Friedrich Schiller über Tugend

  • Diese Tugend,
    ich fürchte sehr, ich kenne sie. Wie wenig
    reicht sie empor zu jenem Ideale,
    das aus der Seele mütterlichem Boden,
    in stolzer, schöner Grazie empfangen,
    freiwillig sproßt und ohne Gärtners Hilfe
    verschwenderische Blüten treibt! Es ist
    ein fremder Zweig, mit nachgeahmtem Süd
    in einem rauhen Himmelsstrich getrieben,
    Erziehung, Grundsatz, nenn' es, wie du willst,
    erworbne Unschuld, dem erhitzten Blut
    durch List und schwere Kämpfe abgerungen,
    dem Himmel, der sie fordert und bezahlt,
    gewissenhaft, sorgfältig angeschrieben.

Friedrich Schiller

deutscher Schriftsteller

* 10.11.1759 Marbach am Neckar
† 09.05.1805 Weimar

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