Arbeitslose

Schmelztiegel Deutschland?, fragt Christa Schyboll

Wäre ich Grieche, arbeitslos und ohne Perspektive, würde ich sehr vermutlich in ein anderes "reicheres" Land in Europa auswandern, um meine Existenz zu sichern. Insofern wäre ich dann auch ein so genannter "exportierter Arbeitsloser".

Die Bundesanstalt für Arbeit hat interessante neue Zahlen heraus gegeben. Danach haben 253.000 Italiener, 57.000 Portugiesen und 50.000 Spanier in Deutschland einen Job gefunden. Schön für die Menschen. Es freut mich. Aber ist das wirklich nur schön für die Menschen, ihre Familien und die Länder, die vielleicht sogar die Besten und Tüchtigsten verlieren? Vermutlich eher nicht. Denn dort wird mit diesen tüchtigen und mutigen Menschen ja auch genau das "menschliche Ressourcenkapital" abgezogen, das diese Länder eigentlich dringend selbst brauchten. Gleichzeitig können sie es aber nicht nutzen, was einem Dilemma gleich kommt. Wir allerdings freuen uns über die offenen jungen Menschen, die unser Problem mit mangelnden Fachkräften damit wieder ein wenig geringer machen.

So ist es eben, mag man kühl antworten. Gefeiert wird, wo die Musik spielt. Jeder muss sehen, wo er bleibt. Und die Aussichten für all die in (selbstverschuldete!?) Not geratenen Länder sind ja auch weiterhin sehr trübe – bis düster. Die Arbeitslosenquote von fast 50 Prozent der jungen Spanier und Griechen ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine menschliche Tragödie einer ganzen Generation. Was haben "wir" alle aus Europa gemacht?

Die Globalisierung entwurzelt. Sie verschiebt nicht nur wirtschaftliche Verhältnisse. Eine Völkerwanderung hat sich in Bewegung gesetzt, die uns noch harsche Probleme bescheren könnte. Bekommen wir eines Tages auch in Europa chinesische Verhältnisse? Werden die Europäer immer mehr von Job zu Job wandern und all die menschlichen Bezüge verlieren, die ihr Leben einst wertvoll machten? Moderne Nomaden, die alle Züge von Ausbeutung tragen?

Sieht man sich die über 300 Milliarden an Schwarzgeld-Arbeiten an, die jährlich allein aber auch wieder Deutschland steuerlich und sozialtechnisch negativ belasten, so sind das keine Kleckerbeträge mehr und zudem auch Tendenzen, die klar aufzeigen, dass es im großen Stil an den gelten Gesetzen vorbei geht.

Aber wer hat für all das in Brüssel eigentlich eine Idee, die das Menschliche, Soziale und auch Finanz- und Wirtschaftspolitische in sinnvoller Kombination mit berücksichtigt? Und wenn keiner, so fragt man sich: An was wird eigentlich in Brüssel gearbeitet? Nur an Projekten wie der gefährlichen Privatisierung des Wassers?

— 09. Februar 2013
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