Internationaler Tag der Putzfrau

Heute feiere ich mich selbst! Von Christa Schyboll

Es gibt Geburtstage, Weihnachten und den Internationalen Tag der Putzfrau. Das ist der 8. November. Da ich an diesem Tag keinen besonderen Grund zu feiern habe, feiere ich mich heute selbst. Denn ich bin Putzfrau und damit solidarisch mit allen Putz-Frauen und -Männern der Welt. Ob es auch einen Putzmännertag gibt, ist mir nicht bekannt. Aber im Zuge der internationalen Gender-Bemühungen wird dieser Tag vermutlich in Kürze der Internationale Tag der Putzmenschen heißen.

Ich putze täglich. Nicht alles. Um Himmels Willen! Dann käme ich zu nichts anderem mehr. Infolge dessen kann auch nicht jeden Tag alles blitze blank sein. Denn ich bin ja nicht ausschließlich Putzfrau. Aber ich kenne den Schmutz und meinen raffinierten Blick, in manchmal gern zu übersehen. Ich kenne die Mühen des Bückens und die vertrackten Ecken, an die man eigentlich nicht rankommt. Ich kenne auch die hohen Schränke in hohen Räumen, die nicht nur eine kleine Haushaltsleiter brauchen und demgemäß selten aufgesucht werden. Ich kenne die Unlust, schon wieder das schmutzige Wasser zu wechseln, weil es dringend erforderlich ist, aber auch eben von der wertvollen Zeit frisst, die man gern für etwas anderes verwenden würde.

Ich kenne ausgelaugte Hände, wenn die Putzhandschuhe zufällig aus waren. Ich kenne die Wut, die mich beschleicht, wenn mir jemand über den frisch geputzten Boden läuft. Man habe gefälligst darüber zu fliegen. Schafft man das nicht, obschon man zwei Arme hat, die nur ausreichend schnelle Rotorbewegungen machen müssten, sollte man eben draußen bleiben. Am besten gleich bis zum nächsten Putztag, den man dann wieder nach hinten verlegen kann.

Ich kenne es, wenn ich auf meinem eigenen Boden ausrutsche, weil ich mich einmal wieder beeilen musste. Ich kenne es auch, dass mir niemand ein Scheinchen für meine Arbeit in die Hand drückt oder mich lobt. Denn schließlich ist es mein eigener Haushalt. Halt! Stopp! Hier liegt der Fehler! Das wird ab jetzt geändert!

Ab heute stelle ich mich selbst an. Ich bewerbe mich bei mir selbst um eine Putzstelle, schließe einen 450-Euro-Vertrag ab und werde genau in diesem Rahmen meine Putzstunden leisten und mir mein Gehalt auszahlen. Nun gut, vielleicht nicht immer. Das könnte manchmal knapp werden. Aber ich werde mich ab jetzt so belobigen, wie es sich für eine „gute Perle“ gehört. Denn die bin ich. Ecken hin, Hochschränke her. Ich werde mir hin und wieder 10 Euro nach dem Putzen in die Hand drücken und sagen: „Da, für Dich! Das hast du Dir verdient…!“ Und ich werde mich dann bei mir bedanken! Immerhin bekomme ich darüber hinaus ja jetzt auch bald ein kleines Gehalt für meine Arbeit.

Am 8. November werde ich dann mit dem Heer der Putzfrauen essen gehen, die meine Freundinnen sind. Bis auf zweie sind alle Putzfrauen. Manche auch mit mehreren Jobs. Und die wenigen, die selbst keine sind, weil sie sich eine echte Außenstehende leisten, werden sich sehr, sehr einsam unter uns fühlen, wenn wir gemeinsam fachsimpeln.

— 08. November 2013
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