Alle Jahre wieder

...kommt der Weihnachtsmarkt. Von Tom Borg

Weihnachten, das Fest der Liebe, ist auch eine gigantische Konsumorgie. Und das nicht erst unterm Weihnachtsbaum. Nein, spätestens ab Ende Oktober flutet Weihnachtsmusik und Werbung für das ach so besinnliche Fest der Liebe sämtliche Medien und zieht uns hinein in den bunten Trubel.

Weihnachten, das Fest der Liebe, ist auch eine gigantische Konsumorgie. Und das nicht erst unterm Weihnachtsbaum. Nein, spätestens ab Ende Oktober flutet Weihnachtsmusik und Werbung für das ach so besinnliche Fest der Liebe sämtliche Medien und zieht uns hinein in den bunten Trubel.

Weihnachtsmärkte sind inzwischen zu einem Milliardengeschäft mutiert. Für viele Kaufleute sind sie die wichtigste Einnahmequelle des Jahres. Gute 1,8 Milliarden Euro geben Weihnachtsmarktbesucher laut Bundesverband Deutscher Schausteller und Marktkaufleute für Essen, Getränke und Einkäufe aus. Da verwundert es nicht, dass Weihnachtsmärkte heutzutage mehr einem geschäftigen Flohmarkt denn einem fröhlichen Weihnachtsmarkt gleichen.

Ich vermisse die "gute alte Zeit" mit ihren gemütlichen Weihnachtsmärkten. Die waren zwar auch immer voll und es war viel los, aber es war nicht so hektisch. Man konnte sogar einmal vor eine Bude stehen bleiben und die Figuren und bunten Lichter betrachten ohne gleich von allen Seiten angerempelt zu werden.

Glühwein, Grillschinken, gebrannte Mandel und Nüsse sowie Lebkuchenherzen gehören natürlich zu einem Weihnachtsmarkt dazu. Auf betrunkene Radaubrüder, die unterm Weihnachtsbaum ihren Rausch ausschlafen, kann ich verzichten.

Überhaupt, der Weihnachtsmarkt kommt mir wie so vieles andere ritualisiert vor. Man kauft kein Lebkuchenherz, weil man mal wieder eines essen oder der Liebsten um den Hals hängen mag, sondern weil es einfach dazugehört bei einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt.

Nun ist gegen Feiern nichts einzuwenden. Weihnachten ist schließlich nicht nur das Fest der Liebe, sondern auch das Fest der Freude. Und die muss nicht andächtig und leise in der Erwartung der Geburt Christi gelebt werden. Im Gegenteil, man kann den eigentlichen Anlass des Weihnachtsfestes ruhig ausgelassen feiern - solange man den Sinn des Advents nicht ganz aus den Augen verliert.

Feiern bis zum Abwinken

Auf den Philippinen, dem einzigen christlichen Land in Südostasien, ist man stolz auf die längste Weihnachtszeit. Sie beginnt bereits Anfang Oktober, ist lang und laut wie alles hier. Nur Weihnachten, das vermisse ich. Freude hin, Fest her - eine laute Party am Weihnachtsabend ist für mich irgendwie fehl am Platz.

Aus den USA hat man den Brauch übernommen, dass Santa Claus um Mitternacht kommt, wo es dann etwas zu essen gibt. Karaoke gibt es sowieso und als Krönung ein "Exchange Gift", einen Austausch von Geschenke. Dafür wird zuvor ein Preis vereinbart, den die Geschenke in etwa kosten sollen. Dann kommen die Päckchen alle auf einen Haufen, erhalten eine Nummer und jeder zieht ein Zettelchen mit einer Nummer. Unpersönlicher geht es nicht mehr.

Natürlich ist die Sache mit den Geschenken in Deutschland nicht viel einfacher. Man kann es nie allen recht machen. Dennoch überlegt man sich, wem man was schenken kann. Man sucht etwas aus mit Liebe, ist in Gedanken bei dem, der das Geschenk bekommen soll. Auf eine Tombola am Heiligabend hingegen kann ich liebend gerne verzichten. Es ist ein reines Ritual: Es muss etwas geschenkt werden, also packt jeder irgendwas auf den Haufen.

Der moderne Weihnachtsmarkt kommt mir ähnlich, wie ein Ritual, vor. Es muss etwas gegessen und getrunken werden, auch wenn zuhause der Kühlschrank voll ist und nach der unter Umständen langen Heimfahrt alle wieder Hunger haben. Es muss eingekauft werden und man hetzt von Stand zu Stand wie bei einem Run auf den Sommerschlussverkauf. Dabei kann man den ganzen Tag einkaufen. Die Geschäfte sind vollgepackt mit Kram für Weihnachten. Dafür braucht es keine Weihnachtsmärkte.

So sehr die meisten von uns diese Atmosphäre lieben mögen, eine echte Weihnachtsstimmung kommt bei dieser ganzen Hektik nicht auf. Dabei liefert gerade der Weihnachtsmarkt ein ganz besonderes Flair, eine einmalige Stimmung und einen besonderen Anlass. Auf einen Markt kann man das ganze Jahr über. Weihnachten gibt es nur einmal im Jahr. Warum genießen wir nicht einfach die weihnachtliche Stimmung und pfeifen auf den ganzen Rummel?

— 23. November 2015
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