Eifersucht

Tödliche Falle oder Vielfaltsbereicherung? - Von Christa Schyboll

Der Schmerz der Eifersucht ist beißend. Manche ätzt oder verbrennt er gar oder lässt sie rasend werden. Wie viele Morde im Namen unbändiger Eifersucht im Laufe der Menschengeschichte geschahen: niemand hat sie gezählt - und keiner kennt das Ende der Fahnenstange.

Bei der Eifersucht handelt es sich nicht nur um eine kulturübergreifende archaische Empfindung, sondern dazu auch um eine starke, die kaum ausrottbar scheint. Der Volksmund meint, dass man mit Eifer sucht, was süchtig macht. Aber der Wortstamm geht in eine andere Richtung, die dem Schmerz sehr nahe kommt. "Eiver" ist das Herbe, das Bittere, die Er- oder Verbitterung, die einen heimsuchen kann. Und die "suht" kommt von Seuche und Krankheit. Das Erleben an diesem Schmerz ist uralt, der Begriff Eifersucht jedoch kennt man erst seit dem 17. Jahrhundert.

Worum geht es? Eine schmerzliche Emotion, die ausgelöst wird durch eine Form von Ablehnung. Sie zehrt tatsächlich oftmals wie eine Krankheit und kann chronischen Charakter bekommen. Wer es erlebt hat, weiß auch von der Bitternis, die spürbar wird. Dahinter kann mangelnde Anerkennung oder Aufmerksamkeit stecken, unzureichende Liebe, Respekt oder Zuneigung von einer hochgeschätzten oder geliebten Person. Bekommt man nicht im Mindestmaße das, was man erwartet oder erhofft und erlebt man zugleich, dass es einem anderen Menschen gegeben wird, lodert sie hoch. Wie tödlich sie lodern kann, zeigt die Geschichte bis in die Gegenwart.

Es geht um einen vermeintlichen Besitzanspruch. Dabei ist völlig unerheblich, ob er gerechtfertigt scheint, vom Betroffenen in Frage gestellt oder gleich ganz abgelehnt wird. Der Eifersüchtige pocht auf seine Weise darauf, im Zweifelsfall auch gewalttätig. Unter allen Menschengruppen ist es bekannt. Unter Kindern, Geschwistern, Freunden, Partnern, Kollegen, Nachbarn – keiner ist ausgenommen. Es kann sogar Fremde betreffen. Wird offen geflirtet, werden Vertraulichkeiten, Gesten, Blicke ausgetauscht, die wie geheime Botschaften wirken, ist die Gefährdung der Beziehung für viele schon gegeben. Dahinter steht in erster Linie zumeist die Verlustangst. Inwieweit Neid und Missgunst am Glück eine Rolle spielen, sagt nur der Einzelfall aus.

Die Doppelbotschaft der Eifersucht ist natürlich interessant: Interesse am eigenen Partner wird dadurch klar gezeigt. Manch einem schmeichelt dies so sehr, dass er die Eifersucht allein zu diesem Zwecke immer wieder neu benutzt: Dann zeigt der Eifersüchtige, wie sehr er sie/ihn liebt. Doch was sind das für emotionale Spielchen von Menschen, die sich immer wieder neu schmerzen müssen, um sich gegenseitig zu vergewissern.

Ist man eifersüchtig, so auch dann deshalb, weil man sich nicht sicher ist oder sein kann. Das kann mit der Erkenntnis der eigenen Defiziten einhergehen, von denen man befürchtet, dass ein anderer sie nicht hat. Daraus wiederum kann sich aber auch die Chance ergeben, am eigenen Defizit zu arbeiten und sich selbst weiter zu optimieren, so dies der Grund sein sollte, dass sich der Partner einem anderen Menschen zuwendet.

Manchmal ist es aber ganz schlicht und einfach auch anders: Fast jeder Mensch auf der Erde freut sich an Vielfalt. Dieses Vielfaltsbereicherung hört nicht auf, nur weil man einen festen Lebenspartner hat und ihn auch liebt. Über den eigenen Partner hinaus sind weiter Milliarden von Menschen auf irgendeine Weise liebenswert mit dieser oder jener Eigenschaft oder Ausstrahlung. Kommt man in den Bannkreis eines solchen persönlich sympathisch empfundenen Menschen, zu dem man eine Wellenlänge oder einen guten Draht entwickelt, entspinnt sich jenseits einer durchaus guten Partnerschaft eine neue Form, die dann bei den Partnern Auslöser der Eifersucht werden kann. Ein freundschaftliches, kumpelhaftes Zugetansein reicht aus, um Eifersucht auszulösen.

Dann braucht es kein weiteres eigenes Manko mehr, es braucht auch kein klassisches Fremdgehen oder Betrügen - es reicht schon aus, dass ein netter Mensch einem anderen netten Menschen begegnete, in harmloser Weise, und man dies nicht verheimlichte. Art und Weise von Ansprache und Begegnung, mag sie noch so arglos-gutartige Inhalte haben, kann Startschuss für eine Szene oder auch leise Tränen werden. Je warmherziger die Begegnung erlebt wird, je kälter kann das eigene Herz dabei werden durch die Eifersucht, jene krankmachende Bitternis. Der Grund ist der eigene Mangel. Wer sich selbst nicht genug geliebt fühlt, hat nichts mehr abzugeben, zu teilen, gar zu verschenken. Wer sich selbst schon aufrichtig liebt und auch andere Menschen mag, wird damit weniger oder keine Probleme haben.

Es gibt aber einen Ausweg. Und er ist gangbar, so man es ernst mit sich selbst und dem Partner meint. Man kann den Spagat zwischen dem Partner/Freund und dem neuen Fremden durchaus (häufig) verbinden. So man auf einen Menschen stößt, den man neben dem Partner gerne mag und es ihm auch in gewisser Weise wenigstens durch Freundlichkeit und menschliche Zugeneigtheit zeigen will, so sollte man es a) offen und klar tun und b) ist man nicht schlecht beraten, den eigenen Partner voll mit einzubeziehen. Dann kann man nämlich verletzende Situationen verhindern und der Partner sieht, wie man fest zu ihm steht, ebenso wie es das neue Objekt/Subjekt der Sympathie direkt auch als klare Botschaft erfährt: Ich bin gebunden, aber offen für Beziehungsreichtum, an dem mein Partner teilhaben soll! Dann ist es kein Flirt, der Schmerz, verursacht. Es hat aber hat eine Begegnungsqualität, die alle nur bereichert.

Und sollte beim Partner dennoch ein kleiner schmerzender Stich zurückbleiben, so liegt es an ihm, auch selbst ein Stückweit da an sich zu arbeiten. In echten reifen Beziehungen ist auch der Partner mit in der Pflicht. Denn die rücksichtsvolle Einbeziehung in eine Sympathiegemeinschaft braucht die Mitarbeit aller Beteiligten und kann sich nicht auf kleinliche Egoismen und Empfindlichkeiten zurückziehen.

— 15. August 2010
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