Erwischt!

Der Umgang mit den kleinen Fehlern im Alltag, von Christa Schyboll

Immer wieder neu kann es zu peinlichen Momenten führen, wenn wir bei kleinen Fehlern erwischt werden, die uns selbst ja schon so sehr ärgern. Dann kommt der Ärger der Kollegen, des Chefs oder der Kunden noch massiv dazu! Dabei geht es im Grunde oft um nichts.

Dennoch regen wir uns häufig über Gebühr über etwas auf, was die Sache überhaupt nicht wert ist. Nur, warum tun wir das? Warum können wir nicht lockerer mit unseren kleinen Unvollkommenheiten umgehen und taff dazu stehen? Denn letztlich wissen wir doch ganz genau, dass es den meisten anderen Zeitgenossen ähnlich ergeht.

Aber auch sie spielen das Versteckspiel gerne mit: Bloß keinen Fehler zugeben! Bloß keine Blöße geben! Es könnte einem ja beim nächsten Mal aufs Butterbrot geschmiert werden! Es könnte ja dazu führen, dass man dann anfängt, die Fehler zu zählen und am Ende drei kleine Fehler binnen eines Vierteljahres offenkundig werden, die man auch locker hätte verstecken können, wenn man nur ein wenig geschummelt hätte.

Manche schummeln dabei so fies, dass sie es anderen in die Schuhe schieben, die es unter Umständen nicht gegen beweisen können. Sie tun dann so, als hätten sie nichts damit zu tun, wären vollkommen unschuldig und nur der andere hätte diesen Bockmist zu verantworten. Das kann dann zum Streit, später zum Hass führen, wenn so etwas öfter vorkommt und die Personenkonstellation die gleiche ist.

Der Umgang mit kleinen Fehlern müsste viel humaner gestaltet werden. Ideal wäre es, wenn man ihn auch auf die Humorebene heben könnte. Aber hier kann umgekehrt der Missbrauch ebenfalls passieren, jedoch dann unter anderen Vorzeichen: Nämlich, dass mit dem humanen Umgang auch wiederum eine Lässigkeit einzieht, die sich bis zur Nachlässigkeit ausdehnen kann und dann infolge noch mehr Fehler produziert.

Der Umgang mit Fehlern ist eine schwierige Gradwanderung. Denn ein übertrieben schlechtes Gewissen bei kleinen Fehlern ist genauso wenig angebracht wie die unselige Gleichgültigkeit. Als wirksamer Rettungsanker bleibt letztlich nur eines: nämlich ein gesundes Selbstbewusstsein, dass um seine Schwächen und Stärken sehr klar weiß. Auch um seinen Fleiß und sein Engagement und dass sich wegen kleinen menschlichen Fehlern mitnichten verstecken braucht, sondern selbstbewusst zu sich stehen lernt. All das in der Gewissheit, dass die eigene Leistung kleine Fehler um ein vielfaches letztlich doch aufwiegt und die Gesamtbilanz stimmt.

Menschen, die dies innerlich realisiert haben, werden dann auch die Geistesgegenwärtigkeit besitzen und den übertriebenen Mahner ruhig und klar nach der Anzahl seiner eigenen Fehler zu fragen und ihn auf sich selbst zurückzuweisen.

— 25. Juli 2011
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