Nikolaus von Myra

Der bekannteste unbekannte Heilige. Von Tom Borg

Nikolaus heute als Geber guter Gaben und Freund der Kinder. Heutzutage wird es immer mehr Mode, teure Geschenke zu überreichen. Damit hatte der Namensgeber des Nikolaustags aber wenig im Sinn.

Wohl jedes Kind kennt Nikolaus und das Datum seines Gedenktags: der 6. Dezember. Dann gibt es Schokolade und andere Süßigkeiten. Früher gab es symbolisch auch die Rute, heute nicht selten eine erste Ladung (Weihnachts-)Geschenke. Den Kaufleuten beschert Nikolaus reichlich Umsätze und den Kindern viel Freude. Doch wer war eigentlich dieser Nikolaus?

Kurioserweise ist über diesen weltweit bekannten Heiligen nur sehr wenig bekannt. Belegte Fakten über sein Leben sind keine vorhanden. Entsprechend ranken sich viele Legenden um sein Leben und Wirken, so das schon in früheren Jahrhunderten kaum noch Legenden und Tatsachen auseinander zu halten waren.

Geboren wurde Nikolaus von Myra zwischen 270 und 286 in Patara, einer antiken Stadt an der Mittelmeerküste Lykiens in der heutigen Türkei. Sie liegt nahe der Mündung des antiken Flusses Xanthos und ist heute nur noch als Ruinen bei Kalkan in der Türkei erhalten. Über den Todeszeitpunkt variieren die Quellen von 345 bis 351 in Myra, dem heutigen Demre in der Türkei. Einige Quellen benennen gar 326 und 365 als Todesjahr. Klar ist eigentlich nur der Tag: ein 6. Dezember.

Der Überlieferung zufolge wurde Nikolaus von seinem Onkel, Bischof Nikolaus von Myra, im Alter von 19 Jahren zum Priester geweiht und als Abt im Kloster von Sion, nahe seiner Heimatstadt, eingesetzt. Nach dem Tod seines Onkels soll Nikolaus eine Pilgerreise ins Heilige Land unternommen haben. Nach seiner Rückkehr wurde er bereits als junger Mann zum neuen Bischof der Gemeinde Myra gewählt.

Doch bald danach begannen die Christenverfolgungen unter Galerius Valerius Maximinus. Auch Nikolaus geriet um 310 in Gefangenschaft und musste schwere Folterungen erdulden.

Im Jahr 325 nahm Nikolaus am 1. Konzil von Nicäa teil. Überlieferungen zufolge soll er dort gegen die falsche Lehre des Arianismus angekämpft haben.

Damit erschöpfen sich bereits die halbwegs gesicherten Fakten über Nikolaus von Myra, dem Liebling aller Kinder. Gemeinsam ist jedoch allen Legenden, dass sie Nikolaus als einen großzügigen und klugen Helfer schildern. Seit 15. Jahrhundert verbreitete sich die Legende des "Kornwunder von Myra", der zufolge Nikolaus bei einer Hungersnot in Myra von jedem der für den Kaiser in Rom bestimmten Schiffe 100 Scheffel erbat und versicherte, dass durch sein Gebet nichts bei der Ablieferung fehlen würde.

Der Nikolaus-Kult

Der Kult des Schenkens am 6. Dezember, dem Nikolaustag, geht auf eine andere Legende zurück die besagt, dass Nikolaus nach dem Tod seiner Eltern, die an der Pest starben, das geerbte Vermögen an Arme verteilte. Darunter auch drei Jungfrauen in seiner Heimatstadt Patara, deren Familien so arm waren, dass die Frauen sich als Prostituierte betätigen sollten. Nikolaus soll des Nachts kleine Geldsäckchen durch die Fenster - andere sagen auch durch den Kamin in Socken - geworfen haben, um die Frauen vor dem Schicksal zu bewahren und ihnen eine Heirat zu ermöglichen.

Deshalb gilt Nikolaus heute als Geber guter Gaben und Freund der Kinder. Brauch ist, dass am Vorabend des 6. Dezember der Bischof mit einem weißen Bart traditionell die artigen Kinder besucht und sie beschenkt. Auch gibt es die Tradition, dass vor die Tür gestellte Stiefel am nächsten Morgen mit Süßigkeiten gefüllt sind.

Doch heutzutage wird es immer mehr Mode, anstelle von Süßigkeiten, die ja "eh nicht so gesund sind", teure Geschenke zu überreichen. Wenn die Eltern es sich leisten können, dann darf es durchaus auch ein neues Handy sein oder neues Spielzeug für die Kleinen.

Damit hatte der Namensgeber des Nikolaustags aber wenig im Sinn. Ihm ging es seinerzeit um konkrete Hilfe für bedürftige Mitmenschen, um eine aus dem Glauben heraus geborene Hilfe für den Nächsten. Damit hat der heutige Nikolaustag nur noch wenig gemein. Vielmehr wurde er ein Pflichttag für Eltern, einer von denen Tagen, wo man etwas schenken muss, weil es einfach so üblich ist. Und natürlich beschenken die Eltern gerne ihre Kinder - aber sie könnten die Geschenke durchaus auch übers Jahr verteilen, anstatt kalendergesteuert am 6. Dezember die Pakete vor den Kleinen aufzutürmen. Doch auch diese Geschenke sind wie Nikolaus für das Christkind nur Vorboten der ganz großen Schenkorgie, die am 24. Dezember folgt. Mit der Ankunft Christi verbinden immer weniger Menschen das Weihnachtsfest, auch wenn alle darum wissen. Aber die Bedeutung verblasste zu einer Tradition zu der sich allerdings auch immer wieder junge Menschen bekennen. Jugendliche und junge Eltern, die ansonsten nach Musik von Bruno Mars & Co. abtanzen, haben plötzlich zur Weihnachtszeit das Bedürfnis, altmodische Weihnachtslieder zu singen weil die einfach mit dazu gehören. So wie heutzutage die teuren Geschenke. Das Christuskind musste vor 2.000 Jahren in einem schlichten Stall mit deutlich weniger auskommen. Aber das waren natürlich andere Zeiten - und den Nikolaus gab es damals auch noch nicht. Der wurde erst rund 300 Jahre später geboren…

— 06. Dezember 2013
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