Zypern und kein Ende

Oder war alles nur der Anfang? fragt Tom Borg

Wo man auch hinschaut, es werden immer wieder die Banken gerettet und der sogenannte "Kleine Mann" zahlt die Rechnung. Zypern ist dabei nicht der Gipfel der finanziellen Habgier, wohl aber eine Demonstration internationaler Macht und Korruption, die in Zeitlupe aufzeigt, wie Gelder verschwinden.

Eigentlich sollte mit dem dramatischen Einschnitt in Zyperns Banken und Geldbeutel die finanzielle Welt Zypern wieder in Ordnung sein. Doch so langsam entwickelt sich das Wort "Zypern" zum Inbegriff für Korruption und Betrug auf höchster Ebene, wobei wir wohl nie mehr als die oberste Spitze des kriminellen Eisbergs zu sehen bekommen werden. Der Rest des Monsters muss gigantisch groß sein, so groß wie die Namen, die darin verwickelt sind. Allen voran die EZB und die EU selbst, ach ja, der IWF sowieso.

Der Gestank des Finanzsumpfs steigt immer unangenehmer in die Nasen der unvoreingenommenen Betrachter. Denn außer der Bevölkerung Zyperns und der Steuerzahler der Geldgeberländer hat offenbar jeder an der Krise auf Zypern verdient und diese sogar verschärft, um verdienen zu können.

Aus politisch-moralischer Sicht sind die Insider-Geschäfte auf Zypern, die von frühzeitig informierten Politiker und Superreiche abgezogenen Millionen oder gar Milliarden gar nicht mehr der kriminelle Kern. Selbst auf Zypern dämmert es den Menschen inzwischen, dass nicht das so arg verhasste Deutschland die Misere verursacht hat, sondern die Regierung Zyperns vermutlich absichtlich erste Lösungsversuche scheitern ließ, um Banken und Insidern die Zeit zu verschaffen, Geld trotz Kapitalsperren ins Ausland zu überweisen.

Doch, wie nun internationale Analysen aufzeigen, haben insbesondere französische und deutsche Banken seit 2010 massiv Kapital aus Zypern abgezogen (siehe: http://mdbriefing.com/eurozone.shtml; 10. April 2013). Im Vergleich zum Jahr 2010 konnten die europäischen Banken sagenhafte 50 Milliarden Euro aus Zypern abziehen, bevor der große Hammer nun die kleinen Leute trifft. Denn eigentlich hätten Zyperns Banken, die stark in Griechenland engagiert und deshalb auch von den dortigen Schuldenschnitten massiv betroffen waren und in ihren Bilanzen einen Verlust von 11 Milliarden Euro auswiesen, schon Anfang 2012 stabilisiert werden müssen. Doch es passierte nichts. Warum nicht? Vermutlich, weil vor allem deutsche und französische Banken, die ihr Geld im Inland nicht mehr gewinnbringend investieren konnten, auf Zypern rund 20 Milliarden Euro auf Banken in Zypern gebunkert hatten - in Form von Anlagen, die über ein Jahr festgeschrieben waren. Dieses Jahr mussten die Banken abwarten bevor sie das Geld abziehen konnten. Doch das hätte bedeutet, dass auch diese deutschen und französischen Banken massive Verluste durch die offenbar schon damals diskutierte Zwangsabgabe hätten hinnehmen müssen. Wie erst jetzt so langsam durchsickert, ist die Krise solange verschleppt worden, bis diese Gelder abgezogen waren.

Das alles ist nicht nur ein Griff in den Geldbeutel der Steuerzahler und Kleinanleger auf Zypern, sondern auch ein Stich ins Herz der Demokratie, denn offenbar haben EZB, und IWF den Banken geholfen, ihre Milliarden zu retten - und die Schulden den wehrlosen Bürgern und Steuerzahlern überlassen.

Wo man auch hinschaut, es werden immer wieder die Banken gerettet und der sogenannte "Kleine Mann" zahlt die Rechnung. Zypern ist dabei nicht der Gipfel der finanziellen Habgier, wohl aber eine Demonstration internationaler Macht und Korruption, die in Zeitlupe aufzeigt, wie Gelder verschwinden, Insider gewarnt werden, EZB, IWF und Großbanken heimlich beraten und allesamt offenbar nur ein Ziel haben: Den Banken ihr Geld zu retten.

Da bekommt die Einstufung, dass Zyperns Banken systemrelevant seien, plötzlich eine ganz andere Bedeutung: das ganz Polit- und Finanzsystem ist korrupt und relevant ist, was den Banken die Bilanz vermiesen könnte. Demokratie? Fehlanzeige! Die Volksvertreter geben sich als Lakaien der Finanzmafia und machen immer weniger ein Geheimnis daraus, indem sie sie offen zugeben, dass manchen halt nicht anders lösbar sei, als immer mehr Geld hineinzupumpen, das in die gleichen Kanäle verschwindet wie das Kapital zuvor.

Angesichts dieser generellen Selbstbedienungsmentalität verwundert es kaum noch, dass Zypern trotz der massiven Einschnitte kurz vor der Pleite steht. Offene Forderungen von 80 Millionen Euro müssen bis Ende April gezahlt werden, was aber nur geht, wenn das ganze Hilfspaket bis dahin politisch abgesegnet und bestätigt ist, da vorher gar kein Geld fließen kann.

Und selbst danach unken einige Insider, dass die Hilfe nicht ausreichen wird, um Zypern langfristig zu stabilisieren.

Aber immerhin zeigt Zypern auch, das auch angeblich "systemrelevante" Banken abgewickelt werden können. Das ist doch mal ein Fortschritt und Ausblick. Wir sollten alle Pleite-Banken abwickeln und die Kosten dafür den Anteilseignern aufbürden, denn die haben ja auch die Gewinne in den guten Zeiten eingesackt. Aber diese Hoffnung wird wohl nie Realität werden, schon gar nicht, wenn Ratschläge wie "Eurobonds einführen oder Deutschland raus aus Euro" ausgerechnet von US Star-Investor George Soros kommen. Wessen Interessen der wohl vertreten mag…?

— 10. April 2013
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