A …wie Angeber

Zwischenmenschliche Spielchen und ihre kleinen Gesetze von Christa Schyboll

Es ist doch nicht übel, irgendwo Mittelpunkt zu sein, so man diese Mittelpunktstellung nicht nur gut aushält, sondern sogar genießt!

Nicht wenige Menschen bemühen sich in geradezu herzzerreißender Weise um diese Mittelpunktstellung innerhalb einer Gruppe, Party, Einladung oder Konferenz. Alle Mittel dürfen dabei zum Einsatz kommen, bis dieses Ziel erreicht ist. Und dann steht man da: Strahlend…. von allen bewundert! Im Zentrum von Aufmerksamkeit, Beachtung und Würdigung. …

… wären da nicht auch die Neider. Die, die es ebenfalls versucht haben und nicht geschafft haben. Oder welche, die es nicht versucht haben, aber jetzt heimlich so gern an der gleichen Stelle stünden. Oder die, die niemals da stehen möchten, weil sie es nicht aushielten, aber es auch anderen nicht gönnen. Ihre neidvollen Blicke voller Häme lasten schwer, sofern man sich bemüßigt, auch sie im Glanz der Ereignisse noch wahrnehmen zu wollen…

An-Geben… man gibt etwas an, das man entweder hat oder zeigen kann. Oder man suggeriert zumindest, dass man die Potenz für dieses oder jenes hat, es haben könnte, wenn man nur wollte und somit fast schon im imaginären Besitz desselben ist. Das reicht zum Blenden oft aus. Wer angibt, womit auch immer, hat nur eine Chance zu diesem Tun, wenn ausreichend viele Geblendete um ihn sind, die die ganze Inszenierung nicht wirklich verstehen. Sie meinen, es ginge um das, was sie gerade erleben oder sehen. Doch das ist höchst selten der Fall. Das ist eher eine Art Nebenprodukt oder gar ein Kollateralschaden. Oft geht es einfach nur ums Angeben an sich, dass tiefe Befriedigung für so manch einen bereithält. Das Suhlen und Sonnen im Fokus der größten Aufmerksamkeit, garniert mit Lächeln und Komplimenten ohne Ende, ist für viele Menschen Selbstzweck mit geradezu therapeutischer Kurzzeitwirkung. Das Mindesthaltbarkeitsdatum jedoch dabei muss streng beachtet werden. Binnen Wochen oder Tage kann es schon abgelaufen sein und eine neue Inszenierung muss her. Dazu braucht man ein williges Publikum. Dies jedoch kommt auch auf seine Kosten, weil es sich aus Menschen zusammensetzt, die eine Art Zapfspezies sind…. Eine Art menschliche Misteln, die einen Wirt suchen, der ihnen zum ebenfalls notwendigen Mit-Glanz verhilft.

Im Schein der Glänzenden (Angeber) zu stehen wirft so lange Schatten, dass man sie leicht übersehen kann, wenn man selbst darinnen steht. Dem König oder der Königin (des Festes) huldigen! – auf das die eigene Akzeptanz steigt. Dafür braucht es heute keinen Hofstaat mehr, sondern es braucht nur eine beliebige Anzahl von Menschen in einem Raum und eine gewisse Zeit, wo sich die Lust an der Angeberei wieder Bahn bricht. Früher oder später ist es immer der Fall. Allein schon von zwei Menschen ist einer Garant dafür.

Machen Sie den Test. Gehen Sie zur nächsten Party, Versammlung, Konferenz, Familienfest, Freundestreffen ganz gezielt und bewusst mit dem Vorhaben, dieses niedliche Spektakel zu beobachten. Schauen Sie, wer sich als erstes in Szene setzt. Horchen Sie einmal hin, wie er oder sie das macht – mit welchen Worten, welchem Gestus oder welcher Tonlage. Beobachten Sie die Erfolgsquote und auch diejenigen, die dazu den Steigbügel willig halten…

… und lernen Sie daraus, was immer Sie wollen.

— 24. November 2009
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