Altersarmut

Panikmache oder eine Frage von Rechnung und Umverteilung? Von Christa Schyboll

Rein rechnerisch scheint es zunächst sehr einfach: Je mehr Leute Dank Medikamente oder gesunder Lebensweise und Pflege immer älter werden, umso mehr Menschen mit gutem Einkommen werden gebraucht, um diese neue Form des „Überlebens“ zu sichern.

Haben wir diese Beitragszahler aber nicht oder sind sie nicht bereit, immer mehr für Renten vom Gehalt abzugeben, droht vielen die Verelendung im Alter?! Unsere Renten waren ja einmal so ganz anders angedacht. Für eine viel geringere Lebenserwartung waren sie hochgerechnet. Das kommt nun nicht mehr hin. Die Folge ist: Es reicht (scheinbar) bald nicht mehr aus. Aber dennoch ist Altersarmut eben auch nicht nur allein eine Folge der demografischen Entwicklung, sondern auch einer gesellschaftlichen Umverteilung. Und das muss begriffen werden.

Um es auch rechnerisch und marktpolitisch nachvollziehen zu können, verweise ich gern auf den detaillierten Aufsatz von Wolfgang Lieb, "Altersarmut in einem reichen Land" in den Nachdenkseiten. Und nach diesen Berechnungen erweist sich aber dann die gesetzliche Rente erweist sich eben doch als armutsfest, wenn eben die Produktivitätssteigerungen ausbezahlt würden und zudem die gestiegenen Einkommen auch sozialversicherungspflichtig blieben. Man kann bei der drohenden Altersarmut nämlich sehr verschiedene Rechnungen aufmachen und damit auch Panik schüren oder den Verteilungskampf von unten nach oben weiter in die falsche Richtung forcieren.

Macht man sich die Mühe, diese andere Rechnung einmal wirklich nachzuvollziehen, dann ist man unter Umständen sehr überrascht. Das ständig an die Wand gemalte Negativszenario bekommt eine Alternative. Doch wird diese von allen gesellschaftlichen Gruppen mit getragen werden?

Was wir brauchen, sind vor allem auch Zukunftsstudien, die uns nicht nur allein die Horrorszenarien als einzige Möglichkeit ins Gehirn hämmern. Dies ist gefährlich, weil man dann andere Denk- und Handlungswege erst gar nicht mehr ernsthaft in Erwägung zieht. Bleibt man beim negativen Status quo, so kann es nur zu schrecklichen, aber auch teilweise absurden Annahmen kommen, die schon jetzt viele Menschen in Angst und Panik versetzen. Vor allem jene, denen es aus dem einen oder anderen individuellen Grund nicht gelingen konnte, sich noch privat zusätzlich abzusichern. Zum Beispiel weil vielleicht das magere Gehalt diese einfach nicht noch zusätzlich hergab.

Wir sollten nicht so tun, als wenn die Probleme in der Gegenwart mit zunächst ungünstigen demografischen Entwicklungen einzig nur unter dem Damoklesschwert des Verhängnis einer Verelendung gesehen werden kann, sondern begreifen, dass wir mit gerechten Umverteilungen durchaus Möglichkeiten an der Hand haben, allen Menschen auch ein würdiges Alter bis zum persönlichen Tod zu gewährleisten. Aber dafür muss man diese Alternative nicht nur denken, sondern auch inhaltlich verstanden haben und sich dafür einsetzen.

— 08. Februar 2013
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