Gedanken

Ein paar Gedanken über die Gedanken von Christa Schyboll

Schade, dass es derzeit noch nicht möglich ist, die ins Bewusstsein herein und heraus flutenden Gedanken eines gewöhnlichen Tages einmal zu messen und qualitativ zu gewichten.

Wie viele Impulse, die sich zu Gedankenfetzen verdichten, gar sich zu klugen Gedanken aufschwingen, mag ein Mensch im Laufe von 24 Stunden bekommen? Wie viel dabei ist Schrott, der nichts als gedankliche Geschwätzigkeit ist, ohne Sinn und Ziel und dennoch uns überrollt, als seien wir nicht HerrIn unseres Geistes.

Ernüchternde Gedanken oder sehnsuchtsvolle, die in die Zukunft gerichtet sind, geben sich ein Stelldichein mit wuseligen Vorstellungen, die den Roten Faden im inneren Selbstgespräch vermissen lassen. Dann wieder tauchen schwere dicke Gedankenstränge aus dem Ozean des Unbewussten an die Oberfläche unseres Tagesbewusstseins, die uns staunen lassen, zu welchen Weisheiten wir alle imstande sind. Oft jedoch sind diese Perlen flüchtig, streifen uns nur und fallen in jene Erinnerungslücken, die uns durchlöchern wie ein Schweizer Käse.

Gedanken, die gezielt, bewusst, gewollt gedacht sind, suggerieren uns, wir hätten sie im Griff und seien Meister über ihr Fortbestehen. Und dennoch geschieht es so leicht, dass wir den eingeschlagenen Weg wieder verlassen, den Urgedanken bereits vergessen haben, weil eine neue zündende Idee unsere ganze Aufmerksamkeit plötzlich beansprucht. Selbst das Vergessen wird manchmal so gründlich dabei vergessen, so dass nicht einmal das Gefühl eines Verlustes bleibt.

Unerschöpflich scheint die Quelle zu sein, aus der Gedanken jeglicher Qualität entsprießen und sich keinesfalls immer zu einer Blüte entfalten. Manche bleiben keimhaft im Boden unserer geistigen Möglichkeiten stecken, andere recken ihre Köpfe neugierig in unsere Welt, die sich vielleicht gerade spannenden Illusionen hingibt oder an der kruden Realität verzweifelt.

Was wir jedoch denken, verändert die Situation schlagartig. Die Richtung dabei bestimmen die Gedanken selbst. Sind sie vertrauensvoll und positiv, so ist die Tendenz zur Verwirklichung in dieser Richtung so stark, wie die dahinter stehende Haltung schwach oder stark ist. Umgekehrt gilt das gleiche. Ist die Verzweiflung groß und der Mut sehr klein, ist ein Scheitern in aller Regel näher durch den eingegebenen Verlauf.

Ob jedoch die Gedanken uns oder wir die Gedanken bestimmen, ist dabei die große Frage, die von Mensch zu Mensch verschieden ist. Hier spielt die Bewusstseinsklarheit eine entscheidende Rolle. Sicher ist jedoch: Je mehr wir uns dem Thema der Gedanken in ernsthafter Weise widmen und sie vor allem nicht nur alleine denken, sondern zugleich auch erfühlen, je mehr werden wir die Meisterschaft über sie erringen und werden nicht Spielball einer gedanklichen Macht sein, die uns zu Marionetten degradiert und uns benutzt.

— 02. September 2010
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