Sprichwort über Kunst

  • Kunst macht Narren.

Gedanken zum Zitat

Das Sprichwort »Kunst macht Narren« wirkt auf den ersten Blick provokant und widersprüchlich. Denn Kunst gilt gemeinhin als Ausdruck von Kreativität, Bildung, Inspiration und Geist. Wie also kann sie jemanden zum Narren machen?

Doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich die doppelte Deutbarkeit dieses Satzes. Er kann sowohl warnend als auch ironisch verstanden werden und lädt dazu ein, über die Wirkung und den Umgang mit Kunst kritisch nachzudenken.

Zunächst lässt sich das Sprichwort als Kritik an jenen deuten, die sich durch Kunst von der Realität entfernen. Denn wer sich zu sehr in künstlerischen Sphären verliert, läuft Gefahr, den Bezug zum Alltagsleben zu verlieren – so zumindest die skeptische Sichtweise. Kunst kann dann als eine Art Rausch oder Illusion erscheinen, die den Menschen verführt, ablenkt und in ein Spiel der Fantasie führt, das mit der nüchternen Welt nichts mehr zu tun hat. In dieser Lesart wird der »Narr« zur Figur, die sich von Schönheit, Symbolik oder Abstraktion so sehr beeindrucken lässt, dass sie das Maß verliert.

Andererseits kann das Sprichwort auch satirisch auf die Gesellschaft zielen: Nicht die Kunst selbst macht Narren, sondern es zeigt sich in ihr, wer der Narr ist. Wer Kunst nicht versteht, verspottet oder lächerlich macht, entlarvt sich selbst. In dieser Interpretation steht der Satz im Kontext einer Kulturkritik: Kunst fordert, provoziert, regt zum Denken an – und wer damit nicht umgehen kann, erscheint töricht. Der »Narr« ist also nicht Opfer der Kunst, sondern ihrer Herausforderung nicht gewachsen.

Eine weitere, versöhnlichere Deutung betont die Freiheit der Kunst und ihre Nähe zum Spiel, zum Verrückten, zum scheinbar Sinnlosen. Künstlerinnen und Künstler überschreiten Grenzen, denken anders, stellen in Frage – und genau das kann im besten Sinne »närrisch« wirken. Die Narren im Mittelalter hatten die sogenannte Narrenfreiheit. Sie durften Wahrheiten aussprechen, die anderen verboten waren. In diesem Sinne kann Kunst dazu ermutigen, neue Perspektiven einzunehmen und das Normale zu hinterfragen. Gerade darin liegt ihr Wert.

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