Bürgerbeteiligung

Engagieren Sie sich!, aber hopp! – fordert Christa Schyboll

Falls Sie jetzt lesen und nicht Mitglied einer Partei, eines Bürgervereins oder einer sonstigen NGO sind, sollten Sie sich schämen (selbst wenn ich mich leise freue, dass Sie trotzdem lesen). Denn wenn sie das nicht sind, fehlt Ihnen Bürgersinn.

Ich vermute, sie gehören dem Kreis unverbesserlicher Egoisten oder sonstigen Ignoranten an. Sie lassen die anderen für sich wütend sein, demonstrieren, marschieren - und nehmen anständiger Weise nicht einmal an einem basisdemokratischen Picknick teil, um dann bei Mate und Dinkelkräcker innerlich sehr, sehr wütend zu sein. Sprich: Sie sind nicht gesellschaftsfähig!

Lesen Sie jedoch noch immer, dann gibt es eine Chance und wir können Ihren Zustand vielleicht ja noch ändern. Hier ein paar Worte zum Banausenmarsch, der jetzt einmal geblasen werden muss: Es geht einfach nicht an, dass Sie hier nur herum privatisieren, sich schöngeistige oder sonstige sexuell stimulierende Seiten im Internet anschauen und dabei völlig verdrängen, was der Rest der Republik macht: Kämpfen! Um Kernkraftwerke, verdaubare Nahrung, Gen-freie Supermarktkost oder den Subventionswahn für ausgebrannte Abwrackstaaten. Überall ertönen Vuvuzelas, während Sie einfach gemütlich hinter dem PC lesen, was denn so in der Welt so los ist. Überall stimmen die Füße ab, die per sms an die richtige Örtlichkeit geleitet werden zum manchmal falschen Zeitpunkt, weil die Polizei frech mit las. Überall finden atemberaubende Veränderungen statt, aber Sie sitzen am PC und lassen es sich gut gehen! Ja, wie finde ich denn so etwas!

Während ich mir hier die Seele aus den Fingern schreibe, mich winde und wende in meinem Engagement zur Rettung der Welt, haben Sie einfach nichts besseres gerade zu tun, als lediglich diese Zeilen zu lesen. Unter Umständen lächeln Sie dabei noch süffisant! Je mehr ich schreibe und Sie dabei innerlich lesen sehe, könnte ich ja die volle Wut kriegen. Ach was, es wütet mich mehr und mehr, durch und durch. Schon schlage ich auf die Tasten ein, als würde es um mein Leben gehen. Meine Beine bekommen hyperaktive Anfälle, ich trete gegen den PC, schreie gerade den Bildschirm an, damit Sie sich gefälligst endlich auf die Socken machen und...

(hier endet der Artikel im Nichts. Die Reaktion vermutet einen Hardware-Zusammenbruch, da sie die Wutattacken der Schreiberin kennt)

— 01. April 2012
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