Kampf der Deflation

Ein Spiel mit dem Feuer, fürchtet Tom Borg

Die Nationalbanken Zinszündeln mit der EZB um die Wette. Doch was passiert, wenn die Inflation plötzlich auf 4 oder 5 Prozent oder gar höher steigt? Wer bezahlt dann die Maßnahmen zur Bekämpfung der künstlich erzeugten Inflation?

Die Nationalbanken Zinszündeln mit der EZB um die Wette. Man wagt es kaum zu fragen, doch es muss erlaubt sein, dies zu denken, nämlich: was passiert eigentlich, wenn die EZB mit ihrem Kampf gegen die angeblich drohende Deflation erfolgreicher wird als gewünscht, wenn eine munter galoppierende Inflation auf 4 oder 5 Prozent oder gar höher steigt? Wer bezahlt dann die Maßnahmen zur Bekämpfung der künstlich erzeugten Inflation? Doch nicht etwa schon wieder der Steuerzahler…?

Der Kampf gegen die Zinsmühlen wirkt irgendwie unheimlich und gleichzeitig lächerlich. Da ängstigt sich eine Europäische Zentralbank im ohnehin schon überregulierten Euro-Land um zu wenig Inflation anstatt dem Bürger einfach mal etwas mehr Konsum zu gönnen.

Die Preissteigerung kommt noch früh genug - und vermutlich wird sie heftig ausfallen. Dann nämlich, wenn es nicht nur gilt, die Maßnahmen der EZB einzufangen, sondern auch die Preissteigerung auf dem Energiesektor einzudämmen. Denn eigentlich ist es allen sonnenklar, selbst dem für dumm befundenen Euro-Bürger, dass die derzeitig niedrigen Preise primär dem niedrigen Ölpreis zu verdanken sind. Steigt der Ölpreis deutlich an, explodieren die Preise. Dann erklimmt die Inflation Werte, vor denen es jeden Ökonomen graut. Nur denkt man aktuell nicht daran, denn die 2 Prozent Inflation sind ein Dogma, an dem es nichts zu rütteln gibt.

Den niedrigen Ölpreis wiederum verdanken wir nicht nur der Überproduktion der Erdöl exportierenden Länder, sondern auch dem Fracking in den USA, was zu einer drastisch niedrigeren Nachfrage nach Rohöl führte. Gleichzeitig schwächte der niedrige Ölpreis die Volkswirtschaften der Exportländer, was wiederum politisch nicht ganz ungewollt ist.

Inmitten dieses Interessenkonflikts haben die EZB-Chefs nicht besseres zu tun, als sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie die Inflation angeheizt werden kann.

Dabei ist die Wirtschaft in Europa eigentlich recht solide aufgestellt. Und es wäre ein gutes Signal an die Bürger, wenn sie einfach auf die aktuell niedrigen Preise vertrauen und beruhigt einkaufen könnten. Aber bei dieser Ruhe vor dem Sturm traut man sich kaum, einen Kredit aufzunehmen oder ein Sparschwein zu schlachten. Denn wer weiß schon, was demnächst auf uns zu kommen wird?

Die Schuldenfalle

In den USA machen sich inzwischen einige negative Auswirkungen des Frackings bemerkbar. Der Widerstand der Bevölkerung und der Umweltaktivisten wächst. Sollten die USA ihre Fracking-Aktivitäten drosseln oder die Kosten des Verfahrens den Preis derart in die Höhe treiben, dass Rohöl-Importe günstiger sind, dann gibt es nicht nur eine Reihe von Firmenpleiten, sondern auch einen weltweit steigenden Ölpreis infolge der steigenden Nachfrage. Trifft dieser dann auf die dann ebenfalls wirkenden Maßnahmen der EZB, haben wir plötzlich einen doppelten Katalysator für die Inflation.

Steigt die Inflation aber deutlich über die 2 Prozent Marke, ruft das erneut die EZB auf den Plan, denn sie ist nicht nur dem Anfeuern der Inflation verpflichtet sondern vor allem anderen der Sicherung der Preisstabilität. Und das bedeutet dann: Bekämpfen der Inflation.

Doch wie bekämpft man eine Inflation, die man selbst mit massiven Eingriffen angeheizt hat? Und vor allem: Wer ist so bescheuert, der EZB all ihre dann relativ wertlosen Papiere abzukaufen? Die aktuell niedrigen Zinsen sind deshalb so niedrig, weil die Inflation niedrig ist. Steigt die Inflation, steigen auch die Zinsen - aber nicht die der fest verzinslichen Papiere. Wer will die dann haben?

Das Zögern der amerikanischen Fed zeigt schon jetzt, wie groß die Probleme werden können, wenn man das Zinsruder wieder herumreißen möchte. Die Nationalbanken haben mehr Schuldtitel in ihren Bilanzen als die Sahara Sand in den Dünen. Wer soll diese Schulden übernehmen?

Und vor allem: Was tun, wenn die Inflation und die Zinsen plötzlich drastisch steigen, weit übers Ziel hinaus und die Wirtschaft plötzlich unter der zu hohen Inflation ächzt?

Künstliche erzeugte Effekte sind immer eine zweischneidige Angelegenheit. Kein Wunder also, dass der Verbraucher dem Frieden nicht traut und nicht zu viel riskiert. Viele Häuslebauer zahlen lieber ihre Schulden ab als zu konsumieren oder gar sich höher zu verschulden. Denn wenn mit der Inflation die Zinsen deutlich steigen, steckt man plötzlich in der Schuldenfalle. Wer rettet dann die nicht systemrelevante Lieschen Müller von nebenan…?

— 01. Dezember 2015
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