Theodor Gottlieb von Hippel der Ältere

Über die Ehe

 

Hört, Leute, folgendes sagt Susarion:
Ein Übel sind die Frauen.
Ein Übel ist aber auch ein Haus ohne Frau.
Verheiratet oder nicht verheiratet zu sein
ist also gleichermaßen von Übel.

Vorbericht

»Ein Sohn oder eine Tochter?« fragt der Vater die Hebamme, wenn seine Frau zum erstenmal ins Wochenbett gekommen ist; denn zum zweitenmal sieht ers ihr schon am Gesicht an. Und sie läßt ihn ausfragen, wenn es ein Mädchen ist, und ruft, wenn er an das Wort oder kommt: ein Sohn!

»Auch vier Kreuzer wegen der Danksagung in der Kirche«, sagt der Landpriester, und der Vater bezahlt zehn, wenn es ein Junge ist. »Es kommt doch zum Besten der Kirche«, spricht er. Ist es aber ein Mädchen: so sucht er, obgleich es auch zum Besten der Kirche kommt, aus allen Taschen Scheidemünzen zusammen. »Hier«, seufzt er, »sind vier Kreuzer. Gott schenke uns einen sanften Regen, denn, in Wahrheit, das Getreide steht schlecht.«

Ein Frauenzimmer, wenn es vierzehn Jahre alt ist, fragt die Amme: »Ist es ein Söhnchen?« –: »Ja, gnädiges Fräulein.« –: »Ein niedliches Kind!«, und schnell ist es in seinen Armen. Es faßt es, wo man gemeinhin allen Kindern hinzufassen pflegt, und dann noch etwas weiter. Warum das gnädige Fräulein das Kind liegenläßt, wenn die Amme gesagt hat: »Ein Mädchen!«, kommt daher, weil es vierzehn Jahre alt ist.

Wozu dieser Anfang? Guter Freund, frage lieber, wozu diese ganze Schrift: denn in diesem Anfang liegt alles. Ist der gut, so ist mehr gut. Ist er schlecht, so gebe ich für die ganze Schrift keinen Dreier. Ein Autor ist ein geistiger Vater und schreibt Söhne und Töchter, wie sie der leibliche zeugt. Aber zu bestimmen, von welchem Geschlecht ein Buch sei, ist so schwer, daß sich die kritischen Hebammen oft jahrelang darüber streiten. Damit es indessen Seiner Wohlehrwürden nur wissen, so gebe ich für die Danksagung keinen Kreuzer aus. Für mein Kind darf nicht gedankt werden, und hiermit: Gott befohlen.

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