Seekrank in Sagada

Wie man sich bettet. Von Gerhard Klinkhardt

Spinnt der? Das könnte man sich natürlich fragen, wenn man weiß, dass das Kleinstädtchen Sagada rund 1.500 Meter hoch in den philippinischen Kordillieren liegt. Aber im Ernst: als Deutscher habe ich es nicht so mit den eher amerikanisch geprägten Schaumstoffbergen.

Wer in Asien unterwegs ist, muss sich auf eine ungewohnte Schaukelei einstellen. Als Vielreisender hat man da ja so seine eigenen Erfahrungen. Den Vogel aber hat jetzt ein Guesthouse in Sagada abgeschossen.

Das eigentlich sehr nett anzuschauende Bett - sieht man mal vom ebenso hässlichen wie beliebten pink als Farbe an Wand und Bett ab - bot eine mehrlagige Matratzenauflage an. Jede Bewegung auf den doppelten Schaumstoffstapeln führte unweigerlich zu einer Schaukelei, die einer Seereise bei Windstärke 10 in Nichts nachstand.

Aber erst einmal ins Bett kommen: Als Folge der Weichheit konnte man sich nicht einfach auf den Bettrand setzen, man landete flugs auf dem Fußboden. So blieb dann nur noch ein Sprung ins Bett, wie man es aus den Screwballkomödien der 1950 und 60er Jahren kennt. Aber auch das war am Ende geschafft.

Meine Bitte an den Hotelmanager, mir seine Visitenkarte zu geben, hat der garantiert missverstanden. Er wird denken, ich wolle wiederkommen. Keineswegs. Das ist eher eine Mahnung: Nie wieder. Aber das sind keine Rachegelüste, es ist eher der Wunsch zu überleben.

Denn die Nächte in Sagada waren schlimmer als die in einer Hängematte, auch wenn die Unterlage sich ebenso durchbog. Es ist schon erstaunlich, welche Gedanken einen unter solchen Umständen verfolgen. Daheim habe ich eine harte Matratze, die auch meinem Gewicht standhält. Jetzt wälzte ich mich von einer Seite auf die andere, immer in Gefahr, aus dem Bett zu rollen. Und während ich versuchte, das zu verhindern, hatte ich Visionen. Nicht das, was Sie meinen. Ich träumte von Federkernmatratzen und Latexmatratzen, von Härtegraden und Feuchtigkeitstransport. Wer zu Hause ein gemütliches Schlafzimmer mit einem tollen Bett hat, sollte jeden Tag dafür dankbar sein. Denn immerhin verbringen wir rund ein Drittel unseres Lebens im Bett. Wer hier spart, versaut sich einen großen Teil seines Daseins. Vom Rücken ganz zu schweigen.

Also raten Fachleute, man sollte im Geschäft mal ausgiebig Probe liegen - ob damit auch ein Mittagsschläfchen gemeint ist? Und ein Blick aufs Konto könnte auch nicht schaden. Denn zwischen den tollen Latexmatrazen und den Billigangeboten im Laden liegen mehr als nur Schlafwelten: Bisweilen endlose schlaflose Nächte. Und auf die kann, denke ich, jeder ganz gut verzichten.

— 14. Dezember 2015
 Top