Eddie Cantor über Heiraten

  • Die Ehe ist ein Versuch, zu zweit mit den Problemen fertig zu werden, die man allein niemals gehabt hätte.

Eddie Cantor

amerikanischer Schauspieler und Schriftsteller

* 31.01.1892 New York (USA)
† 10.10.1965 Los Angeles (USA)

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Es gibt Zitate, die lassen uns schmunzeln. Ihr Wahrheitskern ist so offenkundig, wie die Aussage zugleich auch humorvoll ist, manchmal bis in die Groteske hinein. Dazu gehört auch Cantors Spruch über die Ehe.

Wer lange verheiratet ist oder in Zweisamkeit lebt, weiß sofort, wovon die Rede ist. Es handelt sich um die gefühlten tausend täglichen Kompromisse, die man machen muss, weil man nicht nur zusammenleben möchte, sondern dieses gemeinsame Leben auch möglichst schön gestalten will. Die Regel will es so, dass sich die notwendige Masse der Kompromisse, die ab nun geschlossen werden müssen, erst nach und nach in den Details des Alltags zeigen – und eben nicht schon frühzeitig in jenem gnadenvollen Stadium der Verblendung, die man Verliebtheit nennt.

Sobald die Verliebtheit der Normalität weicht, betrachtet man den/die Partner/in mit anderen Augen: Nüchterner… was nicht bedeutet, weniger liebevoll. Man schaut sachlich auf das gemeinsame Leben, das nun gelebt und organisiert werden will. Da tun sich früher oder später bei den meisten Paaren Klüfte auf. Dass in dieser Kluft zugleich die große Chance für eine reife Form von Liebe liegt, ist nicht jedem Paar gleich klar. Oft scheint es so, als würde das Trennende, das Unterschiedliche, das scheinbar Unvereinbare zum Sargnagel der Beziehung werden. Eignet man sich jedoch einen anderen Blick der Wirklichkeit an, dann ist es genau umgekehrt: In dem, was man jetzt tatsächlich an neuen Hürden gemeinsam meistert, schlummert der Kern, den es für eine wahre Liebe braucht. Die gemeinsame Meisterung der alltäglichen Probleme ist vor allem dasjenige, das zusammenschweißt und die Liebe zueinander jetzt erst recht wachsen lässt.

Doch die Wirklichkeit dieser Aufgabe ist oftmals schwer. In der Theorie lässt sich vortrefflich darüber sinnieren, aber die Praxis verlangt oft viel an Rücksichtnahme und Achtung vor der Lebenshaltung des anderen. Vor allen Dingen dann wird es besonders schwer mit den erforderlichen Kompromissen, wenn nur ein Partner sich um die Harmonie in der Beziehung bemüht und der andere Partner egoistisch mauert und nicht einmal daran denkt, zunächst unliebsame Änderungen seiner Gewohnheiten einzuführen.

Die Kraft der reifen Liebe

An dieser Zusammenarbeit in Sachen Kompromissfindung scheiden sich oft nicht nur die Geister, sondern auch die Ehen und Beziehungen. Ihre Zahl ist in den letzten Jahrzehnten dramatisch gestiegen. Man darf sich fragen, ob es unter anderem auch daran liegen könnte, dass man diese tatsächlich unverzichtbare Beziehungsarbeit nicht mehr gewillt ist zu leisten, weil egoistische Tendenzen sich einen zu großen Raum bereits in vielen Menschen erobert haben? Oder ob eine innere Liebeskraft zu versiegen droht, die so dringend aber einer Erweiterung bedürfte? Oder sind die Verlockungen der Eigenständigkeit durch finanzielle Unabhängigkeit beider Partner so groß, dass Kompromisse nicht mehr gemacht werden müssen? Doch zu welchem Preis?

Ganz gewiss zum Preis einer tieferen Form von Liebe-Erleben, die nämlich die tägliche Praxis braucht, die gemeinsam durch Härten, Herausforderungen geht, die gemeinsam Probleme meistert und auch im Unglück fest zueinandersteht. Es meint eine starke Herzensqualität in Form einer tiefen menschlichen Treue, deren Wert als ganz besonderes Geschenk empfunden wird. Dieses Geschenk ist mit nichts in der Welt käuflich. Die reife Liebe zu oder von einem anderen Menschen ist gerade in den Momenten der Qual oder der Auseinandersetzung der Dreh- und Angelpunkt einer eigenen Lebensmeisterung. Erst im Konfliktfall oder einer lastenden Schwere durch das Schicksal selbst zeigt sich in den meisten Fällen doch erst die wahre Qualität der Liebe.

Vieles zerbricht, wenn die Probleme und Herausforderungen des Lebens ihren Tribut fordern. Zerbricht dann auch eine Liebe, so war sie nicht stark und groß genug. Warum sie sich aber nicht zu jener Größe entwickeln konnte, die man sich doch selbst sehnlichst fürs eigene Leben wünscht, dass können sich nur die Partner selbst beantworten, indem sie ehrlich darauf schauen, was sie beide denn für diese Liebe getan haben. Hier sollte nicht gefragt werden, was man bekommen – sondern was man selbst gegeben hat – und ob das, was man gab, das Richtige im ausreichenden Maße war.

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