Mein Haus, mein Pferd, mein Banksy...

Stinkt Selbstlob tatsächlich? – fragt Christa Schyboll

Natürlich stinkt es gewaltig, wenn man es mit Angebern zu tun hat. Mein Haus, mein Auto, mein Pferd, - meine attraktive Frau, mein Golfclub, mein Banksy an der Garage… so in dem Tenor. Blabla… selbst wenn es stimmt: Es langweilt die meisten Menschen. Der eine oder andere mag auch kleine Anflüge von Neid dabei empfinden, doch ich vermute diese Gruppe wesentlich kleiner als jene, die einfach nur genervt von dieser Angeberei ist. Insofern ist dieser Aspekt von Selbstlob und ziemlicher Stink-Stunk-Angeberei hiermit thematisch auch schon erledigt.

Doch Hand aufs Herz! Werden Sie, wirst du, Du ganz persönlich, eigentlich ausreichend für das gelobt, was dir nicht nur Mühe bereitet, sondern was du auch noch wirklich vortrefflich erschaffst?

Bekommst du die Zuwendung, die Aufmerksamkeit und den Zuspruch, der all deine Bemühungen tatsächlich auch würdigt?

Wenn ja, wie oft – wie selten? Von wem – von wie vielen.? Vor allem aber: Auch von den "Richtigen", also jenen, die die meisten Vorteile aus deiner Mühe und dem Gelingen ziehen? Von denen, die dir wichtig wären, weil du es ein stückweit auch für sie tust?

Ich kenne niemanden in meinem Umfeld, der ausreichend häufig gelobt wird für das, was er leistet.

Gewiss, es gibt sie sicher, die Hochgelobten. – Darunter vor allem auch jene Großverdiener, wo allein das Supergehalt zeigt, wie sehr man mit seinen Talenten geschätzt wird. Man denke an Fußballmillionäre, Rennfahrer, Wirtschaftsbosse, geschickte Börsenzocker… all sie bekommen ihren Zuspruch unter anderem durch eine ganze Menge Geld (es sei ihnen gegönnt) sowie dazu noch die mediale Öffentlichkeit als VIP, damit die eigene Bedeutung nochmals unterstrichen wird. Allerdings auch nur solange sie die Mainstream- und Regenbogenpresse nicht verärgern. Dann allerdings beginnt oft schnell die öffentlich zelebrierte Kreuzigung, danach das Schlachtfest. Besonders geeignet sind dafür Künstler, Politiker, Sportler und natürlich der Nieder- und Hochadel.

Doch auch um diese Gruppen geht es nicht. Es geht um dich und deine Gruppe. Die Durchschnittsmenschen. Die staunend zusehen, was möglich ist und ihnen ganz selbstverständlich vorenthalten wird: Anerkennung.

Manche, vielleicht sogar viele, leisten als solche oft Überdurchschnittliches – und bekommen dafür: nichts! … oft sogar nicht einmal ein Festgehalt, oder das halt bestenfalls. Sie haben halt gut zu sein. Tag für Tag, ein Leben lang. Und sind sie es mal nicht, ist Ärger oder Abmahnung vorprogrammiert.

Und sonst? Tote Hose – was die Anerkennung von Talent, Mühe, Arbeitseinsatz und Herzblut angeht. Jeder ist stoisch auf sich selbst konzentriert – oder auch manchmal frustriert, aber funktioniert. Was bleibt einem auch anders übrig! Immerhin muss man seine Existenz sichern mit dem was man kann. Und da jibbert schon so manch einer nach einem freundlichen Wort, eine winzige Anerkennung, die selten genug kommt. Bei manchen kommt sie: nie!

Das ist ein Skandal. Tag für Tag neu. Immer und immer wieder. Niemand da, der sagt: Mensch, du bist wirklich phänomenal. Du schaffst so Tolles. Was du machst, gelingt dir beeindruckend gut… usw.

Ein verdientes, grundehrliches Lob fürs tatsächlich Geleistete. Eines, das meist ausbleibt, weil niemand da ist, der deinen Mühen und Begabungen jene so wichtige Würdigung zukommen lässt, die dich doch so stärken, erfreuen und motivieren würde.

Ich lobe oft. Nicht aus pädagogischen Gründen. Das fällt mir gar nicht ein. Sondern allein aus Gründen der Wahrheit, die auf meiner konkreten Wahrnehmung und Erfahrung beruht. Manchmal ist es auch tiefe Dankbarkeit, die ich empfinde, wenn andere mal wieder und immer wieder etwas Tolles leisten - was so leise und selbstverständlich daherzukommen scheint. Ich lobe, weil es schlicht und einfach verdient ist. Wenn ich Gutes sehe, erlebe, erfahre, würdige ich es, weil es eben der Würdigung wert ist.

Und schaffe ich selbst einmal wieder viel, gehe über meine Grenzen hinaus, erschöpfe mich freiwillig, gern und dennoch auch unter einer oft großen Bürde, dann lobe ich mich selbst, wenn es sonst niemand tut. Still, leise, unhörbar für andere, erlebbar nur für mich selbst, weil ich weiß, wie schwer es doch war…Da ist dann nichts, was übel riecht. Eher duftet es nach Zukunft, die noch mehr davon will und braucht. Von vielen, von uns allen.

— 05. November 2022
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