Sprichwort über Kunst

  • Große Kunst hasst man.

Gedanken zum Zitat

Das Sprichwort »Große Kunst hasst man« wirkt auf den ersten Blick provokant. Warum sollte man ausgerechnet das hassen, was höchste kreative Leistung, tiefes Gefühl oder unvergleichliche Ausdruckskraft verkörpert? Doch hinter diesem scheinbaren Widerspruch steckt eine tiefgreifende Wahrheit über das Verhältnis von Gesellschaft, Individuum und künstlerischer Innovation.

Große Kunst ist selten bequem. Sie fordert heraus, stellt infrage, sprengt Konventionen. Sie zwingt zur Auseinandersetzung mit Wahrheiten, die man vielleicht lieber verdrängen würde, sei es über die Welt, über die Gesellschaft oder über sich selbst. Der Hass, von dem das Sprichwort spricht, ist also weniger ein irrationales Gefühl als eine Reaktion auf die verstörende Kraft großer Kunst. Denn sie rührt an etwas Tiefem, das nicht jeder bereit ist zuzulassen: Erkenntnis, Selbstzweifel, Veränderung.

Zudem gilt: Was seiner Zeit voraus ist, wird oft erst später verstanden. Viele Werke, die heute als Meisterwerke gelten, wurden in ihrer Entstehungszeit abgelehnt, verspottet oder sogar bekämpft. Ihr Genie wurde lange verkannt, weil es aus dem Rahmen fiel. »Große Kunst hasst man« meint also auch: Je außergewöhnlicher etwas ist, desto schwerer fällt es, es sofort zu begreifen, und desto größer ist die anfängliche Ablehnung.

Ein weiterer Aspekt liegt in der Neigung zur Mittelmäßigkeit. Große Kunst hebt sich ab, sie stellt andere in den Schatten und provoziert damit Neid, Konkurrenzdenken oder Unsicherheit. Wer selbst nicht versteht, was große Kunst ausmacht, fühlt sich ihr womöglich ausgeliefert oder überfordert. Der Hass entsteht dann nicht aus echtem Urteil, sondern aus Unvermögen oder Überforderung.

Doch in all dem liegt auch eine Anerkennung: Wenn Kunst aneckt, polarisiert, ja sogar gehasst wird, zeigt das ihre Kraft. Es ist die Wirkung, nicht die Beliebtheit, die große Kunst ausmacht. Und manchmal braucht es Mut, sich von der Abwehr zu lösen und sich dem Werk zu öffnen, insbesondere dann, wenn man es zunächst abgelehnt hat.

 Top