Friedrich Schiller über Spiel

  • Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.

Friedrich Schiller

deutscher Schriftsteller

* 10.11.1759 Marbach am Neckar
† 09.05.1805 Weimar

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Bevor der Spieltrieb des Homo Ludens (der spielende Mensch) von den Managementschulen der Moderne oder auch von der Psychotherapie in seiner wahren Bedeutung begriffen und genutzt wurde, hatte ihn zuvor längst Friedrich von Schiller entdeckt und ihm unter anderem auch in seinen berühmten "Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen" ein geistiges Denkmal gesetzt.

Heute weiß man auch aus wissenschaftlicher Sicht, dass der Mensch einen Teil seiner vielfältigen Fähigkeiten vor allem auch über das Spiel entwickelte. Hier entdeckt er viele seiner wesentlichen Eigenschaften in einer Unbekümmertheit und lockeren Atmosphäre, der er sich in dieser spielerischen Weise im Leben zumeist nicht stellt. Zu viele Hürden und Konventionen, Arbeitsanforderungen oder Regeln behindern ihn – obschon die Ergebnisse seines Spieltriebes in sehr vielen Berufen durchaus auch konstruktive Ergebnisse zeigen könnten. Vor allem dort, wo der Geist sich entfalten will, wo Phantasiekräfte auch ihren Wert in der Arbeitspflicht finden.

Der Mensch darf sich, wenn er spielt, in seinen Handlungen frei fühlen. Hier darf er sogar "viele" Persönlichkeiten sein, kann sich erweitern. Er kann mannigfaltige Charaktere besetzen und ausleben, die vielleicht auf die eine oder andere Weise schon immer in ihm lebten aber ein verstecktes Dasein führen mussten, weil die Vernunft jene nicht zuließ. Mit anderen Worten: Der spielende Mensch – oder der Homo Ludens – kann als vorübergehend freieres Wesen seine Identität in ganz anderer Weise ausschmücken und vergrößern, als dies im normalen Alltag der Fall ist. Spielt der Mensch viel und oft, so hat dies prägende Folgen für sein Wesen und auch für sein Leben. Hier findet er seinen Sinn und erwirbt sich seine grundlegenden Kenntnisse. Entscheidend ist dabei aber auch, was und wie er spielt.

Von der Zweckfreiheit des Spiels

Unsere Kultur ist aus einem Spiel entstanden, aus dem nach und nach Ernst wurde. Später verfestigte sich vieles davon institutionell. Das gilt für Bereiche wie Sport ebenso wie für Religion, Kunst, Politik oder Wissenschaft. Vieles verlief zunächst spielerisch über Versuch und Irrtum ab oder auch einfach nur über die Lust am Tun, am Erfahren und Experimentieren oder sonstiger spielerischen Selbstverständlichkeit. Über das Spiel lernt man seine eigenen Möglichkeiten, seine mitmenschliche Welt und seine natürliche Umwelt immer genauer kennen und damit auch besser einschätzen. Lernt man aus seinen spielerischen Ergebnissen, ist man im Vorteil, wenn es darum geht, Fehler, Frust oder unangenehme Folgen aus Irrtümern zu vermeiden.

Eine Reihe von Spielen haben Regeln, die einzuhalten sind. Hält man sie nicht ein, verfällt das Spiel dem Chaos und wird auch keinen positiven Zauber auf die Spielenden ausüben. Bestimmte Spiele machen ohne Regeln weder Spaß noch Sinn.

Andere Spiele müssen aber umgekehrt ihrem Wesen nach regelfrei sein und auch bleiben. Hier herrscht dann kein Chaos im negativen Sinne, sondern eine Art Ur-Suppe, die es braucht, aus der heraus sich das Schöpferische des Spiels selbst entwickeln kann. Der Homo Ludens spielt seinem Typus nach zweckfrei. Hier findet er seinen Sinn und erwirbt sich seine Kenntnisse.

Friedrich von Schiller wusste sehr genau über die wertvollen Entwicklungsmöglichkeiten, die im spielenden Menschen schlummern, bescheid und auch wie sie mittels des Spiels einer humanen Entwicklung dienlich sind. Deshalb sprach er sich auch früh gegen jede Mechanisierung von Lebensabläufen aus. Denn die damalige Zeit war jene Phase, wo die Menschheit von neuartigen Maschinen und einer damit einhergehenden Mechanisierung in immer mehr Lebensgebieten stark betroffen war. Auch wusste er um die Ganzheitlichkeit des Menschen, der nicht nur ein körperliches, sondern auch ein geistiges und seelisches Wesen ist und gab uns mit seinem obigen Zitat eine Weisheit, die in ihrer Bedeutsamkeit gerade auch in unserem Computer-Zeitalter neu und sicher auch unter dem Aspekt von Chance und Gefahr zu durchdringen ist.

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