Kleine Fragmente für Denkerinnen

Dankbarkeit meine Freundinnen! ist eine der ersten der edelsten Tugenden – sie soll, sie muß in dem sanften weiblichen Herzen wohnen, wenn es sich nicht entehren will.


Wirklich dankbarist nur derjenige, der Wohlthaten zu schäzzen weis.


Undank ist fast die allgemeine Klag der Menschen und doch ihr gewöhnliches Loos. Selbst die klagen gerne über Undank, die sich auch schon dessen schuldig gemacht. Ist der Mensch nicht ein immerwährender Widerspruch?


Leichtsinnige Menschen vergessen nichts leichter als Wohlthaten – Gefühlvolle nichts weniger.


Welche Unruhe gleicht derjenigen, wenn der Gerettete gern thätig danken möchte, und ihm die Mittel dazu fehlen? – Es giebt fein fühlende Herzen, die in diesem Zustand eben so viel leiden, als da, wo sie Wohlthaten bedurften.


Mäßig sind nur die Menschen, deren Seele über ihren Körper herrscht.


Es giebt Frauenzimmer, die sich aus bloßer Langweile – oft gar aus Dummheit – an Lüsternheit gewöhnen.


Ich dächte, wenn Grundsäzze nicht vermögend wären, das Frauenzimmer von der lüsternen Schlekkerei abzuhalten; so sollte es doch das Ehrengefühl dahin bringen können. Pfui, – das ist schändlich, wenn der Körper die Seele tirannisirt!


Wie kann ein Mädchen zur Liebe, zur Tugend, kurz, zu jeder Pflicht fähig seyn – Wenn Lüsternheit ihre Lieblingsleidenschaft wird? – Mütter verzärtelt eure Töchter nicht in der frühsten Jugend, damit sie im Alter nicht über eine schändliche Gewohnheit weinen, die nicht selten Armuth nach sich zieht.


Ziererei im Essen und Trinken, Lüsternheit nach gekünstelten Gerichten, kühne Verachtung der Gaben Gottes, Nasenrümpfen über die oder jene Speise würde die Denkerinn brandmarken, und blos die dümmste unverschämteste Alltagsdirne verrathen. – Welches denkende Frauenzimmer hätte wohl den Muth, unser Geschlecht so sehr zu erniedrigen???


Schade, daß der Schöpfer nicht allen lüsternen Puppen Schiksale und Armuth zuschikte – sie würden schon lernen jede Gabe Gottes ohne Ausnahme zu genießen. – Sind arme Menschen nicht auch Menschen? – Haben Vornehmere in der Natur eine Ausnahme zu machen? – Wenn der Kaiser starke bürgerliche Speisen genießen kann; – so werden sie doch wohl von gesunden adelichen Damen und von rothbakkigten Bürgerinnen genossen werden können!! – Ist es vom Sterblichen nicht Frevel, wenn er sich aus Lüsternheit ziert, eh er das Ende seiner Schiksale bestimmen kann?


Es ist besser sich frühe an starke Speisen zu gewöhnen, als wenn man sich spät daran gewöhnen muß. Spott und Schande – gesellen sich dann gerne zum Mangel. – Oder haben wir nicht ein ziemliches Häufchen Frauenzimmer aufzuweisen, die blos aus Lüsternheit lasterhaft wurden?


Lüsternheit ist die Gefährtinn der Wollust, die Mutter der Geistesschwäche, – der Vorbohte der Dummheit.


Wehe den Männern, denen ein lüsternes Weib zu Theil wird, Betrug ist ihr Loos, ehlicher oder häuslicher Betrug!


Lüsternheit kündigt den Wollüstling an, ist das Losungswort der Buhlerinn, die Lieblingseigenschaft des Leichtsinns, und der wahre Beweis nichtdenkender Köpfe.


Warum sind die Grossen dieser Erde wollüstiger, als die gemeinen Menschen? – Aus angewöhnter Lüsternheit! – Warum kränker, warum schwächer? Aus eben ihren Folgen!


In einem lüstern Körper wird die Seele über kurz oder lang unterjocht. Zu was ist dann eine solche seelenlose Maschine beßers fähig, als zum Laster?


Wie schön stehet Dienstfertigkeit dem weichen, weiblichen Herzen. – Wenn man sie von ihm nicht erwarten kann, von wem soll man sie denn erwarten?


Dienstleistungen, wenn sie Wohlthaten seyn sollen, müßen sie nicht so geleistet werden, daß sie einen andern in Verlegenheit sezzen.


Es giebt nur eine Art, Unglüklichen zu dienen, und diese ist nur wenigen eigen, immer mischt sich Unbesonnenheit, eitler Stolz, demüthigendes Uibergewicht dazu – Dann werden die Dienstleistungen für den Unglüklichen zur Marter, nicht zur Wohlthat.


Wer gut zu geben weis, verdient, daß man ihm auch wieder giebt, wenn er es nöthig hat.


Wo sind die Menschen, die im Geben empfindsame Unglükliche nicht mehr erniedrigen als aufrichten? Wo sind sie? Ich will sie als das Bild der ewig gütigen Gottheit verehren !!!


Es ist nun einmal so in der Welt, wer arm an Gelde ist, duldet Schande und Verachtung, er mag an moralischen Verdiensten noch so reich seyn, als er will. – Man ist gewöhnt nur silberne oder goldene Narren zu schäzzen.


Jeder Jüngling, jedes Mädchen muß den Werth des Geldes zu schäzzen wissen, ohne es zu ihrem Abgott zu machen.


Wer sich bei dem Anblik eines unschuldigen Nothleidenden noch über den Besizz seines Geldes freuen kann, ohne es hinzugeben, der verdient aus der Natur hinausgeworfen zu werden.


Was ist mehr werth Geld oder Verstand? Das Geld zehrt sich selbst auf, der Verstand nie.


Die Frauenzimmer sind fast alle zum Wohlthun geschaffen, aber die wenigsten haben Kopf genug um dießes herrliche Vergnügen in seiner ganzen Stärke zu fühlen.


Auch aus Schwachheit kann man Wohlthaten am unrechten Orte verschwenden, die ein Raub an weit Unglüklichern werden können. – Dieß ist der gewöhnliche Fall jener undenkenden Geschöpfe, die aus bloßem Instinkt handeln.


Wer sich für jene lezte ängstliche Stunde, wo die Natur ihrer Auflösung zueilt, Trost und Entzükken sammeln will, der trokne die Trähnen der Armen.


Zur wahren Großmuth gehört eine erhabene Denkungsart und ein feiner raffinirter Kopf, der seine gute Handlungen anzubringen weis; so daß man ihm die äußerste Bewunderung, auch ohne ihn zu kennen, nicht versagen kann.


Großmüthig können nur die seyn, – die von edelm Stolz beseelet werden. Wenn Großmuth die Versuchungen des Eigennuzzes zu übersteigen weis; dann ist sie bewährt.


Die bestscheinenden Menschen halten nur zu oft alle Proben der innerlichen Güte aus, nur die nicht, die dem Eigennuzz zu nahe trit.


Man prüfe tausend Menschen, wenn man ihrer Börse bedarf; so halten kaum hundert die Probe aus.


Ich kenne keine Eigenschaft, die auch unter dem vornehmen Pöbel allgemeiner wäre, als Eigennuz.


Frauenzimmer sollten eigentlich nicht eigennüzzig seyn; denn die Männer theilen ihnen ohnehin ja alles mit aus Liebe, aus Höflichkeit, oder aus ein geführter Gewohnheit.


Eigennuz ist die erste Leidenschaft einer Buhlerinn. Welches fühlende, wohlerzogene Frauenzimmer möchte sich mit dießer niedrigen Leidenschaft beschmuzzen?


Kann ein wirklich Eigennüzziger auch ein wirklich gutes Herz haben? – Dies scheint mir unmöglich, denn, da wo diese schändliche Leidenschaft herrscht, ist Fühllosigkeit zu Hause.


Den meisten Kaufleuten wird Eigennuz nach und nach so zur Natur, daß sie zulezt ihre Seele verhandeln würden, ohne es zu merken.


Ich kenne keine Leidenschaft, die das menschliche Herz geschwinder fühllos machte, – als Eigennuz.


Zwischen einem erlaubten ökonomischen Triebe, und Eigennuz herrscht ein mächtiger Unterschied, die meisten Menschen verwechseln den erstern mit dem leztern.


Aeltern können bei ihren Kindern über den Eigennuz nicht genug wachen, oder sie haben durch ihn frühe oder spät, Unmenschlichkeiten zu erwarten.


Was macht die meisten Kaufleute hartherzig, die Reichen fühllos, die Buhlerinnen unverschämt, den gemeinen Mann grob, den Niederträchtigen zum Dieb, so viele Schwarzrökke zu Heuchlern, als der allgewalltige Eigennuz???


Eigennuz ist der frühe Tod der Liebe, – und Freundschaft.


Nichts unterdrükt das Ehrengefühl leichter, als Eigennuz! Nichts erhält es lebhafter als Uneigennüzzigkeit!


Grausamkeit ist nur zu oft die Tochter des Eigennuzzes.


Woran erkennt man eine edle Seele beßer, als an der Uneigennüzzigkeit? Was unterscheidet die Edlen vom Pöbel, als Uneigennüzzigkeit? – Könnte sich der Pöbel in seinen Handlungen nicht weit leichter bis zur erhabenen Denkungsart schwingen, wenn ihm nicht der schmuzzigste Eigennuz anklebte?


Ein recht feines Ehrengefühl kann sich ewig nie bis zum Eigennuz erniedrigen. Den Beweis dießes Sazzes liefert uns das Uibergewicht eigennüzziger Männer. – Hierinnen übersteigt das feine weibliche Ehrengefühl wirklich das männliche, wenn nicht bei allen, doch bei vielen.


Vertrauen zu andern erwirbt wieder Vertrauen; aber nur bei edeln Seelen, die schmuzzigen, niedrigen, kriechenden, werden dadurch noch zurükkhaltender, ziehen sich zurükk, oder drükken den Unglükklichen – arglosen Aufrichtigen wohl gar noch in den Staub!


Wer das arglose Zutrauen eines Unglükklichen mißbrauchen kann – Wer ihn fühlen läßt, was er weis – Wer ihm seine Lage durch Demüthigung erschwert, wer ihn mit unmenschlicher Härte noch ärger zu Boden drükkt – ist der dann auch würdig, den Namen Mensch zu tragen?


Zutrauen ist leicht mißbraucht, aber nicht so leicht wieder gewonnen.


Zutrauen ist mehr werth, als alle Schäzze der Erde; denn ihr Werth kann keines erkaufen, wenn man es nicht von selbst hingiebt.


Wo lebt der Edle, oder die Edle, die Zutrauen im wahren Verstande zu belohnen wissen?


Ist der, der Zutrauen missbrauchen kann nicht weit teuflischer, als der Teufel selbst?


Deß Allmachtigen Willen zielet dahin, den Sünder, der uns mit seinem Zutrauen beschenkt, gelinde und mit einer gewissen Achtung zu behandeln – Thun dieß die Herren Seelsorger immer? – Denken sie oft genug daran, daß Menschen gegen Menschen aus eigener Gebrechlichkeit menschlich handeln müßen? sind alle sanft genug um Fehler mit jener Güte zu bessern, die Ihnen Natur und Religion anwies? – Wie viele blos schwache Menschen wurden schon die Opfer ihrer Temperamente, ihrer Unduldsamkeit, – ihrer Verdammungswuth!!!


Nur der ist groß, der den Gefallenen, nachdem er der Vertraute seines Fehltritts wurde, weit sanfter weit wärmer, weit gelinder auf den Weg der Tugend zurükk führt. Strenge in dießem Falle, ist Aufmunterung zu größern Verbrechen. Mütter, nur zu oft werdet ihr an euren gefallenen Töchtern doppelte Kindermörderinnen!!!


Die Mutter, die nach geschehener That elend, niedrig genug ist, gegen ihre Tochter Furie zu werden, die verdient, daß sie von ihr mehreremale beschimpft wird. Duldung – Vernunft – Menschenliebe – Natur – Vorsicht in Rükksicht größerer Unheile, können in dießem Falle nur von Rabenmüttern hintan gesezt werden! Was ist beßer Selbstmord, Kindermord, Verzweiflung und Schaffott, – oder stille Wehmuth, Vernunft, Güte, und andere Zufluchten, um die Ehre eurer Töchter zu retten? Mütter, seyd lieber vorsichtig, da es noch Zeit ist, nach dem Fehltritt ist es zu spät!


Mütter lehret eure Töchtern die Welt, ihre Verführungen und sich selbst beßer kennen; gewiß nur selten wird dann Schande euer und ihrer warten. – Unerfahrne Mädchen sind immer am leichtesten verführt – weder Gefühl, noch Erfahrung, noch Vernunft hält sie zurük.


Man unterhält in der Welt den schiefen Grundsaz, daß Unerfahrenheit die Unschuld fest halten soll, und gerade sie ist es, die nicht wenige Mädchen zum Falle bringt. – Glaubt mir, Mütter, das Gefühl der Liebe bricht zu seiner Zeit überall durch, aber nur dann ohne moralischen Schaden, wenn es frühe schon jene Richtung erhielt, die es zum erhabenen zum tugendhaften Gefühl machen.


Warum den Töchtern aus dem göttlichen wohlthätigen Geschenke der Liebe ein Geheimniß machen; da doch bloß ihr Mißbrauch sie bis zum Laster herabwürdigen kann? – Warum sie nicht lehren, daß Wohllust keine Liebe – Empfindelei – kein wahres Gefühl – Schmeichelei nicht ihre Ausdrüke, Verführung nicht ihr Werk; – sondern das Werk der Sinnen ist???


Mädchen prüfet eure Anbether genau, wenn sie nur in eure äußerliche Vorzüge vernarrt sind, wenn sie sich bloß in euch lieben – wenn bei ihnen euer Herz, eure Unschuld, eure Ehre in keinen Anschlag kömmt; dann ist euer Fall gewiß nicht mehr ferne.


Das Mädchen, das ihren Liebhaber durch Erfahrung, und Weltkenntniß in einer ehrfurchtsvollen Entfehrnung zu halten weis – Die bei Schmeicheleien nicht schwach wird – bei Zudringlichkeiten nicht gelassen bleibt – den für ihren Feind ansieht, der niedrig genug ist, ihre Unschuld auf Schrauben zu stellen – die den Wohllüstling mit Spott geiselt – den Verführer mit Feuer von sich stößt – den Schleicher entwaffnet – den niedrigen Kriecher aushöhnt, dies Mädchen, meine Freundinnen wäre werth Mädchen zu seyn!!! Sagt, Mütter gehört dazu etwa keine Erfahrung, kein Menschenkenntniß, kein Kenntniß der wahren Liebe, keine Unterscheidungskraft, kein gesunder Menschenverstand??? Von Klosterzöglingen rede ich nicht; denn die müßen in der Welt ein Null werden. Aeltern wollen es so haben – sie verwahren ihre Unschuld zwischen Mauern so lange – bis sie aus Zwang von selbst ausreißt. – Abgebrochen! Dießer wichtige Stoff risse mich ins Unendliche hin. Genug, um mir die verschleierten Matronen zu Feindinnen zu machen!


Sind einige Knixe, ein paar einsilbige Komplimenten, ein bischen lesen und schreiben – nähen und strikken – angaffen und roth werden – eine schlechte teutsche Sprache und vernachläßigter Menschenverstand – eine ziemliche Portion Fühllosigkeit und alberne Furcht – stammelnde Ausdrükke und unsinniges Geschwäz – mechanische Religion und nur wenige wirtschaftliche Kenntnisse – eine seichte Beurtheilungskraft und Verstellung – Hang zu heimlichen Liebes-Intriguen – kurz jede pöbelhafte Sitte, sind dieß nicht Vorzüge, mit denen so manches Mädchen in Klöstern und Erziehungshäusern um theures Geld beschenkt wird? – Väter und Mütter, wo habt ihr eure Augen? – Vermuthlich bei Vorurtheil oder Bigotterie!


Ist es nicht weit klüger, wenn wir durch Menschenkenntniß die Leidenschaften des Zöglings ihm abzurathen suchen, um sie zum guten zu benüzzen, als wenn er die unsrigen abräth – um sie zum bösen Beispiel zu benüzzen?


Wenn die Mütter in jenem gefährlichen Zeitpunkt wo das Gefühl der Liebe sich in jungen Mädchen zu entwikeln anfängt, den Weg zu ihrem Herzen zum Vertrauen suchen würden – ich wette unter hundert würde kaum eine verführt werden.


Alle jungen Geschöpfe sind in der Epoche der Liebe gutherzig – nur dann erst wurden sie eigensinnig, tollkühn ausschweifend, wenn man dießes Gefühl durch Rohheit, Unvernunft, scharfes Verboth dazu zwingt, wenn unvorsichtig strenge Aeltern, den Augenblik versäumt haben es zur Tugend zu benüzzen. – Es kömmt gar vieles auf die Art an, wie man junge Leute behandelt.


Aeltern gebt genau acht, wenn ein liebendes Mädchen sich zu verstellen weis, wenn sie euch ihr Zutrauen entzieht; dann erhielt das reine schöne Gefühl der Liebe schon Auswüchse, die ihr Unglük drohen. Wozu Verstellung, wenn ihr die Liebe nicht als Laster bekannt ist? Wozu Zurükhaltung, wenn sie mit reinen Absichten umgehet, und diesen Trieb bloß für jenes gütige Wohlwollen hält, deßen sie sich nicht zu schämen hat? Ein Mädchen, die von der Liebe andere Begriffe hat, ist nicht mehr unschuldig, es fehlt ihr gewiß bloß an Gelegenheit das Opfer ihrer Sinnen zu werden.


Liebe könnte in der Welt eben so viele Glükseligkeit stiften – als sie Unheil stiftet – wenn die jungen Leute dazu angehalten würden, ihre absichtslose Reinheit zu kennen.


Wer wahre Liebe für eine vergängliche Sache hält, kennt ihre Natur nicht. – Nur das kann verschwinden, was nicht wahre Liebe war.


Wie kann ein Gefühl, das auf unumstößlichen Grundsäzzen, auf Moralität gegründet ist, je sein Ende erreichen? – Das sind bloß kurzsichtige sinnliche Menschen, die der wahren auf Grundsäzze ruhenden Liebe so gleich den Tod ankündigen. – Wie kann etwas aufhören, das göttlichen Ursprungs ist? Wie will der warme Gatte sich von der Seele seiner gefühlvollen Gattinn losreißen können, wenn sie so eng in einander verkettet sind, daß eine lange Ewigkeit ein zu kurzer Zeitpunkt für ihre Zärtlichkeit wäre?


Wahre Liebe ist die Mutter gränzenloser Gutherzigkeit, die Schöpferinn der Tugend: sie weis menschliche Schwachheiten in einem Gatten zu tragen, aber ahndet streng jede Leidenschaft, die zum Laster werden könnte.


Wo lebt der liebende Mann, das liebende Weib, die im Genuß der Liebe nicht sanft und vernünftig genug wären, ihre beiderseitigen Fehler bessern zu wollen? Doch ich sezze zum voraus, daß zwey Gatten Herzen gleich eifrig zur Tugend gestimmt sind, ohne dies ist es blos fruchtlose Arbeit.


Ein Weib die das Glük genießt in einer Ehe zu leben, die von wahrer Liebe beseelt wird, hat kein Alter zu scheuen, ihre Seele wird dadurch nicht abgenüzt, sie wächst an Schönheit, und fesselt den Denker eine Ewigkeit durch.


Die Frauenzimmer sind gedankenlose Thörinnen, die in ihrem Leben nicht auf Reize angetragen, denen kein Zahn der Zeit droht, – nicht auf Reizze, die den Mann feßeln müßen, wenn er anders kein schwachköpfiger Wollüstling ist.


Der denkende Gatte erblikt in einer gebildeten Gattinn eine Menge Vorzüge – etwas für sein Herz, etwas für seinen Verstand, etwas für seinen Wiz, etwas für seine Laune, etwas für das Gefühl der Liebe – In einer bloß schönen, weiter nichts, als einen alltäglichen Vorzug von sehr weniger Bedeutung, der auch dem Pöbel gefällt. Und kann das, was dem Pöbel gefällt, für den Denker auch werth haben?

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