Die Macht der Mode und der Einfluss auf unser Selbstwertgefühl

"Kleider machen Leute" - das galt in vergangenen Jahrhunderten ebenso wie heute. Mode ist ein wichtiger Bestandteil unser aller Leben, wenn auch für einige Menschen mehr als für andere. Dabei ist vor allem interessant, dass die Macht der Mode keinesfalls nur Schwarz oder Weiß ist - sie kann sich ebenso positiv wie negativ auf unser Selbstwertgefühl auswirken.

Der Wert des ersten Eindrucks

Augen, Haare, Körper und Haut: All das macht uns als Menschen optisch aus, aber allein schon flächenmäßig wird der erste Eindruck durch die getragene Kleidung geprägt. Nicht umsonst tragen Outfits und Stile so ausdrucksvolle Namen wie "Smart Casual" - bereits anhand der Bezeichnung geht hervor, was der spätere Eindruck des Trägers der Kleidung zementieren soll.

Wir alle verbinden psychologisch mit bestimmten Kleidungsstücken und Stilen verschiedene Eigenschaften: Da ist der "feine Herr", angelehnt an den früheren Gentleman und Adelshäuser, im schicken Maßanzug - oder die Frau im seidenen Kleid. Wer hingegen auf eine Person mit großem Basecap, Baggy-Hose und weitgeschnittenem Oberteilt trifft, der vermutet sofort: Hier wird den musikalischen Vorbildern von 50 Cent bis Eminem nachgeifert - und auch das Wacken-T-Shirt trägt man natürlich nicht weil es so schön aussieht, sondern weil man allen anderen Menschen seine Zugehörigkeit zur Metal- und Festival-Fangemeinde kommunizieren möchte.

Dabei spielen die ursprünglichen Anfänge und Wurzeln der Kleidungsstücke im Zeitgeist nicht einmal unbedingt eine Rolle: Der Nike Air Force 1 wurde Anfang der 1980er-Jahre als reiner Basketballschuh entwickelt, heute bekommt er wesentlich mehr Tragezeit auf der Straße als auf dem Court. Warum? Weil sich der Sneaker, wie auch so viele andere Modelle, zur gesellschaftlichen Ikone entwickelte - und gleichermaßen oft genug von Prominenten getragen wird, um auch als "Normalo" eine psychologische Verbindung zu dieser Gruppe der Schönen und Reichen, Coolen und Lässigen herzustellen.

Wenn Kleidung Selbstwertgefühl herbeiführt - bis hin zur völligen Eigendefinition über Marken und Designer-Brands

Beispiele wie die zum Nike-Sneaker gibt es reichlich: Denn ob bewusst oder unterbewusst, wir alle ziehen uns an, um einerseits uns selbst und andererseits anderen Menschen zu gefallen - das hat die Wissenschaft längst bewiesen. Insbesondere die soziale Prägung spielt dahingehend eine Schlüsselrolle: Erfolg lässt sich nämlich tragen - tatsächlich ist das die Prämisse hinter den meisten Designer-Kollektionen, zumindest solchen die nicht der tatsächlich anspruchsvollen Modedisziplin der Haute Couture zuzurechnen sind.

Wer eine rundum in Gucci- oder Louis Vuitton-Logos gepflasterte Tasche trägt, der macht das nicht, weil das Marken-Logo so toll aussieht, dass man es gleich hundertfach mit sich spazieren tragen möchte. Die Designer wissen das natürlich: Sie kreieren solche Stücke konkret, um das Selbstwertgefühl von potenziellen Kaufinteressenten anzusprechen. Frei nach dem Motto: "Hauptsache irgendjemand sieht mein Luxus-Logo", werden dann ganze Kleidungsstücke und Accessoires darin gehüllt. Mit modischer Kreativität oder Handwerk hat das nichts zu tun: Es zielt ausschließlich auf die soziale Wirkung von Kleidung ab. Träger und Trägerinnen sollen sich besser fühlen, selbst wenn der Geldbeutel danach leer ist.

Kritisch wird das spätestens, wenn kein Geld für derartige Kleidung da ist und in der Folge, oft schon im Kindes- und Jugendalter, Menschen Ausgrenzung, Ablehnung und Vorurteile erfahren - mitsamt all den zerstörerischen Effekten, die das auf deren Selbstwertgefühl und soziale Zugehörigkeit hat.

Kleidung kann uns tatsächlich verschönern - und dadurch das Selbstwertgefühl stärken

Der Effekt auf das Selbstwertgefühl beschränkt sich aber nicht nur auf vollgepflasterte Luxus-Artikel von Designern: Ein guter Maßanzug ist durchaus teuer, wird aber tatsächlich besser sitzen als jeder Anzug von der Stange - und steigert unser Selbstwertgefühl deshalb, weil unser so individueller Körper darin tatsächlich objektiv besser aussieht. Derartige psychologische Wahrnehmungen verlieren sich übrigens oftmals im Alter. Nicht grundlos lautet ein altes Sprichwort zum Glücklichwerden: "Die Jungen lieben die Kleidung, die Alten das Essen" - mit dem Alter relativiert sich eben auch der Effekt, den andere Menschen auf das eigene Selbstwertgefühl haben.

— 23. Dezember 2023
 Top