Sprichwort über Gefahr
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Wenn die Gefahr vorbei ist, wird der Heilige ausgelacht.
Gedanken zum Zitat
Das Sprichwort »Wenn die Gefahr vorbei ist, wird der Heilige ausgelacht« beschreibt mit bitterer Ironie ein Verhalten, das tief im menschlichen Wesen verankert zu sein scheint: In Momenten der Not wird das Ernsthafte, das Erhabene oder Fromme hochgehalten. Doch sobald sich die Lage entspannt, verlieren diese Werte schnell an Bedeutung. Der »Heilige« steht in diesem Bild für denjenigen, der in schwierigen Zeiten mahnend, besonnen oder vorbildlich handelt, vielleicht sogar unter Spott und Entbehrung. Doch sobald die Notlage vorbei ist, wird eben dieser Mensch, seine Haltung oder seine Warnung lächerlich gemacht oder vergessen.
Das Sprichwort erinnert an eine unangenehme Wahrheit: Dankbarkeit ist oft flüchtig. In der Krise wird derjenige, der Opfer bringt oder Orientierung gibt, bewundert oder wenigstens geduldet. Sobald aber die Gefahr überwunden ist, erinnern sich die Menschen ungern daran, wie abhängig sie von Rat, Disziplin oder Demut waren. Der Mensch will vergessen, dass er schwach war und projiziert diese Schwäche auf denjenigen, der ihn an die Krise und deren Bewältigung erinnert.
Ein Beispiel dafür ist das Verhalten vieler Menschen nach einer Naturkatastrophe oder einer Krankheit: Während der Krise wird gebetet, gehofft, auf Experten gehört. Nach der Genesung oder dem Wiederaufbau aber verschwindet die Ehrfurcht und oft auch die Einsicht. Der »Heilige«, also derjenige, der mit Disziplin, Mahnung oder Glaube durch die Gefahr geführt hat, wird nun als übertrieben, komisch oder gar lästig wahrgenommen.
Das Sprichwort lässt sich auch auf gesellschaftliche Kontexte übertragen. Mahner, die in Krisenzeiten warnen, sei es vor Klimawandel, Krieg oder sozialer Spaltung, gelten während der Bedrohung als notwendig. Doch wenn sich die Lage beruhigt oder verdrängt wird, spricht man ihnen gern den Ernst oder gar den Verstand ab.
Dabei steckt im Sprichwort auch ein Appell: Respektiere jene, die in schwierigen Zeiten Haltung zeigen nicht nur in der Krise, sondern auch danach. Wer über sie lacht, sobald die Gefahr gebannt ist, offenbart nicht nur Undank, sondern auch Kurzsichtigkeit. Denn oft sind es genau diese »Heiligen«, die verhindern, dass die nächste Gefahr schlimmer wird als die vorherige.
»Wenn die Gefahr vorbei ist, wird der Heilige ausgelacht« ist ein Sprichwort, das uns an die Flüchtigkeit menschlicher Dankbarkeit und Einsicht erinnert. Es warnt davor, das Wesentliche nach der Krise zu verspotten, und mahnt an, ernsthafte Stimmen auch dann zu würdigen, wenn ihre Mahnung nicht mehr laut hallt.