Schlüsselszenen

Blamagen im Leben, von Christa Schyboll

Täglich erleben wir neue Szenarien mit uns selbst. Die meisten sind so normal, dass sie nicht sonderlich erwähnenswert sind. Ein Spiel zwischen Pflicht und Lust, Freude und Angst, Sorge und Zuversicht.

Sei es beruflich, privat oder sonst wie unser Leben mit Freunden oder Bekannten betreffend fühlen wir uns in einem immerwährenden Strudel von Begegnungen und Ereignissen.

Doch manche Ereignisse sind besonders. Selbst dann, wenn sie ganz leise und unspektakulär ablaufen. Es sind so genannte Schlüsselszenen im Leben, die prägenden Charakter haben. Die vergessen wir niemals. Dann passieren Eindrücke, die uns erschaudern oder verzücken lassen. Man muss selbst dabei nicht immer im Zentrum der Handlung stehen, sondern kann solches auch als Beobachter erleben. Ist man jedoch selbst mit involviert, wirken die dort erlebten Gefühle besonders nachhaltig in unser weiteres Leben hinein.

Eines davon ist das Gefühl der Blamage. Es mag ja jene Glücklichen geben, die es schaffen, sich lebenslang niemals zu blamieren. Sei es aus einer so perfekten Konzentration heraus, die sich einfach keine Blöße erlaubt, weil sie einer sehr strengen und wirkungsvollen Selbstkontrolle unterliegt oder aber weil man zum Typus gehört, der einfach keine Grenzbereiche aufsucht. Weder in der Tat noch verbal. Vorsichtigen Menschen kann das gelingen, so ganz ohne Blamage durchs Leben zu gehen.

Mir gelang dies leider nicht. Ich musste immer wieder einmal Fehler begehen, die mir im Nachhinein peinlich waren. War ich gründlich genug, so waren diese Fehler so stark, dass ich sie mir innerlich abspeicherte und niemals wiederholen musste: einfach weil die Folgen zu unangenehm waren.

Manche Blamagen sind aber so, dass die Umwelt sie kaum mitbekommt, sondern nur man selbst, so man ehrlich zu sich ist und nicht zur Verdrängung oder nur Verniedlichung neigt. Es ist ein innerer Akt der Scham, der allen anderen durchaus verborgen bleiben kann. Dann hat man nochmals Glück gehabt - was die Öffentlichkeit angeht.

Doch was macht man aus so einer Schlüsselszene für sich selbst? Klar, man schämt sich, duckt sich am liebsten schon vor sich selbst weg. Erst recht vor den anderen, was nicht immer gelingt. Mal gibt es Kopfschütteln, mal Lachen, mal ein Verlachen oder einen dicken Rüffel. Je nach Art der Blamage und Heftigkeit. Passiert ist passiert!

Trotzdem ist Gelassenheit angesagt. Inwiefern einer Blamage eine Entschuldigung folgen soll oder muss, hängt von den Umständen ab. Auf jeden Fall aber sollte man sich selbst verzeihen und am besten die Blamage so heftig erleben, dass man sie zukünftig vermeiden kann.

— 05. April 2012
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