Kleine Fragmente für Denkerinnen

Mütter, Freundinnen, lernt zu erst die Kunst Herzen zu gewinnen, ehe ihr sie bilden wollt. – Erst dann werden eure Grundsäzze in das feurige Herz der Jugend eindringen. – Bloß kalte Sittensprüche prellen an ihr nicht selten ohne den geringsten Nuzzen ab, sobald es der Sittenlehrerinn nicht gelingt, sie in jenem empfehlenden Gewande vorzutragen, das weder einschläfern, noch ermüden kann.


Der Sittenlehrer, der seinen Schüler feurig genug zu interessiren weis, der ihm kernhafte, mit Satire vermischte Moral auftischt, hat gewis zum voraus gewonnen Spiel. – Wohl gemerkt ihr Herrn Schriftsteller, es giebt nur einen Ton, der unterhält, und zugleich bessert, aber unzählige die mehr verderben als gut machen, so redlich auch immer die Absicht seyn mag.


Nur wenige Schriftsteller besizzen genug Menschenkenntniß, um mit jener feurigen Beredsamkeit, mit jener vortrefflichen Kunst den Nutzen im menschlichen Herzen zu bewirken, den sie bewirken wollen.

Trockene Schwazhaftigkeit, einschläfernde, ellenlange Perioden, wizlose Anspielungen, strenger finsterer Tugendeifer, unduldsame Machtsprüche finden ewig nie den Weg zum menschlichen Gefühl. Bei einer solchen Lektur gähnt die Jugend, bleibt kalt, schlägt unwillig das Buch zu, oder schläft wohl gar ein.


Wozu dient viel Geschwäz, sobald der Schriftsteller den Weg verfehlt hat, mit wenig Worten und viel Sinn ins Herz zu dringen?


Originalität im Schreiben ist ein Geschenke der Natur – erreicht es ihr Afterschüler, wenn ihr könnt!


Dem weiblichen Geschlecht – sagt man – sey die Kunst: reizend, naiv, feurig, dringend zu schreiben, sehr eigen; aber nur wenige wagen sich mit ihren Geistesprodukten ans Licht, einige verfielen so gar in den Predigerton, wie kam das ???


Wer ist sträflicher der Schriftsteller, der mit feurigem, offenherzigem Schwung seine Gedanken und Beobachtungen aufs Papier hinwirft; oder der Leser, der ihn aus Mangel an gesundem Verstand schief beurtheilt?


Ein gutes Buch ist für denkende Frauenzimmer eine weit beßere Gesellschaft, als ein Häufchen eitler Gespielinnen, sie kann ihm Einwürfe entgegensetzen, Grundsätze bejahen, oder verneinen, ohne seine Eigenliebe zu beleidigen. Ganz natürlich, bloß in der Stille: denn welches sanfte weibliche Geschöpf hätte wohl den Muth, sich zum öffentlichen Kunstrichter aufzuwerfen? Wir müßen leider in unserer engen Sphäre bleiben, die uns von dem despotischen Geschlecht angewiesen wurde – nicht wahr meine Freundinnen???


Oder ist es etwa nicht vorsichtig, daß man uns bloß in den Zirkel der Haushaltungskunst zurückwies? Schwachen Geschöpfen weist man auch angemessene Arbeit an. Indeßen werden die Herren Despoten auf unserer Erde auch in diesem Fache wenig von uns zu erwarten haben, wenn wir Leerköpfe genug wären, diese Kunst ohne Plan, ohne Ueberlegung, ohne Nachdenken auszuüben.


Männer bildet den Weibern und Mädchen hinlänglich ihre Köpfe; macht diese fähig, die Folgen einer übeln Wirthschaft zu überdenken, lehrt sie säuberlich seyn ohne Koketterie, sanft ohne Schwäche, gut ohne Verschwendung, wirthschaftlich ohne Geiz, streng gegen Dienstleute ohne Rohheit, sorgfältig ohne Aengstlichkeit, herablassend ohne Erniedrigung, edel, stolz ohne Hochmuth, warm für Gatten- und Mutterliebe, religiös ohne Bigotterie, offenherzig ohne Unbesonnenheit, und eure Klagen über den Mangel an würdigen Frauenzimmern müßen dann verstummen. Wäre dies etwa nicht das Bild einer edeln Hausmutter? – Aber nie kann es bei einer bloß sinnlichen Erziehung realisirt werden. Nur Geisteskultur ist die Schöpferinn einer gefühlvollen Mutter, einer zärtlichen Gattinn, einer guten Hauswirthinn.


Es giebt Frauenzimmer, die man im gemeinen Verstande gute Wirthinnen nennt, ohne daß ihre Seelen jene Bildung erhielten, die sie planmäßiger, gefühlvoller handeln machen würden. Kann aber ein Gatte, können die Untergebenen bei der bloß mechanischen Behandlungsart dieser Weiber so glükklich seyn, als sie seyn sollten? Sind nicht wilder Zorn, unerträgliche Launen, pöbelhafte Ausbrüche, jene barbarische Geiseln, denen sie oft augenbliklich ihren Nakken darbieten müßen? Glaubt mir Männer, solche Weiber sind der Beweis eures Unsinns, unter deßen bevorurtheilter Tirannei ihr dem weiblichen Geschlechte jene Seelenbildung versagt, die im Hauswesen durchaus voran gehen muß. Oder giebt es nicht tausend Fälle, wo ein Weib Kopf, Herz, Gefühl, Beurtheilungskraft nöthig hat? Hm! hm! daß wir doch bloße Tanzbären eurer und unsrer Leidenschaften bleiben sollen.


Nur zu oft ist Mißverstand der Beweggrund; wenn Aeltern, oder mürrische Brummköpfe der Jugend das Lesen untersagen; entweder darben sie selbst an Grundsäzzen oder kennen nicht den Unterschied zwischen schädlicher und nüzlicher Lektur, nicht die Art, wie sie ihre Zöglinge mit Vortheil zum Lesen anhalten sollen.


Es giebt eine Metode den Zögling mit gröstem Nuzzen zum Lesen anzuhalten. Was können denkende Aeltern während dieser Beschäftigung von ihren Kindern nicht für verschiedene Urtheile hören, wie genau können sie ihre Gefühle prüfen, wie klar ihre Fassungskraft durchschauen, wie bestimmt den Geschmack ergründen, wenn sie die Kunst besizzen unter dem wärmsten Zutrauen ihnen die Urtheile über das Gelesene abzulokken.


Häusliche Glükseligkeit wäre nicht mehr so rar, wenn sich die Mütter mehr Mühe gäben, – die Herzen und die Köpfe ihrer Töchter in jenen Zustand zu versezzen, daß dem denkenden Gatten mitten in seinen häuslichen Sorgen, auch ein Zufluchtsort übrig bliebe.


Wie bettelarm ist ein Frauenzimmer, die blos Larve zum Empfehlungsbrief bei sich trägt. Er kann schnell zerreißen, und dann bleibt ihrem Gatten nichts mehr übrig, als Makulatur. !!!


Wie reizend ist hingegen ein schöner Körper, in dem auch eine schöne Seele wohnt! – Wenn alle Stürme der Natur über den ersten ausbrechen, so bleibt einem Frauenzimmer doch noch Reichthum genug übrig, ihren Gatten auch noch im grauen Alter zu fesseln.


Dummköpfe fodern im ersten Feuer ihrer Sinnlichkeit von einer Braut nicht viel moralische Vorzüge. Aber dann erblikken sie auch in einer Gattin weit mehrere Fehler, wenn die Bande der Ehe geknüpft sind, wenn der Taumel äußerlicher Täuschung aufhört.


Eine blos schöne Gattin wird von dem Herzen eines verblendeten Liebhabers durch die Gewohnheit so abgestreift, daß oft nicht einmal ihr Andenken mehr übrig bleibt.


Wenn die Mädchen begreifen könnten, wie viel Reize ein gebildetes Frauenzimmer für einen denkenden Mann hat, sie würden mit Vorbedacht ihre Gesichter zerkrazzen, – blos um mit Seelen-Vorzügen eine weit rühmlichere Eroberung zu machen.


Diejenigen Frauenzimmer täuschen sich sehr, wenn sie glauben nur durch äußere Vorzüge eine dauerhafte Eroberung zu machen. Alles was sie etwa durch diese erhaschen können, bestehet in einem schwachköpfigen Wohllüstling.


Schönheit ohne Tugend, ohne Vernunft, ohne wahre Kunst mit moralischen Vorzügen zu gefallen, ist eine Seifenblase, die eben so geschwind zerplazt, als sie zu glänzen anfieng.


Würden sich die Männer so unzertrennlich an ein vernünftiges Mädchen fesseln, wenn diese nicht jeden Werth überstiege, wenn sie keine so seltene Erscheinung wäre???


Wer gab den Männern Geschmak an vernünftigen Frauenzimmern ihr Vergnügen zu finden? Die Natur! Wer gab den Mädchen die Fähigkeit sich vorzüglich moralisch gut zu bilden? Der Schöpfer! Folglich sind wir nicht zu bloßen Lastthieren der Dummheit geschaffen.


Pedanten und Silbenklauber, Bigotten und Altklügler, Afterphilosophen und Andächtler muß man nicht zu Rathe ziehen, ob das weibliche Geschlecht soll denken lernen oder nicht?


Mir ist der große Haufe in den Begriffen ihrer Liebe nicht unbegreiflich, er hält sich blos an sinnliche Vorzüge. Nur dies ist mir unbegreiflich, daß in diesem Punkt sich so viele zum großen Haufen gesellen, denen man es nicht zutrauen sollte. – Verräth dies nicht Mangel am Denken ???


Duldung gegen andere fühlt nur derjenige, der frei genug von Eigenliebe ist, um einzusehen, wie sehr er bei andern Gelegenheiten auch schon Duldung bedurfte.


Die natürliche Güte des weiblichen Geschlechts würde einen weit höhern Grad erreichen, sich weit erhabener schwingen können, wenn sie nicht von dem so sehr herrschenden weiblichen Neide schon in ihrer Geburt erstikkt würde.

Warum zeigt sich denn die Schadenfreude geschwinder auf einem weiblichen als auf einem männlichen Gesichte???

Soll der gewöhnliche Neid, die Schmähsucht unter uns Frauenzimmern nicht eine bloße Folge unserer Geistesschwäche seyn?


Es scheint, als ob das Frauenzimmer schwazzen müße, sei es aus Dummheit, aus Vorurtheil, Unbesonnenheit, oder Bosheit –. Genug, diesen Naturfehler legen sie nur dann ab, wann der Kopf über die Zunge durch Nachdenken herrschen lernt. – So viel aus eigener Erfahrung!


Kann nun eine Denkerinn mißmuthig werden, wenn ich es aus guten Absichten wage, von meinem eigenen Geschlechte Blößen aufzudekken, gegen die ich selbst schon genug kämpfte, und noch zu kämpfen habe? Man beschuldiget unser Geschlecht einer unüberwindlichen Eitelkeit, ich möchte gern diesen Verdacht so viel möglich durch ungeheuchelte Aufrichtigkeit zu verdrängen suchen.

So bald das männliche Geschlecht eben so freimüthig als ich vor den Sittenrichter hinsteht, und so ungeheuchelt seine Fehler bekennt; dann wird es sich bald entscheiden, welches von beiden Geschlechtern zur Besserung größere Lust hat?


Bescheidenheit ist eine Tugend, die man dem weiblichen Geschlechte zugeeignet hat. Wir würden ihr gerne mit ganzer Seele anhängen, wenn uns die Männer nicht so gerne jedes Verdienst nur halb zugestehen, wo nicht ganz absprechen. Wer gab ihnen denn das Recht zu solchen Machtsprüchen als Vorurtheil und Eigenliebe ??? Geherrscht muß seyn! Nicht wahr ihr Herren Despoten?


Bescheiden sind diejenigen Frauenzimmer, die sich ihre Verdienste bloß abrathen lassen – Diejenigen, die anderer Fehler nicht bemerken wollen.


Zu viel Bescheidenheit artet in Ziererei aus, und ist weiter nichts, als ein maskirter Ehrgeiz.


Recht bescheiden sind auch die, welche es nicht merken lassen, daß sie es seyn wollen.


Wie unerträglich ist ein Frauenzimmer, die aus lauter Bescheidenheit alles um sich herum mit übertriebenen Komplimenten fast zu Tode ärgert.


Wahre Bescheidenheit fällt Niemanden zur Last, der Werth ihrer Güte verräth sich im Ausdruk.


Der Wohlstand erfordert von jedem wohlgezogenen Frauenzimmer gewiße kurzgefaßte Zeremoniele, wenn sie aber nicht unerträglich werden will; so muß sie in wenigen Minuten darnach die naive offne Herzens-Sprache zu sprechen wissen, sonst entfernt sich in Gesellschaft jedes Herz von ihr – Dies Schiksaal wird mancher zu Theil, die es nicht verdient.


Den Mittelweg zwischen übertriebener Höflichkeit und erniedrigender Vertraulichkeit zu finden, ist nur wenigen eigen.


Es giebt in Gesellschaften eine Sprache, die alles mit Hochachtung und Bewunderung an sich reißt – Es giebt aber auch wieder eine andere, die der kühnen Vertraulichkeit den Weg öffnet.


Wo lebt die Denkerinn, die in Gesellschaften das Männervolk zum anbethen, zum staunen zu zwingen weis – ohne den Verdacht der Eroberungssucht zu erwekken? – Wo lebt sie? ich will sie küssen!


Meistens verfallen die Frauenzimmer in ihrem Unterhaltungston auf Extreme, arten in schüchterne Zieraffen, in spröde Närrinnen, oder in zügellose Koketten aus.


Warum ist die naive Natursprache so wenigen eigen? Und doch sie ist doch so schön! – Weit schöner, als die Sprache der Galanterie, oder der Buhlerei.


Das unschuldige Mädchen soll nur da erröthen, – wo es erröthen muß. Freiheit im Sprechen, im Denken, im Urtheilen, im Beobachten; ist kein Fehler wider die Reinheit der Sitten.


Wozu Schüchternheit in Gesellschaften, wenn man der Reinheit seines Herzens bewußt ist?


Geschraubtes heimtükisches Wesen am Frauenzimmer ist noch lange nicht Unschuld. Sie sind nur zu oft die Vorboten heimlicher Sünden, oder das Prädikat der Dummheit.


Wer schrökt den Bößwicht mit mehrer Kraft, wer entfernt den Wollüstling mit mehrerer Beschämung, den Freigeist mit mehr Würde, als ein wizziges, moralisch gut gesinntes Frauenzimmer?


Selbst die Tugend, wenn sie aus dem Munde eines Mädchens erschallt ist mehr als Tugend – sie enthält Reize, die jeden hinreißen, – wenn er nicht schon ganz Taugenichts ist.


Warum kennen doch die Weiber ihre moralische Allgewalt so wenig? – Ist nicht sie es, vor der selbst ein Schurke zurükweicht, oder sich bessert?


Verbänden die Frauenzimmer ihre äußerlichen Reizze mit den Seelenreizzen, wie unumschränkt wäre dann ihre Gewalt – wie groß, wie unermeßlich das Gute, das sie stiften könnten.


Ich möchte den Mann sehen, der einem gut gesinnten Frauenzimmer widerstände, auch gut zu werden. – Ich kenne nichts schwächeres, als einen verliebten Mann. – Seine Absichten mögen nun phisisch oder moralisch seyn – genug, er ist Kind, und verliert nicht selten seinen freien Willen.

Nur wenige Frauenzimmer benüzzen diese Schwäche zu beiderseitiger Herzensverbesserung. – Die meisten aus eitler Tyrannei, Eigennuz, oder Koketterie – Ist das nicht Himmelschreiend!!!


Wenn die Weiber den Männern das wahre Uibergewicht im rechten Augenblikke fühlen ließen; welcher wäre denn im Stande ihren guten Absichten zu widersprechen? – Die Natur gab ihnen Gefühl, und eher als nicht, blos darum, um es durch sanfte weibliche Anweisung verfeinern zu können.


Das weibliche Geschlecht sollte eigentlich der erste Gegenstand der Aufmerksamkeit seyn, wie vielen Bezug hat es nicht auf das menschliche Leben?


So lange die Weiber ohne hinlängliche Kultur dahin leben, eben so lange werden die vielen Unordnungen in der Welt nicht aufhören. Die Zeiten sind vorbei, wo ihre Unwissenheit die Schöpferinn ihrer Unschuld war – vorbei jene Zeiten, wo unter ihnen Religion über Wollust siegte. Jezt bedürfen ihre gereizten Begierden Kultur – oder sie arten aus.


Ehedessen wußten die alten Weiber kaum, was jezt die Mädchen, die noch mit Puppen spielen schon wissen. Mutter, Sittenlehrer beugt vor, eh' das umgreifende Laster zu sehr einreißt.


Sobald sich der Verstand in einem Kinde zu entwikkeln anfängt, so muß man ihm auch Nahrung geben – sonst wird es von den früh aufkeimenden Leidenschaften umnebelt.


Die Leidenschaften eines Wiegenkindes gleichen im Anfange einer machtlosen wilden Pflanze, jeder Augenblik vermehrt ihren Wachsthum, die Saumseligkeit der Erzieher hindert ihre Reife nicht.


Wo sind die Mütter, die mit unermüdeter Aufmerksamkeit die Herzen ihrer Kinder studiren? – Haben nicht die meisten Frauenzimmer so hinlänglich mit ihren eigenen Leidenschaften zu schaffen, daß ihnen die ihrer Kinder entschlüpfen müßen? Das wichtige Werk der Erziehung wird ewig nie ausstudirt, ewig nie realisirt. – Traurig genug für die Menschheit!!!


Blos Männern stünde es zu, das weibliche Geschlecht aus jener Vergessenheit empor zuziehen, wohin es durch Vorurtheil verwiesen ward.


Ein Weib mit Grundsäzzen kann Engel werden – Ein Weib ohne Grundsäzze Teufel. – Wie kömmt es, daß einige neidische Männer die erstem zu verhüten suchen, und lieber die Plage des letztern fühlen? – Viel Glük zur irdischen Hölle ihr Herren Dummköpfe!!!


Würden wir in der Welt so viele weibliche Furien haben, wenn die Männer auf weibliche Erziehung mehre Sorge verwendeten?


Können unerfahrne Nonnen aus Mädchen auch Menschen bilden?


Jene arme weibliche Geschöpfe, die selbst den edelsten Trieb der Natur verläugnen müßen – können unmöglich Mütter- und Gattenpflichten lehren. – Fühllos aus Pflicht zu seyn – ist die härteste Tirannei auf Gottes Erdboden!


Wenn der Schöpfer sich selbst hätte entheiligen wollen; dann würde er gewiß das Zölibat vorgeschrieben haben.


Die Einbildungskraft des Menschen kann bis zur kranken Seuche ausarten, wenn sie ihren lezten Grad erreicht hat, dann suchtet sie dem Tollhause entgegen.


Es gab Zeiten, wo die Schwarzrökke über den Eigennutz so gar die eheliche Glükseligkeit vergaßen. – Heißt das nicht die Menschheit brandmarken?


Und jene arme gefühlvolle weiblichen Geschöpfe, die in Klosterkerkern ihr Daseyn verwünschen, wie werden sie einst dort oben dem Vorurtheil und seinen Anhängern fluchen? – Hu, mich schaudert!


Ein Mann, der einer ehlichen Liebe fähig ist, hat weit mehr Gefühl, als jene von der menschlichen Glükseligkeit abgestreiften Menschen, die bloß ihrem Magen dem Vorurtheil und der Fühllosigkeit leben.


Ein Priester, der Gatte seyn darf, ist dem Staate und der Menschheit viel nüzlicher, als der, der es nicht seyn darf. Seine Gefühle sind dem Leidenden offen, seine Pflichten zu jeder Erfüllung bereit, sie werden nicht durch Müßiggang und Schwelgerei erschlafft.


Was macht die Männer weich, menschlich, duldend, gefühlvoll, als die Liebe? – wie wenig läßt sich nun im menschlichen Leben von denen erwarten, die sie nur im Stillen empfinden dürfen – und eben deßwegen bis zum Laster erniedrigen?


Festigkeit im Karakter, Beständigkeit wären wohl auch Tugenden, die das weibliche Geschlecht erlangen könnte, wenn es nicht von Jugend auf zur Feigheit und Tändelei angezogen würde.


Man verzärtelt die Mädchen blos darum, weil sie die Natur zu Mädchen und nicht zu Jünglingen schuf. Ei, Ei – liegt denn die Kraft, den Stürmen dießes Lebens zu trozzen blos im Worte? Beruht die weibliche Schwäche nicht vieles in der Einbildung, im Vorurtheil? Es muß doch etwas an der Sache seyn, sonst hätten wir in den vorigen Zeiten keine Heldinnen aufzuweisen.


Beständigkeit in jeder Handlung des Lebens, war ehedessen eine Tugend, mit der unsere Väter glänzten, wenn sie jezt aus ihren Gräbern zurükkehrten, würden sie blos noch ihren abgezehrten Schatten antreffen. Haben wir wohl in unsern französirenden Zeiten bald wieder was beßeres zu hoffen? Schwerlich! – Oder die unter uns Teutschen so sehr einreißende Galanterie müßte zuerst ihren Tod finden.


Wenn man die Beständigkeit der jezigen Jünglinge näher untersucht; so gleicht sie dem Schnee, der bei der Wärme einer Hand eben so geschwind dahinschmilzt, wie der wankelmüthige Weichling bei den Lokkungen einer Buhlerinn.


Welches Geschlecht ist mehr zur Untreue geneigt? Dieße Frage wird in unsern lokkern Zeiten ewig nie entschieden.

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