinterlassen einer Meinung, die dann jedoch abhängig von den Berichten gebildet wird, ohne dass man eine wirkliche Ahnung von dem Thema hat. Die Medien geben indirekt vor, wie die Meinung dazu ist.

Spiegel, Bild oder Focus kritisieren etwas - und schon sind alle dagegen und glauben genug über die wirklichen Tatsachen zu wissen. Irgendwo schreibt jemand, dass Windräder zur Energiegewinnung die Landschaft verunstalten, schon lehnt man Windräder aus Prinzip allein schon ab - unabhängig davon, ob man überhaupt schon mal eines davon zu Gesicht bekommen hat. Immerhin muss man sich ja eine Meinung bilden. Wie soll man denn sonst an kompetenten gesellschaftlichen Diskussionen teilnehmen? Voraussetzung ist ja allein schon das Wissen darüber - meist dann eher nur oberflächlich, da man sich schließlich alles nur aus den Medien heraus zieht, ohne genaue Recherchen durchzuführen - und dann noch die eigene Meinung. Sich solchen Diskussionen anschließen zu können ist doch der eigentliche Grund, warum sich Menschen plötzlich für ein bestimmtes Thema interessieren und versuchen, alles mitzubekommen. Andere auch nur, um etwas zu finden, über das sie sich dann aufregen können, schon zwang-mäßig danach suchen.

Andere versuchen scheinbar ihre Besorgnis und Betroffenheit zu äußern, wenn ein großes Unglück in der Welt geschehen ist, wie z. B Überflutungen, Erdbeben, etc.. Versuchen Mitleid zu zeigen. Ob es sie letztlich wirklich interessiert oder sie nur nicht für desinteressiert und ignorant gelten wollen, sei mal dahingestellt, denn man kann nicht in die Köpfe der Menschen schauen - und in ihre Herzen schon gar nicht.

Jedoch ist die tatsächliche Anteilnahme und Betroffenheit der Gesamtheit eher anzuzweifeln. Man nehme beispielsweise das Unglück auf den Philippinen. Als der Taifun Haiyan dort wütete, vielen Menschen das Leben nahm und Hunderttausende zu Obdachlosen machte, da waren die Nachrichten voll damit, man sprach über nichts anderes. Seitdem ist noch nicht allzu viel Zeit vergangen, doch redet jemand heute noch darüber? Nein!, obwohl sich die Lage immer noch nicht deutlich verändert hat, geschweige denn alles wieder so wie vorher sei. Aber wen interessiert es? Niemand fragt danach, steht ja nicht in den Medien.

Ist unsere Gesellschaft also lediglich ein medienorientierter, mediengesteuerter Haufen? Sind wir streng genommen eigentlich alle nur Schein-Interessenten, die ein ignorantes Leben führen und nur zur Vermeidung der Ausgrenzung, eine bestimmte Anteilnahme zeigen? Solange diese Überlegungen nicht in den Medien vorzufinden sind, wird vermutlich keiner ernsthaft darüber nachdenken...

— 29. Juni 2014
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