Sind die Dicken die Dummen?

Neues über die Gefräßigkeit unserer Hirnnerven von Christa Schyboll

Dicksein ist hässlich. Ein Makel. Gar ein Menetekel für einen körperlichen oder seelischen Kollaps, je nachdem, wie man zum eigenen Gewicht steht. Dicksein grenzt aus der Welt der Schlanken und Schönen vollständig aus und zeigt ganz klar, dass man einfach nichts im Griff hat.

Undiszipliniertes Verhalten, das klar auf Charakterschwächen weist und die Ressourcenindustrie allein schon mit Kleiderstoff und Färbemittel ganz schön unverschämt belastet. Dicksein ist einfach nur schrecklich. Soweit gängige Vorurteile vieler, die über ein modetechnisch akzeptables Körpergewicht verfügen.

Weniger schrecklich ist, dass die Dicken offenbar auch ganz schön schlau sind… und das ist gar nicht so dumm!

So jedenfalls erzählen es uns kanadische Forscher, die herausgefunden haben, dass Denken dick macht. Intellektueller Stress zum Beispiel führt zu Hungergefühlen, was wiederum erhöhte Kalorienzufuhr zur Folge hat. Das Essverhalten von Studenten der Universität Quebec in Kanada wurde gründlich getestet. Der eine Teil der Versuchspersonen durfte fünfundvierzig Minuten lang herumlungern und nichts tun. So hätten sie auch an einer Vorlesung teilnehmen können. Der andere Teil musste einen Text lesen und zusammenfassen oder einen Gedächtnistest absolvieren.

Dann gings zum Buffet! Und, wow!, die Studenten, die geistig „gefordert“ waren, nahmen bis zu 250 Kalorien mehr zu sich als die Vergleichsgruppe. Der Zuckerspiegel schwankte bei diesen Personen sehr viel stärker und der Körper war bestrebt, diesen später schnell wieder aufzufüllen. Der Stress war schuld. Er steht mit geistiger Hirnaktivität in Verbindung. Und irgendwie ist es ja auch logisch, dass das wieder ausgeglichen werden muss. Immerhin gab es in der Vergangenheit schon eine ganze Menge dicke oder dickliche Denker oder Genies, die das dumme Vorurteil aufhoben, dass die Dicken die Dummen sind. Denkt man nun besonders viel und besonders intensiv, so reduziert sich die Zeit zum gesunden (!) Ausgleich enorm durch die Prioritätensetzung. Hieraus ergeben sich ganz neue Betrachtungen.

Leider hebeln sie aber nicht aus, dass es dennoch gesund bleibt, sich gut zu ernähren und ausreichend zu bewegen. Nur das Vorurteil mit der Dummheit der Dicken sollte in so manchem Falle ab jetzt vorsichtiger betrachtet werden. Übrigens auch, dass es sich dabei um eine unglücklichere Menschengruppe handelt, ist ein dummes Gerücht, das vermutlich nur neidvoll von jenen Asketen gesät ist, die sich einfach nichts gönnen.

— 01. September 2010
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