Aufs genaueste mit dem Prinzip der Bürgerlichkeit verbunden zeigt sich die Konkurrenz. Ist sie etwas Anderes als die Gleichheit (égalité)? Und ist die Egalität nicht eben ein Erzeugnis derselben Revolution, welche vom Bürgertum oder den Mittelklassen hervorgebracht wurde? Da es Keinem verwehrt ist, mit Allen im Staate (den Fürsten, weil er den Staat selbst vorstellt, ausgenommen) zu wetteifern und zu ihrer Höhe sich hinaufzuarbeiten, ja sie zu eigenem Vorteil zu stürzen oder auszubeuten, sie zu überflügeln und durch stärkere Anstrengung um ihren Wohlstand zu bringen, so dient dies zum deutlichen Beweise, daß vor dem Richterstuhl des Staats Jeder nur den Wert eines »simplen Individuums« hat und auf keine Begünstigung rechnen darf. Überrennt und überbietet Euch, so viel Ihr mögt und könnt, das soll mich, den Staat, nicht kümmern! Untereinander seid Ihr frei im Konkurrieren, seid Konkurrenten; das ist eure gesellschaftliche Stellung. Vor mir, dem Staate, aber seid Ihr nichts als »simple Individuen«!

Was in prinzipieller oder theoretischer Form als die Gleichheit Aller aufgestellt wurde, das hat eben in der Konkurrenz seine Verwirklichung und praktische Ausführung gefunden; denn die égalité ist die – freie Konkurrenz. Alle sind vor dem Staate – simple Individuen, in der Gesellschaft oder im Verhältnis zueinander – Konkurrenten.

Ich brauche nichts weiter als ein simples Individuum zu sein, um mit jedem Andern, außer dem Fürsten und seiner Familie, konkurrieren zu können, eine Freiheit, welche früher dadurch unmöglich war, daß man nur mittelst seiner Korporation und innerhalb derselben einer Freiheit des Strebens genoß.

In der Zunft und Feudalität verhält sich der Staat intolerant und wählerisch, indem er privilegiert; in der Konkurrenz und dem Liberalismus verhält er sich tolerant und gewähren lassend, indem er nur patentiert (dem Bewerber verbrieft, daß ihm das Gewerbe offen patent stehe) oder »konzessioniert«. Da nun so der Staat alles den Bewerbern überlassen hat, muß er in Konflikt mit Allen kommen, weil ja alle und jeder zur Bewerbung berechtigt sind. Er wird »bestürmt« werden und in diesem Sturme zu Grunde gehen.

Ist die »freie Konkurrenz« denn wirklich »frei«, ja ist sie wirklich eine »Konkurrenz«, nämlich der Personen, wofür sie sich ausgibt, weil sie auf diesen Titel ihr Recht gründet? Sie ging ja daraus hervor, daß die Personen gegen alle persönliche Herrschaft frei wurden. Ist eine Konkurrenz »frei«, welche der Staat, dieser Herrscher im bürgerlichen Prinzip, in tausend Schranken einengt? Da macht ein reicher Fabrikant glänzende Geschäfte, und Ich möchte mit ihm konkurrieren. »Immerhin, sagt der Staat, ich habe gegen deine Person als Konkurrenten nichts einzuwenden.« Ja, erwidere Ich, dazu brauche Ich aber einen Raum zu Gebäuden, brauche Geld! »Das ist schlimm, aber wenn Du kein Geld hast, kannst Du nicht konkurrieren. Nehmen darfst Du Keinem etwas, denn ich schütze und privilegiere das Eigentum.« Die freie Konkurrenz ist nicht »frei«, weil Mir die Sache zur Konkurrenz fehlt. Gegen meine Person läßt sich nichts einwenden, aber weil Ich die Sache nicht habe, so muß auch meine Person zurücktreten. Und wer hat die nötige Sache? Etwa jener Fabrikant? Dem könnte Ich sie ja abnehmen! Nein, der Staat hat sie als Eigentum, der Fabrikant nur als Lehen, als Besitztum.

Weil es aber mit dem Fabrikanten nicht geht, so will Ich mit jenem Professor der Rechte konkurrieren; der Mann ist ein Gimpel, und Ich, der Ich hundertmal mehr weiß, als er, werde sein Auditorium leer machen. »Hast Du studiert und promoviert, Freund?« Nein, aber was tut das? Ich verstehe, was zu dem Lehrfache nötig ist, reichlich. »Tut mir leid, aber die Konkurrenz ist hier nicht „frei«. Gegen deine Person ist nichts zu sagen, aber die Sache fehlt, das Doktordiplom. Und dies Diplom verlange ich, der Staat. Bitte mich erst schönstens darum, dann wollen wir zusehen, was zu tun ist."

Dies also ist die »Freiheit« der Konkurrenz. Der Staat, mein Herr, befähigt Mich erst zum Konkurrieren.

Konkurrieren aber wirklich die Personen? Nein, wiederum nur die Sachen! Die Gelder in erster Reihe usw.

In dem Wettstreit wird immer Einer hinter dem Andern zurückbleiben (z. B. ein Dichterling hinter einem Dichter). Allein es macht einen Unterschied, ob die fehlenden Mittel des unglücklichen Konkurrierenden persönliche oder sächliche sind, und ebenso, ob die sächlichen Mittel durch persönliche Kraft gewonnen werden können oder nur durch Gnade zu erhalten sind, nur als Geschenk, und zwar, indem z. B. der Ärmere dem Reichen seinen Reichtum lassen, d. h. schenken muß. Muß Ich aber überhaupt auf die Genehmigung des Staates warten, um die Mittel zu erhalten oder zu gebrauchen (z. B. bei der Promotion), so habe Ich die Mittel durch die Gnade des Staates.

Freie Konkurrenz hat also nur folgenden Sinn: Alle gelten dem Staate als seine gleichen Kinder, und jeder kann laufen und rennen, um sich die Güter und Gnadenspenden des Staates zu verdienen. Darum jagen auch alle nach der Habe, dem Haben, dem Besitz (sei es von Geld oder Ämtern, Ehrentiteln usw.), nach der Sache.

Nach dem Sinne des Bürgertums ist Jeder Inhaber oder »Eigentümer«. Woher kommt es nun, daß doch die Meisten soviel wie nichts haben? Es kommt daher, weil die Meisten sich schon darüber freuen, nur überhaupt Inhaber, sei's auch von einigen Lappen, zu sein, wie Kinder sich ihrer ersten Höschen oder gar des ersten geschenkten Pfennigs freuen. Genauer indes ist die Sache folgendermaßen zu fassen. Der Liberalismus trat sogleich mit der Erklärung auf, daß es zum Wesen des Menschen gehöre, nicht Eigentum, sondern Eigentümer zu sein. Da es hierbei um »den Menschen, nicht um den Einzelnen zu tun war, so blieb das Wieviel, welches gerade das spezielle Interesse des Einzelnen ausmachte, diesem überlassen. Daher behielt der Egoismus des Einzelnen in diesem Wieviel den freiesten Spielraum, und trieb eine unermüdliche Konkurrenz.

Indes mußte der glückliche Egoismus dem minder beglückten zum Anstoß werden, und dieser, immer noch auf dem Prinzipe des Menschentums fußend, stellte die Frage nach dem Wieviel des Innehabens auf und beantwortete sie dahin, daß „der Mensch so viel haben müsse als er brauche«.

Wird sich mein Egoismus damit genügen lassen können? Was »der Mensch« braucht, das gibt keineswegs für Mich und mein Bedürfnis einen Maßstab her; denn Ich kann weniger oder mehr gebrauchen. Ich muß vielmehr so viel haben, als ich Mir anzueignen vermögend bin.

Die Konkurrenz leidet an dem Übelstande, daß nicht Jedem die Mittel zum Konkurrieren zu Gebote stehen, weil sie nicht aus der Persönlichkeit entnommen sind, sondern aus der Zufälligkeit. Die meisten sind unbemittelt und deshalb unbegütert.

Die Sozialen fordern daher für Alle die Mittel und erzielen eine Mittel bietende Gesellschaft. Deinen Geldwert, sagen sie, erkennen Wir nicht ferner als dein Vermöge an, Du mußt ein anderes Vermögen aufzeigen, nämlich deine Arbeitskräfte. Im Besitze einer Habe oder als »Inhaber« zeigt sich der Mensch allerdings als Mensch, darum ließen Wir auch den Inhaber, den Wir »Eigentümer« nannten, so lange gelten. Allein Du hast doch die Dinge nur so lange inne, als Du nicht »aus diesem Eigentum hinausgesetzt wirst«.

Der Inhaber ist vermögend, aber nur so weit, als die Andern unvermögend sind. Da deine Ware nur so lange dein Vermögen bildet, als Du sie zu behaupten vermagst, d. h. als Wir nichts über sie vermögen, so sieh' Dich nach einem anderen Vermögen um, denn Wir überbieten jetzt durch unsere Gewalt dein angebliches Vermögen.

Es war außerordentlich viel gewonnen, als man es durchsetzte, als Inhaber betrachtet zu werden. Die Leibeigenschaft wurde damit aufgehoben und Jeder, der bis dahin dem Herrn gefrondet hatte, und mehr oder weniger dessen Eigentum gewesen war, ward nun ein »Herr«. Allein forthin reicht dein Haben und deine Habe nicht mehr aus und wird nicht mehr anerkannt; dagegen steigt dein Arbeiten und deine Arbeit im Werte. Wir achten nun deine Bewältigung der Dinge, wie vorher dein Innehaben derselben. Deine Arbeit ist dein Vermögen! Du bist nur Herr oder Inhaber des Erarbeiteten, nicht des Ererbten. Da aber derzeit Alles ein Ererbtes ist und jeder Groschen, den Du besitzest, nicht ein Arbeits-, sondern ein Erbgepräge trägt, so muß alles umgeschmolzen werden.

Ist denn aber wirklich, wie die Kommunisten meinen, meine Arbeit mein einziges Vermögen, oder besteht dies nicht vielmehr in allem, was Ich vermag? Und muß nicht die Arbeitergesellschaft selbst dies einräumen, indem sie z. B. auch die Kranken, Kinder, Greise, kurz die Arbeitsunfähigen unterhält? Diese vermögen noch immer gar manches z.B. ihr Leben zu erhalten, statt es sich zu nehmen. Vermögen sie es über Euch, daß Ihr ihren Fortbestand begehrt, so haben sie eine Gewalt über Euch. Wer platterdings keine Macht über Euch übte, dem würdet Ihr nichts gewähren; er könnte verkommen.

Also was Du vermagst, ist dein Vermögen! Vermagst Du Tausenden Lust zu bereiten, so werden Tausende Dich dafür honorieren, es stände ja in deiner Gewalt, es zu unterlassen, daher müssen sie deine Tat erkaufen. Vermagst Du keinen für Dich einzunehmen, so magst Du eben verhungern.

Soll Ich nun etwa, der Vielvermögende, vor den Unvermögenderen nichts voraus haben?

Wir sitzen Alle im Vollen; soll Ich nun nicht zulangen, so gut Ich kann, und nur abwarten, wieviel Mir bei einer gleichen Teilung bleibt?

Gegen die Konkurrenz erhebt sich das Prinzip der Lumpengesellschaft, die – Verteilung.

Für einen bloßen Teil, Teil der Gesellschaft, angesehen zu werden, erträgt der Einzelne nicht, weil er mehr ist; seine Einzigkeit wehrt diese beschränkte Auffassung ab.

Daher erwartet er sein Vermögen nicht von der Zuteilung Anderer, und schon in der Arbeitergesellschaft entsteht das Bedenken, daß bei einer gleichen Verteilung der Starke durch den Schwachen ausgebeutet werde; er erwartet sein Vermögen vielmehr von sich und sagt nun: was Ich zu haben vermag, das ist mein Vermögen. Welch' Vermögen besitzt nicht das Kind in seinem Lächeln, seinem Spielen, seinem Geschrei, kurz in seinem bloßen Dasein. Bist Du im Stande, seinem Verlangen zu widerstehen oder reichst Du ihm als Mutter nicht die Brust, als Vater so viel von deiner Habe, als es bedarf? Es zwingt Euch, darum besitzt es das, was Ihr das Eure nennt.

Ist Mir an deiner Person gelegen, so zahlst Du Mir schon mit deiner Existenz; ist's Mir nur um eine deiner Eigenschaften zu tun, so hat etwa deine Willfährigkeit oder dein Beistand einen Wert (Geldwert) für Mich, und Ich erkaufe ihn.

Weißt Du Dir keinen andern, als einen Geldwert in meiner Schätzung zu geben, so kann der Fall eintreten, von dem Uns die Geschichte erzählt, daß nämlich deutsche Landeskinder nach Amerika verkauft wurden. Sollten sie, die sich verhandeln ließen, dem Verkäufer mehr wert sein? Ihm war das bare Geld lieber, als diese lebendige Ware, die sich ihm nicht kostbar zu machen verstand. Daß er in ihr nichts Wertvolleres entdeckte, war allerdings ein Mangel seines Vermögens; aber ein Schelm gibt mehr als er hat. Wie sollte er Achtung zeigen, da er sie nicht hatte, ja kaum für solches Pack haben konnte!

Egoistisch verfahrt Ihr, wenn Ihr einander weder als Inhaber noch als Lumpe oder Arbeiter achtet, sondern als einen Teil eures Vermögens, als »brauchbare Subjekte« . Dann werdet Ihr weder dem Inhaber (»Eigentümer«) für seine Habe etwas geben, noch dem, der arbeitet, sondern allein dem, den Ihr braucht. Brauchen Wir einen König? fragen sich die Nordamerikaner, und antworten: Nicht einen Heller ist er und seine Arbeit Uns wert.

Sagt man, die Konkurrenz stelle Alles Allen offen, so ist der Ausdruck nicht genau, und man faßt es besser so: sie macht Alles käuflich. Indem sie es ihnen preisgibt, überläßt sie es ihrem Preise oder ihrer Schätzung und fordert einen Preis dafür.

Allein die Kauflustigen ermangeln meistens der Mittel, sich zu Käufern zu machen: sie haben kein Geld. Für Geld sind also zwar die käuflichen Sachen zu haben (»Für Geld ist Alles zu haben!«), aber gerade am Geld fehlt's. Wo Geld, dies gangbare oder kursierende Eigentum, hernehmen? Wisse denn, Du hast so viel Geld als Du – Gewalt hast; denn Du giltst so viel, als Du Dir Geltung verschaffst.

Man bezahlt nicht mit Geld, woran Mangel eintreten kann, sondern mit seinem Vermögen, durch welches allein Wir »vermögend« sind; denn man ist nur so weit Eigentümer, als der Arm unserer Macht reicht.

Weitling hat ein neues Zahlmittel erdacht, die Arbeit. Das wahre Zahlmittel bleibt aber, wie immer, das Vermögen. Mit dem, was Du »im Vermögen« hast, bezahlst Du. Darum denke auf die Vergrößerung deines Vermögens.

Indem man dies zugibt, ist man jedoch gleich wieder mit dem Wahlspruch bei der Hand: »Einem Jeden nach seinem Vermögen!« Wer soll Mir nach meinem Vermögen geben? Die Gesellschaft? Da müßte Ich Mir die Schätzung gefallen lassen. Vielmehr werde Ich Mir nach meinem Vermögen nehmen.

»Allen gehört Alles!« Dieser Satz stammt aus derselben gehaltlosen Theorie. Jedem gehört nur, was er vermag. Sage Ich: Mir gehört die Welt, so ist das eigentlich auch leeres Gerede, das nur insofern Sinn hat, als Ich kein fremdes Eigentum respektiere. Mir gehört aber nur so viel, als Ich vermag oder im Vermögen habe.

Man ist nicht wert zu haben, was man sich aus Schwachheit nehmen läßt; man ist's nicht wert, weil man's nicht fähig ist .

Gewaltigen Lärm erhebt man über das »tausendjährige Unrecht«, welches von den Reichen gegen die Armen begangen werde. Als hätten die Reichen die Armut verschuldet, und verschuldeten nicht gleicherweise die Armen den Reichtum! Ist zwischen beiden ein anderer Unterschied als der des Vermögens und Unvermögens, der Vermögenden und Unvermögenden? Worin besteht denn das Verbrechen der Reichen? »In ihrer Hartherzigkeit.« Aber wer hat denn die Armen erhalten, wer hat für ihre Ernährung gesorgt, wenn sie nichts mehr arbeiten konnten, wer hat Almosen gespendet, jene Almosen, die sogar ihren Namen von der Barmherzigkeit (Eleemosyne) haben? Sind die Reichen nicht allezeit »barmherzig« gewesen, sind sie nicht bis auf den heutigen Tag »mildtätig«, wie Armentaxen, Spitäler, Stiftungen aller Art usw. beweisen?

Aber das alles genügt Euch nicht! Sie sollen also wohl mit den Armen teilen? Da fordert Ihr, daß sie die Armut aufheben sollen. Abgesehen davon, daß kaum Einer unter Euch so handeln möchte, und daß dieser Eine eben ein Tor wäre, so fragt Euch doch: warum sollen die Reichen Haar lassen und sich aufgeben, während den Armen dieselbe Handlung viel nützlicher wäre? Du, der Du täglich deinen Taler hast, bist reich vor Tausenden, die von vier Groschen leben. Liegt es in deinem Interesse, mit den Tausenden zu teilen, oder liegt es nicht vielmehr in dem ihrigen? – –

Mit der Konkurrenz ist weniger die Absicht verbunden, die Sache am besten zu machen, als die andere, sie möglichst einträglich, ergiebig zu machen. Man studiert daher auf ein Amt los (Brotstudium), studiert Katzenbuckel und Schmeicheleien, Routine und »Geschäftskenntnis«, man arbeitet »auf den Schein.« Während es daher scheinbar um eine »gute Leistung« zu tun ist, wird in Wahrheit nur auf ein »gutes Geschäft« und Geldverdienst gesehen. Man verrichtet die Sache nur vorgeblich um der Sache willen, in der Tat aber wegen des Gewinnes, den sie abwirft. Man möchte zwar nicht gerne Zensor sein, aber man will – befördert werden; man möchte nach bester Überzeugung richten, administrieren usw., aber man fürchtet Versetzung oder gar Absetzung: man muß ja doch vor allen Dingen – leben.

So ist dies Treiben ein Kampf ums liebe Leben, und in stufenweiser Steigerung um mehr oder weniger »Wohlleben«.

Und dabei trägt doch den Meisten all ihr Mühen und Sorgen nichts als das »bittere Leben« und »bittere Armut« ein. Dafür all der bittere Ernst!

Das rastlose Werben läßt Uns nicht zu Atem, zu einem ruhigen Genusse kommen: Wir werden unsers Besitzes nicht froh.

Die Organisation der Arbeit aber betrifft nur solche Arbeiten, welche Andere für Uns machen können, z. B. Schlachten, Ackern usw.; die übrigen bleiben egoistisch, weil z. B. Niemand an deiner Statt deine musikalischen Kompositionen anfertigen, deine Malerentwürfe ausführen usw. kann: Raphaels Arbeiten kann Niemand ersetzen. Die letzteren sind Arbeiten eines Einzigen, die nur dieser Einzige zu vollbringen vermag, während jene »menschliche« genannt zu werden verdienten, da das Eigene daran von geringem Belang ist, und so ziemlich »jeder Mensch« dazu abgerichtet werden kann.

Da nun die Gesellschaft nur die gemeinnützigen oder menschlichen Arbeiten berücksichtigen kann, so bleibt, wer Einziges leistet, ohne ihre Fürsorge, ja er kann sich durch ihre Dazwischenkunft gestört finden. Der Einzige wird sich wohl aus der Gesellschaft hervorarbeiten, aber die Gesellschaft bringt keinen Einzigen hervor.

Es ist daher immer fördersam, daß Wir Uns über die menschlichen Arbeiten einigen, damit sie nicht, wie unter der Konkurrenz, alle unsere Zeit und Mühe in Anspruch nehmen. Insoweit wird der Kommunismus seine Früchte tragen. Selbst dasjenige nämlich, wozu alle Menschen befähigt sind oder befähigt werden können, wurde vor der Herrschaft des Bürgertums an Wenige geknüpft und den Übrigen entzogen: es war ein Privilegium. Dem Bürgertum dünkte es gerecht, freizugeben Alles, was für jeden »Menschen« dazusein schien. Aber, weil freigegeben, war es doch Keinem gegeben, sondern vielmehr Jedem überlassen, es durch seine menschlichen Kräfte zu erhaschen. Dadurch ward der Sinn auf den Erwerb des Menschlichen, das fortan Jedem winkte, gewendet, und es entstand eine Richtung, welche man unter dem Namen des »Materialismus« so laut beklagen hört.

Ihrem Laufe sucht der Kommunismus Einhalt zu tun, indem er den Glauben verbreitet, daß das Menschliche so vieler Plage nicht wert sei und bei einer gescheiten Einrichtung ohne den großen Aufwand von Zeit und Kräften, wie es seither erforderlich schien, gewonnen werden könne.

Für wen soll aber Zeit gewonnen werden? Wozu braucht der Mensch mehr Zeit, als nötig ist, seine abgespannten Arbeitskräfte zu erfrischen? Hier schweigt der Kommunismus.

Wozu? Um seiner als des Einzigen froh zu werden, nachdem er als Mensch das Seinige getan hat!

In der ersten Freude darüber, nach allem Menschlichen die Hand ausstrecken zu dürfen, vergaß man, noch sonst etwas zu wollen, und konkurrierte frisch drauf los, als wäre der Besitz des Menschlichen das Ziel aller unserer Wünsche.

Man hat sich aber müde gerannt und merkt nachgerade, daß »der Besitz nicht glücklich macht«. Darum denkt man darauf, das Nötige leichteren Kaufes zu erhalten und nur so viel Zeit und Mühe darauf zu verwenden, als seine Unentbehrlichkeit erheischt. Der Reichtum sinkt im Preise und die zufriedene Armut, der sorglose Lump, wird zum verführerischen Ideal.

Solche menschliche Tätigkeiten, die sich Jeder zutraut, sollten teuer honoriert und mit Mühe und Aufwand aller Lebenskräfte gesucht werden? Schon in der alltäglichen Redensart: »Wenn Ich nur Minister oder gar der . . . wäre, da sollte es ganz anders hergehen« drückt sich jene Zuversicht aus, daß man sich für fähig halte, einen solchen Würdenträger vorzustellen; man spürt wohl, daß zu dergleichen nicht die Einzigkeit, sondern nur eine, wenn auch nicht gerade Allen, so doch Vielen erreichbare Bildung gehöre, d. h. daß man zu so etwas nur ein gewöhnlicher Mensch zu sein brauche.

Nehmen wir an, daß, wie die Ordnung zum Wesen des Staates gehört, so auch die Unterordnung in seiner Natur gegründet ist, so sehen Wir, daß von den Untergeordneten oder Bevorzugten die Zurückgesetzten unverhältnismäßig überteuert und übervorteilt werden. Doch die Letztern ermannen sich, zunächst vom sozialistischen Standpunkte aus, später aber gewiß mit egoistischem Bewußtsein, von dem Wir ihrer Rede darum gleich einige Färbung geben wollen, zu der Frage: wodurch ist denn euer Eigentum sicher, Ihr Bevorzugten? – und geben sich die Antwort: dadurch, daß Wir Uns des Eingriffes enthalten! Mithin durch unsern Schutz! Und was gebt Ihr Uns dafür? Fußtritte und Geringschätzung gebt Ihr dem »gemeinen Volke«; eine polizeiliche Überwachung und einen Katechismus mit dem Hauptsatze: Respektiere, was nicht dein ist, was Andern gehört! respektiere die Andern und besonders die Obern! Wir aber erwidern: Wollt Ihr unsern Respekt, so kauft ihn für den Uns genehmen Preis. Wir wollen euer Eigentum Euch lassen, wenn Ihr dieses Lassen gehörig aufwiegt. Womit wiegt denn der General in Friedenszeiten die vielen Tausende seiner Jahreseinnahme auf, womit ein Anderer gar die jährlichen Hunderttausende und Millionen? Womit wiegt Ihr's auf, daß Wir Kartoffeln kauen und eurem Austernschlürfen ruhig zusehen? Kauft uns die Austern nur so teuer ab, als Wir Euch die Kartoffeln abkaufen müssen, so sollt Ihr sie ferner essen dürfen. Oder meint Ihr, die Austern gehörten Uns nicht so gut als Euch? Ihr werdet über Gewalt schreien, wenn Wir zulangen und sie mit verzehren, und Ihr habt Recht. Ohne Gewalt bekommen Wir sie nicht, wie Ihr nicht minder sie dadurch habt, daß Ihr Uns Gewalt antut.

Doch nehmt einmal die Austern und laßt Uns an unser näheres Eigentum (denn jenes ist nur Besitztum), an die Arbeit kommen. Wir plagen Uns zwölf Stunden im Schweiße unseres Angesichts, und Ihr bietet Uns dafür ein paar Groschen. So nehmt denn auch für eure Arbeit ein Gleiches. Mögt Ihr das nicht? Ihr wähnt, unsere Arbeit sei reichlich mit jenem Lohne bezahlt, die eure dagegen eines Lohnes von vielen Tausenden wert. Schlüget Ihr aber die eurige nicht so hoch an, und ließet Uns die unsere besser verwerten, so würden Wir erforderlichen Falls wohl noch wichtigere Dinge zu Stande bringen, als Ihr für die vielen tausend Taler, und bekämet Ihr nur einen Lohn wie Wir, Ihr würdet bald fleißiger werden, um mehr zu erhalten. Leistet Ihr aber etwas, was Uns zehn und hundert Mal mehr wert scheint, als unsere eigene Arbeit, ei, da sollt Ihr auch hundert Mal mehr dafür bekommen; Wir denken Euch dagegen auch Dinge herzustellen, die Ihr Uns höher als mit dem gewöhnlichen Tagelohn verwerten werdet. Wir wollen schon miteinander fertig werden, wenn Wir nur erst dahin übereingekommen sind, daß Keiner mehr dem Andern etwas zu – schenken braucht. Dann gehen Wir wohl gar so weit, daß Wir selbst den Krüppeln und Kranken und Alten einen angemessenen Preis dafür bezahlen, daß sie nicht aus Hunger und Not von Uns scheiden; denn wollen Wir, daß sie leben, so geziemt sich's auch, daß Wir die Erfüllung unseres Willens – erkaufen. Ich sage »erkaufen«, meine also kein elendes »Almosen«. Ihr Leben ist ja das Eigentum auch derer, welche nicht arbeiten können; wollen Wir (gleichviel aus welchem Grunde), daß sie Uns dies Leben nicht entziehen, so können Wir das allein durch Kauf bewirken wollen; ja Wir werden vielleicht, etwa weil Wir gern freundliche Gesichter um Uns haben, sogar ihr Wohlleben wollen. Kurz, Wir wollen von Euch nichts geschenkt, aber Wir wollen Euch auch nichts schenken. Jahrhunderte haben Wir Euch Almosen gereicht aus gutwilliger – Dummheit, haben das Scherflein der Armen gespendet und den Herren gegeben, was der Herren – nicht ist; nun tut einmal euren Säckel auf, denn von jetzt an steigt unsere Ware ganz enorm im Preise. Wir wollen Euch nichts, gar nichts nehmen, nur bezahlen sollt Ihr besser für das, was Ihr haben wollt. Was hast Du denn? »Ich habe ein Gut von tausend Morgen.« Und Ich bin dein Ackerknecht und werde Dir deinen Acker fortan nur für 1 Taler Tagelohn bestellen. »Da nehme Ich einen andern.« Du findest keinen, denn Wir Ackersknechte tun's nicht mehr anders, und wenn einer sich meldet, der weniger nimmt, so hüte er sich vor Uns. Da ist die Hausmagd, die fordert jetzt auch so viel, und Du findest keine mehr unter diesem Preise. »Ei so muß ich zu Grunde gehen.« Nicht so hastig! So viel wie Wir wirst Du wohl einnehmen, und wäre es nicht so, so lassen Wir so viel ab, daß Du wie Wir zu leben hast. »Ich bin aber besser zu leben gewohnt.« Dagegen haben Wir nichts, aber es ist nicht unsere Sorge; kannst Du mehr erübrigen, immerhin. Sollen Wir Uns unterm Preise vermieten, damit Du wohlleben kannst? Der Reiche speist immer den Armen mit den Worten ab: »Was geht Mich deine Not an? Sieh, wie Du Dich durch die Welt schlägst; das ist nicht meine, sondern deine Sache.« Nun, so lassen Wir's denn unsere Sache sein, und lassen Uns von den Reichen nicht die Mittel bemausen, die Wir haben, um Uns zu verwerten. »Aber Ihr ungebildeten Leute braucht doch nicht so viel.« Nun, Wir nehmen etwas mehr, damit Wir dafür die Bildung, die Wir etwa brauchen, Uns verschaffen können. »Aber, wenn Ihr so die Reichen herunterbringt, wer soll dann noch die Künste und Wissenschaften unterstützen?« I nun, die Menge muß es bringen; Wir schießen zusammen, das gibt ein artiges Sümmchen, Ihr Reichen kauft ohnehin jetzt nur die abgeschmacktesten Bücher und die weinerlichen Muttergottesbilder oder ein Paar flinke Tänzerbeine. »O die unselige Gleichheit!« Nein, mein bester alter Herr, nichts von Gleichheit. Wir wollen nur gelten, was Wir wert sind, und wenn Ihr mehr wert seid, da sollt Ihr immerhin auch mehr gelten. Wir wollen nur Preiswürdigkeit und denken des Preises, den Ihr zahlen werdet, Uns würdig zu zeigen.

Kann einen so sicheren Mut und so kräftiges Selbstgefühl des Hausknechts wohl der Staat erwecken? Kann er machen, daß der Mensch sich selbst fühlt, ja darf er auch nur solch Ziel sich stecken? Kann er wollen, daß der Einzelne seinen Wert erkenne und verwerte? Halten Wir die Doppelfrage auseinander und sehen Wir zuerst, ob der Staat so etwas herbeiführen kann. Da die Einmütigkeit der Ackerknechte erfordert wird, so kann nur diese Einmütigkeit es bewirken, und ein Staatsgesetz würde tausendfach umgangen werden durch die Konkurrenz und insgeheim. Kann er es aber dulden? Unmöglich kann er dulden, daß die Leute von Andern, als von ihm, einen Zwang erleiden; er könnte also die Selbsthilfe der einmütigen Ackerknechte gegen diejenigen, welche sich um geringeren Lohn verdingen wollen, nicht zugeben. Setzen Wir indes, der Staat gäbe das Gesetz, und alle Ackerknechte wären damit einverstanden, könnte er's dann dulden?

Im vereinzelten Falle – ja; allein der vereinzelte Fall ist mehr als das, er ist ein prinzipieller. Es handelt sich dabei um den ganzen Inbegriff der Selbstverwertung des Ichs, also auch seines Selbstgefühls gegen den Staat. So weit gehen die Kommunisten mit; aber die Selbstverwertung richtet sich notwendig, wie gegen den Staat, so auch gegen die Gesellschaft, und greift damit über das Kommune und Kommunistische hinaus – aus Egoismus.

Der Kommunismus macht den Grundsatz des Bürgertums, daß Jeder ein Inhaber (»Eigentümer«) sei, zu einer unumstößlichen Wahrheit, zu einer Wirklichkeit, indem nun die Sorge um's Erlangen aufhört und Jeder von Haus aus hat, was er braucht. In seiner Arbeitskraft hat er sein Vermögen, und wenn er davon keinen Gebrauch macht, so ist das seine Schuld. Das Haschen und Hetzen hat ein Ende, und keine Konkurrenz bleibt, wie jetzt so oft, ohne Erfolg, weil mit jeder Arbeitsregung ein zureichender Bedarf in's Haus gebracht wird. Jetzt erst ist man wirklicher Inhaber, weil Einem, was man in seiner Arbeitskraft hat, nicht mehr so entgehen kann, wie es unter der Konkurrenzwirtschaft jeden Augenblick zu entwischen drohte. Man ist sorgloser und gesicherter Inhaber. Und man ist dies gerade dadurch, daß man sein Vermögen nicht mehr in einer Ware, sondern in der eigenen Arbeit, dem Arbeitsvermögen, sucht, also dadurch, daß man ein Lump, ein Mensch von nur idealem Reichtum ist. Ich indes kann Mir an dem Wenigen nicht genügen lassen, was Ich durch mein Arbeitsvermögen erschwinge, weil mein Vermögen nicht bloß in meiner Arbeit besteht.

Durch Arbeit kann Ich die Amtsfunktionen eines Präsidenten, Ministers usw. versehen; es erfordern diese Ämter nur eine allgemeine Bildung, nämlich eine solche, die allgemein erreichbar ist (denn allgemeine Bildung ist nicht bloß die, welche Jeder erreicht hat, sondern überhaupt die, welche Jeder erreichen kann, also jede spezielle, z. B. medizinische, militärische, philologische Bildung, von der kein »gebildeter Mensch« glaubt, daß sie seine Kräfte übersteige), oder überhaupt nur eine Allen mögliche Geschicklichkeit.

Kann aber auch Jeder diese Ämter bekleiden, so gibt doch erst die einzige, ihm allein eigene Kraft des Einzelnen ihnen sozusagen Leben und Bedeutung. Daß er sein Amt nicht wie ein »gewöhnlicher Mensch« führt, sondern das Vermögen seiner Einzigkeit hineinlegt, das bezahlt man ihm noch nicht, wenn man ihn überhaupt nur als Beamten oder Minister bezahlt. Hat er's Euch zu Dank gemacht und wollt Ihr diese dankenswerte Kraft des Einzigen Euch erhalten, so werdet Ihr ihn nicht wie einen bloßen Menschen bezahlen dürfen, der nur Menschliches verrichtete, sondern als Einen, der Einziges vollbringt. Tut mit eurer Arbeit doch desgleichen!

Über meine Einzigkeit läßt sich keine allgemeine Taxe feststellen, wie für das, was Ich als Mensch tue. Nur über das Letztere kann eine Taxe bestimmt werden.

Setzt also immerhin eine allgemeine Schätzung für menschliche Arbeiten auf, bringt aber eure Einzigkeit nicht um ihren Verdienst.

Menschliche oder allgemeine Bedürfnisse können durch die Gesellschaft befriedigt werden; für einzige Bedürfnisse mußt Du Befriedigung erst suchen. Einen Freund und einen Freundschaftsdienst, selbst einen Dienst des Einzelnen kann Dir die Gesellschaft nicht verschaffen. Und doch wirst Du alle Augenblicke eines solchen Dienstes bedürftig sein und bei den geringfügigsten Gelegenheiten Jemand brauchen, der Dir behilflich ist. Darum verlaß Dich nicht auf die Gesellschaft, sondern sieh' zu, daß Du habest, um die Erfüllung deiner Wünsche zu – erkaufen.

Ob das Geld unter Egoisten beizubehalten sei? – Am alten Gepräge klebt ein ererbter Besitz. Laßt Ihr Euch nicht mehr damit bezahlen, so ist es ruiniert, tut Ihr nichts für dieses Geld, so kommt es um alle Macht. Streicht das Erbe und Ihr habt das Gerichtssiegel des Exekutors abgebrochen. Jetzt ist ja Alles ein Erbe, sei es schon geerbt oder erwarte es seinen Erben. Ist es das Eure, was laßt Ihr's Euch versiegeln, warum achtet Ihr das Siegel?

Warum aber sollt Ihr kein neues Geld kreieren? Vernichtet Ihr denn die Ware, indem Ihr das Erbgepräge von ihr nehmt? Nun, das Geld ist eine Ware, und zwar ein wesentliches Mittel oder Vermögen. Denn es schützt vor der Verknöcherung des Vermögens, hält es im Fluß und bewirkt seinen Umsatz. Wißt Ihr ein besseres Tauschmittel, immerhin; doch wird es wieder ein »Geld« sein. Nicht das Geld tut Euch Schaden, sondern euer Unvermögen, es zu nehmen. Laßt euer Vermögen wirken, nehmt Euch zusammen, und es wird an Geld – an eurem Gelde, dem Gelde eures Gepräges – nicht fehlen. Arbeiten aber, das nenne Ich nicht »euer Vermögen wirken lassen«. Die nur »Arbeit suchen« und »tüchtig arbeiten wollen«, bereiten sich selbst die unausbleibliche – Arbeitslosigkeit.

Vom Gelde hängt Glück und Unglück ab. Es ist darum in der Bürgerperiode eine Macht, weil es nur wie ein Mädchen umworben, von Niemand unauflöslich geehelicht wird. Alle Romantik und Ritterlichkeit des Werbens um einen teuren Gegenstand lebt in der Konkurrenz wieder auf. Das Geld, ein Gegenstand der Sehnsucht, wird von den kühnen »Industrierittern« entführt.

Wer das Glück hat, führt die Braut heim. Der Lump hat das Glück; er führt sie in sein Hauswesen, die »Gesellschaft«, ein und vernichtet die Jungfrau. In seinem Hause ist sie nicht mehr Braut, sondern Frau, und mit der Jungfräulichkeit geht auch der Geschlechtsname verloren. Als Hausfrau heißt die Geldjungfer »Arbeit«, denn »Arbeit« ist der Name des Mannes. Sie ist ein Besitz des Mannes.

Um dies Bild zu Ende zu bringen, so ist das Kind von Arbeit und Geld wieder ein Mädchen, ein unverehelichtes, also Geld, aber mit der gewissen Abstammung von der Arbeit, seinem Vater. Die Gesichtsform, das »Bild«, trägt ein anderes Gepräge.

Was schließlich noch einmal die Konkurrenz betrifft, so hat sie gerade dadurch Bestand, daß nicht Alle sich ihrer Sache annehmen und sich über sie miteinander verständigen. Brot ist z. B. das Bedürfnis aller Einwohner einer Stadt; deshalb könnten sie leicht übereinkommen, eine öffentliche Bäckerei einzurichten. Statt dessen überlassen sie die Lieferung des Bedarfs den konkurrierenden Bäckern. Ebenso Fleisch den Fleischern, Wein den Weinhändlern usw.

Die Konkurrenz aufheben heißt nicht soviel als die Zunft begünstigen. Der Unterschied ist dieser: In der Zunft ist das Backen usw. Sache der Zünftigen; in der Konkurrenz Sache der beliebig Wetteifernden; im Verein Derer, welche Gebackenes brauchen, also meine, deine Sache, weder Sache des zünftigen noch des konzessionierten Bäckers, sondern Sache der Vereinten.

Wenn Ich Mich nicht um meine Sache bekümmere, so muß Ich mit dem vorlieb nehmen, was Andern Mir zu gewähren beliebt. Brot zu haben, ist meine Sache, mein Wunsch und Begehren, und doch überläßt man das den Bäckern, und hofft höchstens durch ihren Hader, ihr Rangablaufen, ihren Wetteifer, kurz ihre Konkurrenz einen Vorteil zu erlangen, auf welchen man bei den Zünftigen, die gänzlich und allein im Eigentum der Backgerechtigkeit saßen, nicht rechnen konnte. – Was Jeder braucht, an dessen Herbeischaffung und Hervorbringung sollte sich auch Jeder beteiligen; es ist seine Sache, sein Eigentum, nicht Eigentum des zünftigen oder konzessionierten Meisters.

Blicken Wir nochmals zurück. Den Kindern dieser Welt, den Menschenkindern, gehört die Welt; sie ist nicht mehr Gottes, sondern des Menschen Welt. So viel jeder Mensch von ihr sich verschaffen kann, nenne er das Seinige; nur wird der wahre Mensch, der Staat, die menschliche Gesellschaft oder die Menschheit darauf sehen, daß Jeder nichts anderes zum Seinigen mache, als was er als Mensch, d. h. auf menschliche Weise sich aneignet. Die unmenschliche Aneignung ist die vom Menschen nicht bewilligte, d. h. sie ist eine »verbrecherische«, wie umgekehrt die menschliche eine »rechtliche«, eine auf dem »Rechtswege« erworbene ist.

So spricht man seit der Revolution.

Mein Eigentum aber ist kein Ding, da dieses eine von Mir unabhängige Existenz hat; mein eigen ist nur meine Gewalt. Nicht dieser Baum, sondern meine Gewalt oder Verfügung über ihn ist die meinige.

Wie drückt man diese Gewalt nun verkehrterweise aus? Man sagt, Ich habe ein Recht auf diesen Baum, oder er sei mein rechtliches Eigentum. Erworben also habe Ich ihn durch Gewalt. Daß die Gewalt fortdauern müsse, damit er auch behauptet werde, oder besser: daß die Gewalt nicht ein für sich Existierendes sei, sondern lediglich im gewaltigen Ich, in Mir, dem Gewaltigen, Existenz habe, das wird vergessen. Die Gewalt wird, wie andere meiner Eigenschaften, z. B. die Menschlichkeit, Majestät usw., zu einem Fürsichseienden erhoben, so daß sie noch existiert, wenn sie längst nicht mehr meine Gewalt ist. Derart in ein Gespenst verwandelt, ist die Gewalt das – Recht. Diese verewigte Gewalt erlischt selbst mit meinem Tode nicht, sondern wird übertragen oder »vererbt«.

Die Dinge gehören nun wirklich nicht Mir, sondern dem Rechte.

Andererseits ist dies weiter nichts, als eine Verblendung. Denn die Gewalt des Einzelnen wird allein dadurch permanent und ein Recht, daß Andere ihre Gewalt mit der seinigen verbinden. Der Wahn besteht darin, daß sie ihre Gewalt nicht wieder zurückziehen zu können glauben. Wiederum dieselbe Erscheinung, daß die Gewalt von Mir getrennt wird. Ich kann die Gewalt, welche Ich dem Besitzer gab, nicht wieder nehmen. Man hat »bevollmächtigt«, hat die Macht weggegeben, hat dem entsagt, sich eines Besseren zu besinnen.

Der Eigentümer kann seine Gewalt und sein Recht an eine Sache aufgeben, indem er sie verschenkt, verschleudert u. dergl. Und Wir könnten die Gewalt, welche Wir jenem liehen, nicht gleichfalls fahren lassen?

Der rechtliche Mensch, der Gerechte, begehrt nichts sein eigen zu nennen, was er nicht »mit Recht« oder wozu er nicht das Recht hat, also nur rechtmäßiges Eigentum.

Wer soll nun Richter sein und ihm sein Recht zusprechen? Zuletzt doch der Mensch, der ihm die Menschenrechte erteilt: dann kann er in einem unendlich weiteren Sinne als Terenz sagen: humani nihil a me alienum puto, d. h. das Menschliche ist mein Eigentum. Er mag es anstellen, wie er will, von einem Richter kommt er auf diesem Standpunkte nicht los, und in unserer Zeit sind die mancherlei Richter, welche man sich erwählt hatte, in zwei todfeindliche Personen gegeneinander getreten, nämlich in den Gott und den Menschen. Die Einen berufen sich auf das göttliche, die Andern auf das menschliche Recht oder die Menschenrechte.

Soviel ist klar, daß in beiden Fällen sich der Einzelne nicht selbst berechtigt.

Sucht Mir heute einmal eine Handlung, die nicht eine Rechtsverletzung wäre! Alle Augenblicke werden von der einen Seite die Menschenrechte mit Füßen getreten, während die Gegner den Mund nicht auftun können, ohne eine Blasphemie gegen das göttliche Recht hervorzubringen. Gebt ein Almosen, so verhöhnt Ihr ein Menschenrecht, weil das Verhältnis von Bettler und Wohltäter ein unmenschliches ist; sprecht einen Zweifel aus, so sündigt Ihr wider ein göttliches Recht. Esset trockenes Brot mit Zufriedenheit, so verletzt Ihr das Menschenrecht durch euren Gleichmut; esset es mit Unzufriedenheit, so schmäht Ihr das göttliche Recht durch euren Widerwillen. Es ist nicht Einer unter Euch, der nicht in jedem Augenblicke ein Verbrechen beginge: eure Reden sind Verbrechen, und jede Hemmung eurer Redefreiheit ist nicht minder ein Verbrechen. Ihr seid allzumal Verbrecher!

Doch Ihr seid es nur, indem Ihr Alle auf dem Rechtsboden steht, d . h. indem Ihr es nicht einmal wißt und zu schätzen versteht, daß Ihr Verbrecher seid.

Das unverletzliche oder heilige Eigentum ist auf eben diesem Boden gewachsen: es ist ein Rechtsbegriff.

Ein Hund sieht den Knochen in eines andern Gewalt und steht nur ab, wenn er sich zu schwach fühlt. Der Mensch aber respektiert das Recht des Andern an seinem Knochen. Dies also gilt für menschlich, jenes für brutal oder »egoistisch«.

Und wie hier, so heißt überhaupt dies »menschlich«, wenn man in Allem etwas Geistiges sieht (hier das Recht), d. h. alles zu einem Gespenste macht, und sich dazu als zu einem Gespenste verhält, welches man zwar in seiner Erscheinung verscheuchen, aber nicht töten kann. Menschlich ist es, das Einzelne nicht als Einzelnes, sondern als ein Allgemeines anzuschauen.

An der Natur als solcher, respektiere Ich nichts mehr, sondern weiß Mich gegen sie zu Allem berechtigt; dagegen an dem Baume in jenem Garten muß Ich die Fremdheit respektieren (einseitigerweise sagt man: »das Eigentum«), muß meine Hand von ihm lassen. Das nimmt ein Ende nur dann, wenn Ich jenen Baum zwar einem Andern überlassen kann, wie Ich meinen Stock usw. einem Andern überlasse, aber nicht von vornherein ihn als Mir fremd, d. h. heilig, betrachte. Vielmehr mache Ich Mir kein Verbrechen daraus, ihn zu fällen, wenn Ich will, und er bleibt mein Eigentum, auf so lange Ich ihn auch Andern abtrete: er ist und bleibt mein. In dem Vermögen des Bankiers sehe Ich so wenig etwas Fremdes, als Napoleon in den Ländern der Könige: Wir tragen keine Scheu, es zu »erobern«, und sehen Uns auch nach den Mitteln dazu um. Wir streifen ihm also den Geist der Fremdheit ab, vor dem Wir Uns gefürchtet hatten.

Darum ist es notwendig, daß Ich nichts mehr als Mensch in Anspruch nehme, sondern alles als Ich, dieser Ich, mithin nichts Menschliches, sondern das Meinige, d. h. nichts, was Mir als Mensch zukommt, sondern – was Ich will und weil Ich's will.

Rechtliches oder rechtmäßiges Eigentum eines Andern wird nur dasjenige sein, wovon Dir' s recht ist, daß es sein Eigentum sei. Hört es auf, Dir recht zu sein, so hat es für Dich die Rechtmäßigkeit eingebüßt und das absolute Recht daran wirst Du verlachen.

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